BLAULICHT

Identitätsschwindel: Zeuge sorgt für schnellen Freispruch

lw; 08.04.2021, 14:39 Uhr
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Identitätsschwindel: Zeuge sorgt für schnellen Freispruch

lw; 08.04.2021, 14:39 Uhr
Gummersbach – Vorwürfe wegen Drogenhandels gegen 30-Jährigen erweisen sich beim Prozess am Gummersbacher Amtsgericht als haltlos.

Von Lars Weber

 

Die immense Erleichterung ist dem 30-jährigen Angeklagten heute beim Prozess am Amtsgericht Gummersbach anzusehen gewesen, als der Vorsitzende des Schöffengerichts Ulrich Neef den Zeugen wiederholt fragte, ob er rund ein Kilo Amphetamin wirklich nicht von dem Gummersbacher bekommen habe. Dieser verneinte mit Blick auf den Angeklagten Tom H. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) mehrmals. Der Mann, von dem er die Drogen bekommen habe, hat zwar den Namen Tom H. angegeben, aber der Angeklagte sei es nicht gewesen. Da die Anklage wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in mehreren Fällen aber allein auf der Aussage des Zeugen Stefan M. fußte, war ein Freispruch für Tom H. alternativlos. Ganz so eindeutig verlief der Prozess aber nicht zu jeder Zeit.

 

Die Vorwürfe liegen schon eine ganze Weile zurück. Der Gummersbacher wurde beschuldigt, im Sommer 2016 an Stefan M. in mehreren Fällen geringe Mengen Cannabis und Amphetamin verkauft zu haben. Zudem wurde bei Stefan M. bei einer Durchsuchung ein Kilo Amphetamin gefunden, von dem dieser angab, es von Tom H. bekommen zu haben, um es wiederum an einen anderen Bekannten weiterzugeben. Bei einer anschließenden Durchsuchung der Wohnung von Tom H. im August 2018 wurden eine Feinwaage, Listen mit Namen und Mengenangaben sowie eine geringe Menge Marihuana gefunden.

 

Tom H. bestritt über seinen Verteidiger alle Anklagepunkte, lediglich den Besitz des Marihuanas räumte er ein, da er zu diesem Zeitpunkt noch gelegentlich konsumiert habe. Auch die größte Liste mit Namen und Mengenangaben habe er nicht angefertigt, wobei der Verteidiger darauf hinwies, dass es sich bei der Handschrift eher um eine weibliche Schrift handele. Ein Eindruck, den Richter Neef später bestätigte. Den Zeugen Stefan M. kenne der Gummersbacher zwar, aber nur flüchtig über die Freundin seines Bruders. Die Drogen, so hätte er damals gehört, kamen von Dealern aus Bernberg oder Hackenberg.

 

Nun ist Tom H. allerdings kein unbeschriebenes Blatt. Diverse Vorstrafen – von Diebstahl über Nötigung bis zur Sachbeschädigung – stehen in seiner Akte. 2017 wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er 2014 und 2015 mit Drogen handelte. Zu dieser Zeit hatte er seinen Job verloren. Mit dem Dealen habe er damals aufgrund finanzieller Probleme angefangen. Die Bewährungsstrafe wurde im vergangenen Jahr aufgehoben.

 

Der ehemals zuständige Bewährungshelfer malte vor Gericht das Bild eines Mannes, der sein Leben wieder im Griff hat. Seit 2016 mit einem festen, unbefristeten Job ausgestattet habe Tom H. es geschafft, auch dank der Suchtberatung und vieler Gespräche mit ihm, von den Drogen loszukommen. Auch ein Wohnungswechsel habe geholfen, dem Milieu abzuschwören. Ein Rückfall vor drei Jahren aufgrund eines Todesfalls in der Familie habe ihn nur kurz aus der Bahn geworfen. Seitdem bestätigten die Drogenscreenings, dass er die Kurve bekommen zu haben scheint.

 

Zumindest heute hat die positive Entwicklung keinen Kratzer bekommen. Denn als sich Stefan M. in den Zeugenstand setzte, gab dieser schnell an, dass er Tom H. zwar mal gesehen habe. „Geschäfte habe ich aber mit ihm keine gemacht.“ So kam heraus, dass der Unbekannte, der Stefan M. die Drogen verkaufte, sich als Tom H. ausgab. Den Kontakt zu dem Unbekannten habe er über Bekannte bekommen, die Übergabe ging in Steinenbrück über die Bühne. Mehr konnte Stefan M. nicht zur weiteren Wahrheitsfindung beitragen. Das Gericht schenkte seinen Ausführungen Glauben. Er ging zurück in Haft. Tom H. indes verließ das Gerichtsgebäude als freier Mann.

 

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