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Die Ziele immer konsequent verfolgt

ls; 27. Jan 2019, 11:35 Uhr
Bilder: Leif Schmittgen --- Dr. Gudrun Sievers-Flägel geht kommende Woche in den Ruhestand.
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Die Ziele immer konsequent verfolgt

ls; 27. Jan 2019, 11:35 Uhr
Oberberg – Am kommenden Dienstag wird Dr. Gudrun Sievers-Flägel, Leiterin des Museums auf Schloss Homburg, in den Ruhestand verabschiedet - OA sprach mit ihr über 33 Jahre im Oberbergischen.
Von Leif Schmittgen

OA: Frau Dr. Sievers-Flägel, am kommenden Dienstag werden sie in ihrem „Wohnzimmer“ auf Schloss Homburg bei einer Feierstunde verabschiedet. Freuen Sie sich auf den bevorstehenden Ruhestand oder sind Sie traurig?

Dr. Gudrun Sievers-Flägel: Mich begleiten derzeit vielerlei Gefühle.  Traurig bin ich nicht, eher ein wenig wehmütig. Mein Beruf war ja Teil meines Lebens, auf der anderen Seite freue ich mich auf einen neuen Abschnitt.

OA: Was haben sie als Erstes vor, wenn Sie ab Mittwoch den Ruhestand genießen?

Sievers-Flägel: Ich werde zwar am Dienstag verabschiedet, meinen Schreibtisch räume ich erst am kommenden Donnerstag nach Dienstschluss. Mein Vertrag läuft bis zum 31. Januar und es ist für mich selbstverständlich, dass ich meine Funktion auch bis dahin ausübe. Das gehört zu meinem Naturell. Im Februar geht es in den Skiurlaub. Beim Langlauf finde ich bestimmt Zeit, etwas Abstand vom Berufsleben zu finden. Das wird mir sicherlich helfen, um mich auf den Ruhestand einzustimmen. 

OA: Was haben Sie danach geplant?


Sievers-Flägel: Das kann ich noch nicht genau sagen. Zunächst einmal bin ich neugierig darauf, wie sich Freizeit überhaupt anfühlt. Kultur findet bekanntlich dann statt, wenn andere frei haben. Dadurch habe ich sehr oft an Abenden und am Wochenende gearbeitet und habe deswegen lediglich eine Vorstellung in meinem Kopf, wie sich Freizeit zu diesen Zeiten anfühlt.  Definitiv werde ich viel Zeit im Freien verbringen. Ich bin ein Mensch, der voll und ganz in der jeweiligen Jahreszeit lebt. Ich könnte niemals im Winter Spargel essen oder nach Florida auswandern, weil es dort das ganze Jahr warm ist. In irgendeiner Form werde ich mich ehrenamtlich engagieren, ich habe schon einige Anfragen erhalten. Wo genau, das werde ich in aller Ruhe entscheiden.

OA: Apropos auswandern: Werden Sie nach 33 Jahren dem Oberbergischen treu bleiben?

Sievers-Flägel: Ja, natürlich. Warum nicht? Ich bin im Landkreis Bad Segeberg aufgewachsen und wusste genau, wie sich Landleben anfühlt. Umso verwunderlicher war es für mich, dass mich jemand 25 Jahre nach meinem Umzug ins Bergische gefragt hat, ob ich mich inzwischen eingelebt hätte (lacht). Ich weiß, dass ich besonders in der Anfangszeit von manchen kritisch beäugt wurde.

 

OA: Sie haben sich nach ihrem Dienstantritt im Jahr 1986 also schnell eingelebt?

Sievers-Flägel: Ja, das ist mir damals nicht schwergefallen. Ich habe mich ganz bewusst für diese Region entschieden, das Leben auf dem Land in der Nähe von Großstädten. Diese Gegebenheiten schätze ich nicht nur privat, sondern habe sie auch beruflich genutzt.

OA: Was meinen Sie damit? 

Sievers-Flägel: Das Bergische ist – auch kulturell - durch die Großstadt Köln geprägt und gehört zur Metropolregion des Rheinlandes. Diese Strukturen galt es zu nutzen. Als Kulturwissenschaftlerin weiß ich, dass es in Deutschland abgelegenere Regionen gibt, wo man solche Synergien nicht findet. Mein Ziel war, das Museum Schloss Homburg für Großstädter als Anlaufpunkt interessant zu machen. Und das, so zeigen es die Besucherzahlen, ist mir gelungen. 

OA: Wie und womit haben Sie das konkret geschafft und gibt es weitere Dinge in Ihrem Berufsleben, die Sie als „Meilensteine“ bezeichnen würden?

