Archiv

Unruhigem Fahrwasser aus dem Weg gehen

lo; 8. Aug 2018, 11:10 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung.
ARCHIV

Unruhigem Fahrwasser aus dem Weg gehen

lo; 8. Aug 2018, 11:10 Uhr
Wiehl - Nach einem verkorksten Jahr hofft Landesligist FV Wiehl auf eine stressfreie Spielzeit - Coach Jan Kordt visiert einen gesicherten Mittelfeldplatz an - Großes Personalangebot.
Haarscharf schrammte der FV Wiehl am Worst Case vorbei. Bis zum vorletzten Spieltag stand die Versetzung ins nächste Spieljahr auf wackligen Füßen. Ein Unentschieden gegen den Lokalrivalen Nümbrecht, das sich wegen einer verspielten 3:0-Führung wie eine Niederlage anfühlte, reichte schließlich, um die turbulente Saison mit dem Minimalziel „Klassenerhalt“ abzuschließen. Nach einer ordentlichen Hinrunde gerieten die Wiehler im Frühling völlig aus der Spur. Für den langjährigen Coach Ingo Kippels war das Maß nach einer 0:7-Heimschlappe gegen Deutz voll. Er warf frustriert das Handtuch. Der Vorstand kürte Jan Kordt, der vorher die Reserve betreute, zum Nachfolger. Unter seiner Regie gelang es, der Pleitenserie Einhalt zu gebieten und als 13. knapp über dem Strich zu bleiben.

Kommen und Gehen

Lukas Hoffmann, Dominik Knotte, Christian Prinz, Michael Krestel und Florian Harnisch und Anton Musculus – ohne dieses Sextett startet Kordt in seine erste vollständige Spielzeit als Trainer der Erstvertretung, wobei Hoffmann, der künftig für die 2. Mannschaft aufläuft, als Torwarttrainer mit an Bord bleibt. Der langjährige Co-Kapitän Knotte hat aus beruflichen Gründen aufgehört. Prinz musste seine Karriere wegen anhaltender Knieprobleme beenden. Kreativkraft Harnisch, der permanent von Verletzungen ausgebremst wurde, konzentriert sich vorerst auf das Studium. Routinier Krestel hat sich in die Fußballrente verabschiedet. Musculus versucht sein Glück beim Bezirksligisten FC Bensberg.   

Kordt gehen gestandene Akteure verloren, weshalb er erleichtert ist, dass mit Jared Jörgens ein echter Leitwolf auf die Eichhardt zurückgelotst werden konnte. „Man merkt, dass die Mannschaft von seiner Erfahrung und fußballerischen Klasse enorm profitiert. Er ist der Taktgeber, der uns in der vergangenen Saison manchmal gefehlt hat“, hält Kordt große Stücke auf den 33-Jährigen, der im Mittelfeld zum einen für Sicherheit sorgen und zum anderen als Ballverteiler fungieren soll. Gespannt verfolgt Kordt die Entwicklung der Jungspunde. Potenzial bringen alle mit. Offen ist, wie schnell sie sich an die raue Seniorenluft gewöhnen.


„Wir haben viele talentierte Jungs dazubekommen, aber sie sind unerfahren. Einige werden Geduld haben müssen“, erwartet Kordt keine Wunderdinge. Einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ bislang Jordi Scherbaum, der bereits in jüngeren Jahren seine Schuhe für den FV schnürte. Simon Weber oder Vinzent Stoffel verfügen laut Kordt ebenfalls über das nötige Rüstzeug. „Der eine oder andere Etablierte muss sich strecken, um im Team zu bleiben“, ist Kordt froh, dass die Neuzugänge Druck ausüben. Zuletzt gesellte sich noch Lucas Reutemann hinzu. Ob er ein Kandidat für den 24-Mann-Kader ist, entscheidet sich später. Vor dem Meisterschaftsbeginn wird Kordt einen personellen Schnitt vollführen.


[Jan Kordt übernahm die 1. Mannschaft des FV Wiehl im April.]

Die Mannschaft, Spielsystem, Taktik

Nachdem Kordt die Equipe übernommen hatte, ging es darum, die Defensivschwächen abzustellen und die nötigen Punkte für den Klassenerhalt im wahrsten Sinne des Wortes zu erkämpfen. Hochglanz-Fußball war kein Erfolg versprechendes Stilmittel. Nun kann der Übungsleiter erstmals über einen längeren Zeitraum an seinem taktischen Konzept feilen, ohne ständig auf die Tabellensituation achten zu müssen. Eine Revolution steht nicht auf dem Programm, zumal Kordt das Umschaltspiel aus einer sicheren Abwehr heraus als Stärke der Mannschaft bezeichnet.

