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Munteres Pingpong-Spiel zwischen Schülern und Politikern

ch; 24. Sep 2009, 11:54 Uhr
Bilder: Christian Herse --- Insgesamt sechs Politiker stellten sich gestern den Fragen der Jugend.
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Munteres Pingpong-Spiel zwischen Schülern und Politikern

ch; 24. Sep 2009, 11:54 Uhr
Gummersbach – In einer bunt geführten Diskussion forderten die Schüler des Grotenbach-Gymnasiums klare Antworten von den Bundestagskandidaten zu Studiengebühren und dem Mindestlohn.
  Wie eine schon eingeschworene Runde kamen den Zuschauern gestern die Bundestagskandidaten vor, die sich zum letzten offenen Schlagabtausch vor der Wahl am Sonntag im Gummersbacher Grotenbach-Gymnasium trafen. Wer allerdings auf ein fröhliches Beisammensitzen und Beantworten von unkritischen Fragen eingestellte hatte, wurde eines Besseren belehrt. Wie auf dem heißen Stuhl müssen sich gestern die Politiker gefühlt haben, als die Anmerkungen und Kritiken der erstwählenden Oberstufenschüler auf sie herein prasselten. Tina Weber aus der 13. Stufe moderierte souverän durch die Veranstaltung, schnitt den Volksvertretern nach drei Minuten Redezeit konsequent das Wort ab und konterte spitzfindige Bemerkungen  gekonnt zurück.

[Tina Weber hatte die Politiker im Griff.]

Mit den Studiengebühren wurde das heißeste Thema direkt zu Beginn angefasst, wobei sich keiner die Finger verbrannte. Klaus-Peter Flosbach (CDU) und Jörg von Polheim (FDP) verteidigten ihre Politik der Semesterabgaben: „Eine Arbeitslosenquote von 2,6 Prozent bei den Akademikern beweist, dass sie eine sehr gute Aussicht auf einen Job nach dem Studium haben“, erklärte Flosbach. Darum sei es den Studenten durchaus zuzumuten, einen kleinen Beitrag dafür zu leisten, der eigentlich eine Investition in die eigene Zukunft darstelle. „Das Geld fließt direkt wieder in die Universitäten, die davon ihre Einrichtungen verbessern können. Damit stellen wir die Hochschulen in einen direkten Wettbewerb untereinander, was den Studenten nur zu Gute kommen kann“, fügte von Polheim an. Erwartungsgemäß heftiges Gegenfeuer erwartete die beiden von SPD-Frau Michaela Engelmeier-Heite und Andreas Schmitz von den Grünen. So sei erwiesenermaßen die Zahl der Studenten zurückgegangen, sodass auch niemand was davon habe, dass die Studentenplätze ausgebaut worden sind. „Von der Wiege bis zur Bahre sollte die Bildung kostenfrei sei“, forderte Axel Hofmann von den Linken.


Über einen Bildungssoli sollen die Gelder für die abgeschafften Gebühren wieder reinkommen, fand Engelmeier-Heite: „Wenn jeder Spitzenverdiener zwei Prozent mehr Steuern zahlen würde, könnten wir viel mehr Geld in das System stecken, als wie es jetzt mit den unsozialen Studienabgaben der Fall ist.“ Die Bildung sei das Wachstum von morgen, den man nicht bremsen dürfe, meinte Schmitz. Die Schüler selbst weigerten sich, anhand von Arbeitslosenstatistiken das Risiko der möglichen Verschuldung zur Tilgung der Gebühren einzugehen.

[Kritische Fragen hatten sich die Schüler im Fach der Sozialwissenschaften überlegt.]

„Wie sollen wir später einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, wenn man sich selbst kaum über Wasser halten kann“, klang es aus dem Publikum. Ähnliche Argumente nannte Engelmeier-Heite bei dem Thema des Mindestlohns: „Es darf nicht sein, dass die Menschen 36 Wochenstunden arbeiten gehen und davon nicht leben können. Die Arm-Reich-Spanne ist jetzt schon viel zu groß.“ Nur mittels Mindestlöhnen könne die Abwärtsspirale aufgehalten werden, was jedoch auf große Kritik seitens des bürgerlichen Lagers stieß. „Wir müssen sittenwidrige Löhne grundsätzlich ausschließen, dürfen aber nicht vorschreiben, was wer in welchem Job verdient“, argumentierte Flosbach. Der Landesvorsitzende der Piratenpartei, Bernhard Smolarz, fügte hinzu: „Dann wäre Lohndumping vorpgrammiert. Denn die Arbeitgeber würden mit der Mindestlohnregelung das perfekte Argument dafür finden, nicht mehr als den vorgeschriebenen Betrag zu zahlen.“

Von Polheim warnte davor, dass etliche Jobs ersatzlos wegfallen würden. Auch bei den übrigen Themen der Wirtschaftspolitik oder die Frage über die Zukunft der Atomkraft ging das Pingpong- Spiel zwischen Schülern und Politikern munter weiter. Klare Lagerbildungen zwischen CDU und FDP sowie SPD und den Grünen mit kleineren Sticheleien der Linken und Piraten sorgten für eine bunte Diskussionsrunde, aus der die Jugendlichen nicht nur wissenswertes zur Wahl, sondern auch zu den Persönlichkeiten der Politiker erfuhren.


[Insgesamt circa 100 Schüler hatten sich in der Cafeteria versammelt.]
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