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„Darf ich erleben, wie meine Kinder groß werden?“

gre; 7. Oct 2018, 10:18 Uhr
Bilder: Michelle Grebe --- Annette Rexrodt von Fircks bei ihrem Vortrag.
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„Darf ich erleben, wie meine Kinder groß werden?“

gre; 7. Oct 2018, 10:18 Uhr
Gummersbach - Beim gestrigen Brustkrebsforum Oberberg gab es für die Besucherinnen viel medizinisches Fachwissen, unterschiedliche Workshops und einen Vortrag von Annette Rexrodt von Fircks, die selbst an Brustkrebs erkrankt war und ihre eigene persönliche Geschichte erzählte.
Diagnose Brustkrebs. Für Frauen, die diese Diagnose bekommen, bricht erst einmal eine Welt zusammen und sie verlieren den Boden unter ihren Füßen. Bei Annette Rexrodt von Fircks war dies nicht anders. Mit 35 bekam sie die Diagnose, dass sie an Brustkrebs erkrankt sei und da waren ihre Kinder gerade einmal drei, fünf und sieben Jahre alt. Ihre Heilungschancen waren 1998, als die Diagnose kam, mit berechneten 15 Prozent sehr schlecht.

Doch die damals 35-Jährige hat sich bewusst für die 15 Prozent entschieden, sich ihre Therapie zum besten Freund gemacht und ihrer Krebserkrankung sowie schlechten Heilungschancen die Stirn geboten. Heute hält sie Vorträge, hat mehrere Bücher veröffentlicht und eine Stiftung gegründet, gibt Patientinnen Mut und Ratschläge und erzählt ihre ganz persönliche Geschichte, wie sie es geschafft hat. Und dies tat sie auch am gestrigen Samstag in der Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren auf dem Steinmüller-Gelände beim Brustkrebsforum Oberberg.


    
Mit ihrer berechneten Heilungschance stand Rexrodt von Fircks damals auf der Verliererseite. Die Prozentangabe, die eine Aussage über ihren Zustand gemacht habe, war wenig hoffnungsvoll und da ging ihr vor allem die Frage durch den Kopf: „Darf ich erleben, wie meine Kinder groß werden?“ Doch sie wollte nicht zu den Verlierern gehören und machte sich selbst bewusst, dass sie zu den 15 Prozent gehört, die es schaffen, den Krebs besiegen und gesund werden. Und so füllte sie während ihrer Chemotherapie immer wieder ihr kleines Krankenhauszimmer mit 15 Leuten und merkte: „Das sind ja richtig viele.“

Wenn Frauen an Brustkrebs erkranken, möchten sie am liebsten einen Leitfaden haben, der die Fragen abdeckt: Was soll ich tun? Was darf ich essen? Welche Medikamente soll ich nehmen? Doch den einen richtigen Leitfaden gibt es nicht, da jede Frau unterschiedlich ist, jede Erkrankung anders und jeder für sich den richtigen Weg gehen muss. Doch Annette Rexrodt von Fircks (Bild) nennt einen Faktor, der für alle Erkrankten entscheidend ist: Hoffnung. Hoffnung ist dabei nicht das Ziel, sondern der Weg. Rexrodt von Fircks wollte während ihrer Therapie gerne die Zügel für ihr eigenes Leben wieder in der Hand haben und die Therapiemaßnahmen nicht einfach über sich ergehen lassen. Sie wollte auch während ihrer Chemo wieder das Gefühl haben, ihr eigenes Leben gestalten zu können und dies nicht der Krankheit überlassen. Meditation, Atemübungen, Vorstellungsbilder und Selbsthilfegruppen; Rexrodt von Fircks sprach über ihre eigenen Maßnahmen, die sie unternahm, um aktiv gegen ihre Erkrankung zu kämpfen, um dabei bloß nicht in die Opferrolle gedrängt zu werden.

Niemand kann einem die 100-prozentige Sicherheit geben, dass der Krebs nicht zurückkommt, kein Arzt, kein Ratgeber und auch kein Medikament, daher sollten alle Betroffenen wieder das Leben in den Mittelpunkt stellen. Sich bewegen, achtsam sein, gerne aber auch mal ein Stück Kuchen essen, wenn einem danach ist und vor allem nie die Hoffnung verlieren.

Rexrodt von Fircks hat nach ihrer Krebserkrankung eine Stiftung (www.rvfs.de) gegründet, die es erkrankten Müttern zusammen mit ihren Kindern ermöglicht, nach der Chemotherapie zusammen drei Wochen Reha in der Klinik Ostseedeich in Grömitz/Ostsee zu machen. Da die Diagnose Krebs die gesamte Familie mit einbezieht, erhalten nicht nur die Mütter einen eigenen Therapieplan, sondern auch die Kinder, um Mutter und Kind gemeinsam auf die Rückkehr in den Alltag nach der Krebserkrankung vorzubereiten und zu stärken.


[Annette Rexrodt von Fircks und Dr. Anja Weishap, Chefärztin Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Leiterin des Brustzentrums Oberberg.]

Neben der persönlichen Geschichte von Annette Rexrodt von Fircks gab es am gestrigen Brustkrebsforum auch viele medizinische Informationen in Vorträgen von Dr. Anja Weishap, Chefärztin Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Leiterin des Brustzentrums Oberberg und von Prof. Dr. Michael Friedrich, Chefarzt der Helios-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Krefeld, über die Chancen von Vitamin D bei einer Brustkrebserkrankung.

Doch neben dem fachlichen Input standen vor allem die Patientinnen im Vordergrund und Frauen, die sich informieren wollten. An verschiedenen Infoständen und in Workshops konnten sich Frauen über die Möglichkeiten von Aromatherapien informieren, wie Frauen sich selbst die Brust abtasten können, welche Haarersatz Möglichkeiten es gibt und bei einer Walkingrunde in der Mittagspause mit Physiotherapeutin Rieke Jaekel zu erfahren, wie man mit ein bisschen Bewegung Körper und Seele in Schwung bringen kann.

Das Brustkrebsforum schaffte es in dem vierstündigen Programm, den Besucherinnen genug medizinisches Fachwissen mit auf den Weg zu geben, sie aber zugleich zum Mittelpunkt der Veranstaltung zu machen, ihnen nützliche Tipps und Ratschläge zur Vorsorge zu geben und den Betroffenen Mut und vor allem Hoffnung zu machen und stellte damit eine sehr wichtige Aufklärungsarbeit über die Erkrankung dar. In Deutschland erhält alle sieben Minute eine Frau die Diagnose Brustkrebs, daher sollte jede Frau regelmäßig zur Vorsorge gehen.
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