„Ich bin kein Ballbesitz-Verfechter und wir werden weiterhin eher abwartend agieren“, verrät Kordt, der sich auf drei taktische Systeme (4-4-2, 4-2-3-1 oder 4-1-4-1) beschränkt. „Dennoch wollen wir mit Ball besser werden. Die Jungs haben gezeigt, dass sie Fußball spielen können.“ Aktuell wird die Basis für die notwendige Tempohärte gelegt. Im Vorjahr ging den Kickern aufgrund der chaotischen Winter-Vorbereitung und der Doppelbelastung durch die Nachholspiele bisweilen die Puste aus. „Läuferisch sind wir sehr weit“, ist Kordt mit dem Fitnesszustand zufrieden. „Wenn die Physis stimmt, spielt man automatisch konzentrierter.“

Ein Ärgernis stellen die vermeidbaren Ballverluste dar, die in den bisherigen Testspielen umgehend zu Gegentreffern führten. „Befinden wir uns in der Ordnung, sind wir schwierig zu knacken. Die Abspielfehler bereiten uns allerdings Probleme“, räumt der Trainer ein. Defizite existieren auch beim Verteidigen gegnerischer Standards. Vom baldigen Comeback des Abwehrchefs Jonathan Noß verspricht sich Kordt eine größere Stabilität bei Ecken und Freistößen. Eine weitere Baustelle droht im vorderen Bereich, denn ein adäquater Ersatz für Goalgetter Jan Peters ist nicht vorhanden. Kordt: „Wir haben mit Christopher Lieblang und Luca Dwertmann zwei Strafraumstürmer, die vor dem Tor abgeklärt sind. Ich denke schon, dass wir einen Ausfall von Jan kompensieren könnten.“   




Saisonziel, Einschätzungen zur Liga  

Die Zittersaison 2017/2018 war ein Beleg dafür, dass es in der Landesliga selbst für etablierte Vereine ungemütlich werden kann. Eine längere Durstrecke darf man sich in dieser Spielklasse mit einem niedrigen Leistungsgefälle nicht erlauben. Nun gehören die Wiehler, die sich zuvor stets aus dem Abstiegskampf raushalten konnten, ebenfalls zu den gebrannten Kindern. Kordt übt sich deshalb in Bescheidenheit. „Wir wollen nicht in die Fahrwasser geraten, in denen wir uns im letzten Jahr befunden haben. Der Klassenerhalt hat Priorität. Ich hoffe auf einen guten Start. Dann sollte ein gesicherter Mittelfeldplatz drin sein.“

Die stürmischen Zeiten in der zurückliegenden Rückrunde haben auch Positives bewirkt: Das Team rückte enger zusammen. Zudem ist in Kürze, mit Ausnahme von Kevin Ufer (Kreuzbandriss), der Kader komplett. „Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass wir stark genug für die Liga sind“, betont Kordt. Er rechnet damit, dass es erneut äußerst eng zugeht und oftmals die Tagesform den Ausschlag geben wird. Als aussichtsreichste Titelbewerber nennt er den FC Pesch, Borussia Lindenthal-Hohenlind und den Nachbarn aus Nümbrecht.                    



[Jan Kordt (hintere Reihe v.li.), Alex Jobi, Jonathan Noß, Lukas Hoffmann, Michael Klement, Daniel Sobolewski, Mohamed Tivalo, Christopher Lieblang und Jared Jörgens; unten v.li.: Julian Bauer, Davin Dresbach, Lucas Reutemann, Simon Weber und Jordi Scherbaum.]

Zugänge
Christopher Lieblang (SSV Süng), Jordi Scherbaum (Viktoria Köln U19), Zudi Hajredini (PK-35 Vantaa Helsinki/Finnland), Mohamed Tivalo (SV Morsbach), Jared Jörgens (1. FC Kaan-Marienborn), Fabian Mantsch (eigene 2. Mannschaft), Lucas Reutemann (zuletzt SSV Marienheide Jugend), Daniel Sobolewski (eigene U19), Julian Bauer (eigene U19), Vinzent Stoffel (eigene U19), Davin Dresbach (eigene U19), Simon Weber (eigene U19)

Abgänge
Anton Musculus (FC Bensberg), Lukas Hoffmann (eigene 2. Mannschaft), Dominik Knotte (Laufbahn beendet), Christian Prinz (Laufbahn beendet), Michael Krestel (Laufbahn beendet), Florian Harnisch (Pause wegen Studium)

Der Kader

Tor
David Jäckel, Julian Bauer

Abwehr
Jonathan Noß, Maurice Häger, Waldemar Kilb, Alexander Tomm, Radion Miller, Fabian Mantsch, Daniel Sobolewski

Mittelfeld
Davin Dresbach, Ozan Taskiran, Kevin Derksen, Kevin Ufer, Michael Möller, Kerem Kargin, Marius Mukherjee, Jared Jörgens, Jordi Scherbaum, Simon Weber, Vinzent Stoffel, Zudi Hajredini, Lucas Reutemann.

Angriff
Markus Wagner, Mohamed Tivalo, Luca Dwertmann, Jan Peters, Jan Derksen, Christopher Lieblang. 

Trainer
Jan Kordt

Co-Trainer
Alex Jobi, Jonathan Noß

Torwarttrainer
Lukas Hoffmann

Betreuer
Carsten Brauckmann, Michael Klement.
WERBUNG