DRICKES WELT

Die Gier in uns allen

bv; 17.06.2019, 12:10 Uhr
DRICKES WELT

Die Gier in uns allen

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bv; 17.06.2019, 12:10 Uhr
Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext - Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf - Heute geht es um das Phänomen des Gaffens.

Es ist noch gar nicht lange her, da hat ein wütender Polizist Anerkennung und Respekt im ganzen Land bekommen. Nach einem schweren Unfall, bei dem der Fahrer eines Lastwagens zu Tode gekommen war, hatte er einige der filmenden Gaffer direkt angesprochen und gefragt, ob sie nicht den toten Mann ganz unmittelbar in Augenschein nehmen wollten. Natürlich wollte das niemand. Über Gaffer regen sich derzeit viele auf - zurecht. Die Strafen gegen diejenige, die Rettungskräfte behindern, filmen und fotografieren oder keine Rettungsgasse bilden sind drastisch erhöht worden. Doch sogar Gefängnisstrafen können Menschen offenbar nicht abhalten, ihr Handy zu zücken, wenn wenige Meter entfernt andere um ihr Leben kämpfen.

 

Wer ist der Voyeur in uns, dass er diese Macht über unser Hirn ausüben kann? Es gibt zwei Wörter, die besser als das "Gaffen" eine Erklärung bieten - Neugierde und Schaulust. Es sind offenbar Gier und Lust, die uns treiben. Wobei die Neugierde zumindest früher auch eine Art Schutzeffekt hatte. Der Mensch konnte seine Umwelt beherrschen, indem er neugierig auf sie zugegangen ist und sie visuell und akustisch vorgeprüft hat. Und Schaulust gab es leider auch schon immer, etwa bei den widerwärtigsten, öffentlichen Prozessen auf den Marktplätzen. Das Phänomen an sich ist also nicht neu. Selbst wenn wir uns am Fernseher über die Katastrophen dieser Welt informieren, ist natürlich ein Stück weit - natürliche - Neugierde dabei.

 

Die zügellosen Gaffer des Jahres 2019 jedoch scheinen irgendwie keine Scham und keine Grenzen mehr zu kennen. Was also tun? Es hilft nur Courage und Selbstbewusstsein all derjenigen, die sich diesem Treiben entgegenstellen wollen. Warum nicht bei einem Unglück filmende Gaffer höflich, aber bestimmt ansprechen? Warum Ihnen nicht sagen, dass das, was sie gerade tun, den Opfern nicht hilft? Warum nicht, zur Not, sie der Polizei melden, sie anzeigen? Vor allem aber sollte man Fotos oder Videos in den sozialen Netzwerken ächten, die das Leid anderer beschreiben oder die Privatsphäre missachten. Wir alle sind es, die in Zeiten digitaler Zügellosigkeit Grenzen setzen können.

 

Herzlichst

 

Ihr Drickes

 

Bernd Vorländer  

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