Sievers-Flägel: Zum Beispiel durch den Nikolausmarkt. Mir war es von Anfang an wichtig, mehr als nur einen Weihnachtsmarkt hier am Schloss zu etablieren: Dazu gehörte zum Beispiel die Darstellung des Weihnachtsmannes in klassischer Bischofsgestalt. Die Einbindung von Musik oder Lesungen in die Veranstaltung, gehörte genauso zum Konzept wie die Erklärung der Verkaufsprodukte anhand von Schrifttafeln. Damit habe ich offensichtlich genau den Nerv der Kölner getroffen, denn offensichtlich hatten sie genug von „gewöhnlichen“ Weihnachtsmärkten und kamen in Strömen zu uns. Stolz bin ich auf unsere Porzellanausstellung „Art-Dèco“, die es 2007 bei uns gab. Die sogenannte Weißware wurde in den 20er und 30er Jahren in Dieringhausen bemalt. Die Firma Spitzer hat sich damit überregional einen Namen gemacht. Der Fundus ist in den vergangenen Jahren weitergewachsen, heute besitzen wir die größte Spitzer-Sammlung Deutschlands. Mein langwierigstes Projekt war der Umbau des Museums und der Orangerie. Nachdem 1997 mit den Planungen begonnen wurde, feierten wir 2014 die Eröffnung.

OA: Der Neubau der Orangerie wurde von viel Kritik begleitet. War das die schwierigste Phase ihres beruflichen Schaffens?

Sievers-Flägel: Wenn man etwas verändern möchte, hat man immer wieder mit Widerstand zu tun. Das muss man, besonders in Führungspositionen, vertragen können. Trotzdem bin ich meinem Konzept immer treu geblieben und musste auch mal den Ellenbogen ausfahren. Ohne Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen kommt man nicht weiter. Das soll nicht heißen, dass ich meinen Kopf dabei allein durchgesetzt habe. Das Vorhaben ist natürlich in enger Absprache mit dem Förderverein und weiteren Gremien verwirklicht worden.

OA: Gibt es Projekte, die Sie gerne verwirklicht hätten, die aber nicht zustande kamen?

Sievers-Flägel: Die eine oder andere Ausstellung wurde nicht verwirklicht. Ich kann aber noch nicht einmal sagen, welche. Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut. Wenn etwas nicht funktioniert hat, habe ich mich mit aller Kraft dem nächsten Projekt zugewandt. Zurückgeblickt habe ich nur in die Historie. Wer die Geschichte nicht kennt, kann die Zukunft nicht gestalten. Ich habe mich an gescheiterten Ideen nicht gegrämt, sondern mich dann eben für andere Dinge stark gemacht. Ab Sommer wird es im Bereich der ehemaligen Gastronomie auf dem Schlossgelände als MuseumsWerkstatt ein neues museumspädagogisches Angebot geben. Ich bin unter anderem ausgebildete Diplom-Pädagogin in der Erwachsenenbildung, das lag mir immer sehr am Herzen. Ob Kindergeburtstag oder Firmenfeier: Ich bin mir sicher, dass das Angebot gut angenommen und von meinen Nachfolgern auch unterstützt wird.

OA: Was hat sich im Laufe der Jahre geändert?

Sievers-Flägel: Die Besucher sind anspruchsvoller geworden. Vor 30 Jahren reichte es, ein Bild an die Wand zu hängen, damals hätte niemand gedacht, dass man heute Innenarchitekten zur Gestaltung einer Ausstellung engagiert. Auch die Interaktivität ist wichtiger geworden, Hintergrundinformationen werden gerne über Bildschirme abgerufen. Das hat meinen Beruf stark verändert, mich haben die Herausforderungen immer sehr gefreut. Im Mittelpunkt steht immer noch das Ausstellungstück. Und das wollen die Besucher im Original betrachten. 

OA: Bleiben sie dem Museum und dem Schloss in irgendeiner Funktion erhalten?

Sievers-Flägel: Ich bin schon seit Jahren Mitglied des Fördervereins und bleibe somit in Verbindung. Auch wenn ich gefragt werde, stehe ich gerne mit Rat und Tat zur Seite.

OA: Ihr Nachfolger steht noch nicht fest. Was würden Sie ihm oder ihr mit auf den Weg geben?

Sievers-Flägel: Ich wünsche mir einen fachlich versierten Nachfolger, Kultur erfordert Professionalität mehr denn je. Ich habe in der Vergangenheit viele Gelder durch Stiftungen und Förderungen akquiriert und damit viel bewegen können. 
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