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'Müssen dann Parteiordnungsverfahren eröffnen'

bv; 8. Nov 2018, 13:09 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Oberbergs SPD-Chef Thorsten Konzelmann muss in seiner Partei gerade viele Brände löschen.
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'Müssen dann Parteiordnungsverfahren eröffnen'

bv; 8. Nov 2018, 13:09 Uhr
Oberberg - Oberbergs SPD-Chef Thorsten Konzelmann im Interview über das Auseinanderbrechen der SPD-Fraktion in Nümbrecht und die Fehler der Sozialdemokratie.
Von Bernd Vorländer

OA: In Nümbrecht spaltet sich die Ratsfraktion, in Waldbröl denkt man über eine Unabhängige SPD nach. Hat die Kreis-SPD ihre Ortsvereine nicht mehr im Griff?
Konzelmann: Man muss in beiden Fällen unterscheiden. In Waldbröl ist es die Verärgerung über den Zustand der Bundes-SPD - der ist auch spürbar in allen anderen Ortsverbänden. Mitte des Monats werde ich in Waldbröl mit den Genossen vor Ort über die Perspektiven der SPD sprechen. Ich teile den Unmut im Übrigen. In Nümbrecht ist es eine lokale Angelegenheit, nach meinem Eindruck sind atmosphärische Dinge die Ursache.

OA: Und was passiert jetzt in Nümbrecht?
Konzelmann: Wir sind als Kreisverband da jetzt gefordert, denn wir können nicht dulden, wenn es im Rat zwei konkurrierende Fraktionen gibt, die beide die SPD im Namen führen. Wir haben im Vorstand der Oberberg-SPD beschlossen, dort zunächst eine Brücke zu bauen und die abtrünnigen vier Ratsmitglieder aufzufordern, binnen einer Woche in die SPD zurückzukehren. Sollte dies nicht der Fall sein, dann müssen wir die Sache an die Bundespartei weiterleiten und  auch ein Parteiordnungsverfahren gegen die Vier eröffnen. Wir können im Übrigen auch nicht dulden, wenn auf der Seite des Ortsvereins Nümbrecht die neue Gruppierung eine Plattform erhält. Gegebenenfalls müssten wir auch noch gegen den Ortsvereinsvorstand aktiv werden. Dies alles ist sehr betrüblich.


OA: Noch mehr Baustellen für eine Partei, der es derzeit alles andere als gut geht?
Konzelmann: In der Tat, ich würde mich auch lieber mit inhaltlichen Themen auseinandersetzen. Es geht bei uns vor Ort darum, das Erscheinungsbild der SPD zu verbessern. Das ist mehr als schwer genug. Ich war schon Anfang des Jahres gegen eine weitere Zusammenarbeit mit der Union auf Bundesebene  und fühle mich heute bestätigt. Die Begeisterung um Martin Schulz hat aber gezeigt, dass wir durchaus in der Lage sind, Vertrauen bei den Bürgern zu bekommen. Aber das geht nicht mit einer Politik des ‚Weiter so‘.

OA: Aber genau das geschieht doch gerade. Die SPD-Spitze stellt sich gut gelaunt zum Gruppenfoto und will sich noch stärker unterhaken. Das hat doch was von der Kapelle beim Untergang der Titanic, oder?
Konzelmann: Was wir nicht brauchen, ist eine neue Personaldebatte. Auch ein fluchtartiges Verlassen der Koalition wäre zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Vieles, was wir tun und sagen, geht am Lebensgefühl der Menschen vorbei. Das kann man beim Thema Flüchtlingszustrom gut sehen. Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass Schutzbedürftige hierbleiben können. Wir haben aber unterschätzt, dass der Zustrom auch eine Art Trauma-Erlebnis bei potentiellen SPD-Wählern ausgelöst hat. Diese Ängste sind von uns zu wenig aufgenommen worden. Das muss mehr geschehen. Und wir müssen auch wieder enger an die Gewerkschaften heranrücken. Schließlich brauchen wir auch wieder mehr Selbstbewusstsein. Wir haben eine ängstliche Haltung eingenommen, weil man Neuwahlen fürchtet. Das gilt es dringend zu ändern.

OA: Im Jahr 2020 finden die nächsten Kommunalwahlen statt. Allmählich starten die Parteien mit der Vorbereitung. Findet die SPD genügend Kandidaten?  
Konzelmann: Da muss man unterscheiden. Bei den 27 Kreistagswahlkreisen ist das traditionell kein so großes Problem. Da gilt es, trotz bestimmter Quoten auch junge Talente zu fördern. Anders sieht es in den einzelnen Kommunen aus. Hier tuen sich größere Lücken auf. Das ist eine echte Herausforderung. Aber es gibt die Hoffnung, dass gerade bei denen, die in den vergangen 18 Monaten als Neumitglieder zu uns gekommen sind, einige auch kommunalpolitisch aktiv werden.   

Bericht: SPD-Fraktion in Nümbrecht gespalten
  
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