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Im Zweifel für den Angeklagten

fj; 18. Jan 2019, 13:35 Uhr
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Im Zweifel für den Angeklagten

fj; 18. Jan 2019, 13:35 Uhr
Gummersbach - Mit einem Freispruch endete heute am Amtsgericht der Prozess um eine Körperverletzung - Für eine Verurteilung des mehrfach vorbestraften Angeklagten fehlten die Beweise, Geschädigte verweigerte detaillierte Aussage.
Fest stand nach der heutigen Verhandlung am Gummersbacher Amtsgericht, in der einem 36-Jährigen Gummersbacher Körperverletzung vorgeworfen wurde, nur eins: Dem Geschädigten, einem 50-jährigen Gummersbacher, wurden durch Schläge ins Gesicht am 7. Juli 2018 mehrere Frakturen sowie ein Schädel-Hirn-Trauma zugefügt. Wer jedoch dafür verantwortlich war, konnte das Gericht nicht aufklären. 

Für die Tat angeklagt war der 36-Jährige aufgrund der Aussage des Geschädigten. Der hatte unmittelbar nach der Tat gegenüber der Polizei ausgesagt, dass er zu Fuß in Derschlag unterwegs gewesen sei, als er eine Frauenstimme vernahm, die sagte: „Das ist er.“ Der 50-Jährige hätte sich nicht angesprochen gefühlt und seinen Weg fortgesetzt, als ihn ein Mann mit den Worten „Du hast meine Freundin beleidigt“ zwei Faustschläge ins Gesicht versetzte. Nach der Tat sei das Paar gemeinsam geflüchtet, er selber, so seine Aussage am Tattag, habe sich in das Hotel Huland begeben, wo er ein vom Jobcenter bezahltes Zimmer bewohnt, und von dem Handy eines Bekannten die Polizei gerufen. Den Täter, so gab der Geschädigte damals gegenüber der Polizei an, kannte er vom Sehen, da auch er und seine Freundin im Hotel gewohnt hätten. Nachdem er sich bei anderen Bewohnern nach den Namen erkundigt hatte, konnte er diese gegenüber der Polizei benennen.

Derselbe Tag aus der Sicht des Angeklagten erzählt, ergab ein ganz anderes Bild: Er wäre nach der Arbeit mit seiner Verlobten einkaufen gegangen. Dabei hätte sie „Stress“ gehabt, weswegen die Polizei hinzugerufen wurde. Erst von den Beamten habe er erfahren, dass er jemanden geschlagen haben soll. „Wir kennen uns doch gar nicht“, rief er von der Anklagebank aus dem Geschädigten zu.

Dieser schien den Angeklagten aber sehr wohl zu kennen, mehr noch: Angst vor ihm zu haben. „Ich habe keine Lust, noch mehr Ärger zu bekommen, und werde gar nichts mehr zu der Sache sagen“, erwiderte er als Richter Ulrich Neef ihn bat, die Geschehnisse zu schildern. Die Frage, ob man ihn vor der Verhandlung bedroht oder unter Druck gesetzt habe, wollte er ebenfalls nicht beantworten. Erst nach einigem Zureden gab er an, dass die Aussage, die er am Tattag gegenüber der Polizei gemacht habe, zutreffe. Dazu, sie zu wiederholen, war er aber nicht bereit.

Die als Zeugin geladene Verlobte des Angeklagten beteuerte die Unschuld ihres Partners, zwei weitere Zeugen, die den Angeklagten unmittelbar nach der Tat gegenüber der Polizei belastet hatten, konnten sich heute an nichts erinnern oder gaben an, doch nichts von der Tat gesehen zu haben. Da auch der Geschädigte vor dem Gericht zu keiner detaillierten Aussage bereit war und ein Zeuge ihm darüber hinaus vorwarf, am Tattag Heroin konsumiert zu haben, plädierten Staatsanwalt und Verteidiger auf Freispruch – trotz mehrfacher einschlägiger Vorstrafen des Angeklagten, der derzeit eine Bewährungsstrafe verbüßt. „Dem Angeklagten ist eine solche Tat zuzutrauen. Dafür, dass er diese Tat tatsächlich begangen hat, fehlen aber die Beweise“, so der Staatsanwalt. Dem schloss sich das Gericht an, die Verhandlung endete mit einem Freispruch.
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