BLAULICHT

Nach Penis-Gutachten „keine Zweifel“ mehr

lw; 26.03.2021, 15:46 Uhr
BLAULICHT

Nach Penis-Gutachten „keine Zweifel“ mehr

lw; 26.03.2021, 15:46 Uhr
Gummersbach – 42-Jähriger wird unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen – Rechtsmedizinerin identifizierte sein Geschlechtsteil auf Fotos.

Von Lars Weber

 

Sexueller Missbrauch von Kindern, das Beschaffen und die Verbreitung von pornografischen Schriften über das Internet, alles jeweils in mehreren Fällen: Mark R. (Anm.d.Red.: Name geändert) ist heute für diese Taten am Amtsgericht Gummersbach vom Schoffengericht um Richter Ulrich Neef zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Der 42-Jährige hatte sich in Chats auf Momeo, einer Plattform für Kinder, als 14-Jähriger ausgegeben und elf- bis 14-jährige Mädchen zu sexuellen Handlungen an sich selbst aufgefordert, sie zur Übersendung von Fotos gedrängt und ihnen Bilder seines Penis geschickt (OA berichtete). Das Verfahren um den Vorwurf, ein kinderpornografisches Video besessen zu haben, wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorläufig eingestellt. Dazu trugen die Erkenntnisse aus dem Prozesstag in der vergangenen Woche bei.

 

Ist der Penis auf den Bildern, die den Kindern zugeschickt wurden, das Geschlechtsteil des Angeklagten? Diese Frage sollte heute das Gutachten einer Rechtsmedizinerin der Uniklinik Köln klären. Zum Vergleich lagen der Sachverständigen zum einen jene Fotos bei, die auf der Plattform Momeo ausgetauscht wurden und zum anderen polizeiliche Ermittlungsbilder des Glieds von Mark R. Teile der rechten Hand, die ebenfalls auf den Fotos zu sehen sei, trugen nicht zur Klärung der Identität bei.

 

Beim Vergleich der Genitalien fiel vor allem eine markante Vene und eine bandförmige Hautverfärbung auf. Beide Merkmale ließen sich auf sämtlichen Fotos feststellen. „Wie auf dem Handrücken auch verändern sich Venen im Laufe des Lebens nicht. Allerdings gibt es keine bevölkerungsstatistische Erhebungen darüber, wie häufig beispielsweise solche Venen vorkommen – schon gar nicht darüber, wie häufig sie am Penisrücken vorkommen.“ Trotzdem ging die Rechtsmedizinerin von einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ aus, dass es sich in allen Fällen um das Glied des Angeklagten handelt.

 

Die Staatsanwältin hatte genug gehört. Zwar blieb Mark R. bei der Version, dass Unbekannte – vielleicht Lkw-Fahrer in einer nahen Parkbucht – sein ungeschütztes WLAN für die Taten genutzt hätten. „Aber das ist Quatsch.“ Sie erinnerte daran, dass die E-Mail-Adresse, die auch bei Momeo hinterlegt war, auf seinem Rechner gefunden wurde. Das heutige Gutachten könne ebenfalls keinen vernünftigen Zweifel zulassen. „Es waren ihr WLAN, ihre Bilder, ihr Penis. Sie waren es. Punkt.“ Da Mark R. keine relevanten Vorstrafen aufzuweisen hat, die Taten an nur zwei Tagen geschehen sind und sie zudem vier Jahre zurückliegen, forderte sie eine Strafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung.

 

Was die Anklage erschwerte

Ob die angeschriebenen Kinder - wie im Chat angegeben -tatsächlich zwischen elf und 14 Jahre alt waren oder ob es sich gar ebenfalls um Erwachsene handelte, kann nicht festgestellt werden. Wichtig sei aber: „Der Angeklagte hat in dem Glauben gehandelt, mit einem Kind zu chatten.“ Zudem wurde die Gesetzgebung im Rahmen des sogenannten Cybergrooming – also wenn Täter ihre minderjährigen Opfer im Internet suchen – in den vergangenen Jahren immer wieder verändert und angepasst. Mark R. musste unter den Bedingungen angeklagt werden, wie sie vor vier Jahren gültig waren. Für den Angeklagten ein Vorteil, weil die Gesetzgebung schärfer geworden ist.

 

Die Verteidigung versuchte in ihrem Plädoyer, noch einmal Zweifel aufkommen zu lassen. „Es müssen ja keine Lastwagenfahrer gewesen sein.“ Außerdem könne derjenige, der einmal im Netzwerk ist, auch auf die anderen angeschlossenen Endgeräte darin zugreifen. So könnte die E-Mail-Adresse auf dem Rechner seines Mandanten gekommen sein. „Es gab auch schon Fälle, wo so etwas bei verschlüsselten Netzwerken passiert ist. So abwegig ist das nicht.“ Auch bei den Penisbilder sei „nur eine Wahrscheinlichkeit“ festgestellt worden, dass es das Genital von Mark R. ist. Dem Rechtsanwalt war das zu wenig. Er forderte einen Freispruch.

 

„Keinen Zweifel“ an der Schuld gab es aber für die Schöffen und Richter Ulrich Neef, die der Forderung der Staatsanwaltschaft folgten. „Warum sollte der große unbekannte Dritte Bilder ihres Penis an die Kinder schicken?“, fragte Richter Neef. Stattdessen habe Mark R. einen Teil seiner sexuellen Perversität ausgelebt. Dass bei ihm keine kinderpornografischen Schriften gefunden worden seien, habe nicht viel zu bedeuten. „Sie sind kein Bildchensammler, sondern ein aktiver Täter.“ Trotzdem zählen die strafmildernden Argumente der Staatsanwaltschaft. Die Bewährung gilt für drei Jahre. Mark R. kann noch Berufung einlegen.

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