BLAULICHT

Zeuge bringt sogar den Richter zum Staunen

pn; 13.03.2023, 18:45 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Bei einem 33-jährigen Wiehler (hier mit seinem Verteidiger Udo Klemt) wurden fast ein Kilogramm Marihuana und sowie weitere Drogen und Waffen gefunden - Vor Gericht wehrt er sich gegen den Vorwurf des Drogenhandels.
BLAULICHT

Zeuge bringt sogar den Richter zum Staunen

pn; 13.03.2023, 18:45 Uhr
Wiehl – Im Wiehler Betäubungsmittelprozess hat der Großvater des Angeklagten ausgesagt – Enkel soll fast 60.000 Euro aus eingemauertem Geheimversteck entwendet und damit seine Drogen finanziert haben.

Von Peter Notbohm

 

Im Prozess gegen einen 33-jährigen Mann aus Wiehl, der sich derzeit vor dem Landgericht Köln wegen des Vorwurfs des bewaffneten Drogenhandels verantworten muss (OA berichtete), hat nun der Großvater des Angeklagten ausgesagt. Richter Ralph Ernst staunte nicht schlecht, was ihm der 86-Jährige zu erzählen wusste. Scheinbar hat sein Enkel Adam T. (Anm.d.Red.: Name geändert) das Geheimversteck des rüstigen Rentners im Keller des Familienhauses gefunden und dort zwischen 50.000 und 60.000 Euro entwendet, von denen er nach eigener Aussage einen Teil in rund ein Kilogramm Marihuana für den Eigenbedarf investiert haben soll.

 

Was den Richter brennend interessierte: Woher stammt das Geld und warum liegt es auf keinem Bankkonto? „Ich habe es damals abgeholt, weil es keinen Zinsen mehr gab. Die Bank arbeitet mit meinem Geld, macht damit Gewinne und wo bleibe ich“, fragte der 86-Jährige, der nach eigener Aussage nur seinem Sohn verraten hatte, wo sich das vermeintlich so sichere Versteck im Haus befindet. Noch mehr ins Staunen geriet der Vorsitzende, als er hörte, wie der Rentner zu dem Angesparten gekommen war.

 

Er habe 1997 bei einem Wiehler Kreditunternehmen einen Bonusplan abgeschlossen. Bei einer monatlichen Einzahlung von 100 Euro habe er eine Sonderzinsvereinbarung über vier Prozent gehabt, zusätzlich wurde ein fast jährlich steigender Bonus vereinbart. Als der Wiehler das Geld schließlich am Ende des Vertrages nach 25 Jahren abhob, erhielt er aus heutiger Sicht unglaubliche 65 Prozent Zinsen auf das angesparte Geld – insgesamt fast 43.000 Euro habe er abgehoben und mit weiteren Rücklagen in dem Versteck gebunkert. Ursprünglich habe er damit mit seiner inzwischen verstorbenen Frau auf große Reise gehen wollen.

 

„War noch ein guter Vertrag, ne“, fragte er in Richtung des Richters. Das Kreditunternehmen habe ihn immer wieder gefragt, ob er nicht kündigen wolle. Die trockene Antwort des Vorsitzenden: „Die mussten wegen Ihnen wahrscheinlich eine Filiale schließen. Mit dem Vertrag waren sie auch ein bisschen verwöhnt.“ Dass der 86-Jährige sein Geld wiederhaben möchte, unterstrich er deutlich und machte einen Vorschlag: „Hoffentlich kriegt der Junge eine Bewährungsstrafe. Der muss meiner Meinung nach arbeiten gehen, damit was reinkommt. Am besten 50 Jahre, damit ich mein Geld wiederkriege.“

 

Das Verhältnis zu seinem Enkel sei eigentlich immer gut gewesen. Man habe Skat und Schach miteinander gespielt, gelegentlich nach getaner Arbeit im Garten auch mal einen Schnaps getrunken. Der Angeklagte hatte vor Gericht eingeräumt, vor seiner Festnahme täglich acht bis zwölf Flaschen Bier getrunken zu haben. „Wenn er das sagt, haben wir das bestimmt gemacht“, kommentierte dies sein Großvater. Das rief Richter Ernst wieder auf den Plan: „Jetzt habe ich auch eine Vorstellung, was ‚einen gehoben‘ heißt.“

 

Vom Drogenkonsum des 33-Jährigen oder den Waffen habe er aber nie etwas mitbekommen, sagte der Senior. Auch könne er sich nicht vorstellen, dass sein Enkel ein Dealer sei. Um das angesparte Vermögen des Großvaters ging es anschließend noch einmal in der Aussage des 59-jährigen Vaters des Angeklagten. Im Nachhinein habe er mit dem Großvater alle Verstecke aufgelöst, dabei seien fast 100.000 Euro zusammengekommen.

 

Gleichzeitig entlastete er seinen Sohn. Der habe alles gesammelt, was ihm in die Finger kam: „Die Wohnung war zugemüllt. Er wollte immer mal wieder etwas verkaufen.“ Darunter auch die gefundene PTB-Waffe, die der 33-Jährige ihm irgendwann gezeigt habe – mit dem Leuchtmittelaufsatz für ein Silvesterfeuerwerk. Für Verteidiger Udo Klemt jetzt schon genügend Beweise, um den Vorwurf des Drogenhandels fallen zu lassen: „Das ist kein Handel und es wird auch keiner mehr draus.“

 

Der Prozess wird fortgesetzt.

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