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Volle Auftragsbücher, lange Wartezeiten

bv; 5. Sep 2018, 16:00 Uhr
Archivbild --- In zahlreichen Handwerksbetrieben im Oberbergischen fehlt Fachpersonal.
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Volle Auftragsbücher, lange Wartezeiten

bv; 5. Sep 2018, 16:00 Uhr
Oberberg – Die oberbergischen Handwerksbetriebe suchen händeringend Nachwuchs – Große Fachkräftelücke – Generationswechsel verschärft Situation zusätzlich.
Von Bernd Vorländer

Früher war das recht einfach: Wer im eigenen Häuschen oder der Wohnung einen Umbau plante oder modernisieren wollte, der rief beim Handwerker seiner Wahl an – und zeitnah wurden die jeweiligen Maßnahmen umgesetzt. Diese Zeiten sind vorbei, heute werden die Wartezeiten auf einen Handwerker-Termin immer länger. Und das hat Gründe: Bundesweit fehlen über 200.000 Fachkräfte in den Handwerksbetrieben und auch in der Region sucht man händeringend nach qualifiziertem Personal. „Die Auftragsbücher unserer Mitgliedsbetriebe sind meist voll, die Wartezeit beträgt bis zu zwölf Wochen“, sagt Katrin Rehse, Sprecherin der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land. Natürlich gebe es bei nicht aufschiebbaren Schäden wie etwa einer defekten Heizung oder der geborstenen Wasserleitung Notdienste, dennoch sei die Situation insgesamt unbefriedigend.


Die Kreishandwerkerschaft versucht seit Jahren gegenzusteuern, klärt über die verschiedenen Berufsbilder in Schulen und auf Ausbildungsmessen auf – und kann auch Erfolge verzeichnen. Entgegen dem Trend in anderen Regionen Deutschlands verzeichnet man im Oberbergischen steigende Ausbildungszahlen von etwa acht Prozent. Doch dies schaut nur auf den ersten Blick gut aus. Um die Facharbeiterlücke in den Betrieben zu schließen, benötige man 20 Prozent mehr junge Leute, sagt Katrin Rehse - und das ist illusorisch. Sicherlich gibt es gerade in der Region auch einzelne Betriebe, die überhaupt keine Ausbildungssorgen haben, doch dies ist die Ausnahme. „Viele Betriebe suchen geradezu händeringend“, weiß die Sprecherin der Kreishandwerkerschaft. In der Elektro-, Sanitär- und Metallbranche ist der Bedarf besonders groß.

Immer noch würden zahlreiche Handwerksberufe bei jungen Schulabsolventen unterschätzt, so Rehse. Die Vorstellung, dass lediglich Zollstock, Schreibstift oder verschmutzter "Blaumann" zum Erscheinungsbild eines Handwerkers zählten, gehöre der Vergangenheit an. Tatsächlich benötigt etwa die Steuerung und Implementierung von „Smart Home“, womit alle Haushalts- und Multimediageräte wie auch die Beleuchtung vom Handy aus ferngesteuert werden können, ein hohes Maß an Fachwissen. Gleiches gilt für den Einbau von Solaranlagen, Einbruchssicherungen oder modernen Heizungsanlagen. „Nicht der Zollstock, sondern das Tablet ist heute häufig Begleiter unserer Fachkräfte“, erläutert Katrin Rehse.

Doch fehlen im Oberbergischen nicht nur Fachkräfte, die Handwerks-Branchen stehen auch noch aus einem anderen Grund unter Druck. Im gesamten Gebiet der Kreishandwerkerschaft, zu der auch noch der Rheinisch-Bergische Kreis und Leverkusen gehören, stehen in den kommenden Jahren bis zu 1.800 Betriebe vor einem Generationswechsel. Doch vielerorts ist die Nachfolgefrage noch nicht geregelt, manche Firma trotz guter Auftragslage von der Schließung bedroht, weil sich niemand die verantwortungsvolle Aufgabe zutraut oder der Zeitaufwand als „Chef“ etlichen Anwärtern als zu hoch erscheint. Auch hier steuert die Kreishandwerkerschaft mit ihrer Unternehmerakademie gegen, um zukünftige Firmenlenker in den Bereichen Marketing, der Gestaltung und Etablierung einer eigenständigen Marke und nicht zuletzt der Suche nach geeignetem Personal zu qualifizieren.   
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