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Fotografieren erlaubt?

Red; 30. Jun 2018, 09:30 Uhr
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Fotografieren erlaubt?

Red; 30. Jun 2018, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um die DSGVO und ihre Folgen.
Von Rechtsreferendar Devin Dick 

Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und die Verwirrung um dieses Thema ist immer noch recht groß. Teilweise herrscht Ratlosigkeit, teilweise übertriebene Vorsicht. So werden beispielsweise an einer Grundschule in Düsseldorf die Zeugnisse aus datenschutzrechtlichen Gründen wieder von Hand geschrieben. Ganz nach dem Motto: Besser in die Vergangenheit reisen, als abgemahnt zu werden!

Auch Fotografen, egal ob Gelegenheits- oder Profifotografen, stellen sich die Frage, wie sich die DSGVO auf ihre Tätigkeit auswirkt. Darf ich vor dem Kölner Dom nur dann ein Selfie machen, wenn im Hintergrund keine anderen Personen zu sehen sind? Muss ich als Hochzeitsfotograf jeden Besucher der Hochzeit im Voraus um eine schriftliche Einwilligung bitten, wenn ich Fotos von der gesamten Hochzeitsgesellschaft mache? Muss ich bei Aufnahmen von Gebäuden, Städten oder Landschaften jedes Gesicht unkenntlich machen, das auf dem Bild zu sehen ist?

Zunächst einmal ist festzustellen, dass Panik unangebracht ist. Auch mit Geltung der DSGVO brauchen Fotografen nicht zu befürchten, dass sie ihr Hobby oder ihren Beruf aufgeben müssen.

Grundsätzlich ist es so, dass die DSGVO Personen schützt, die fotografiert werden. Gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die Verordnung für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Dies sind gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Durch das Fotografieren wird ein Bild dieser Person gespeichert und damit verarbeitet. Das Veröffentlichen des Bildes ist ebenfalls eine Verarbeitung. Sobald also eine Person auf dem Foto eindeutig erkennbar ist, unabhängig davon, ob man die Person tatsächlich „kennt“, ist sie von der DSGVO geschützt.

Die DSGVO gilt allerdings nicht uneingeschränkt für alle Arten der Fotografie und auch der Schutz der Personen reicht nicht soweit, dass ein Fotografieren ohne Einwilligung ab jetzt grundsätzlich untersagt ist.

Private Fotos
Die wichtigste Information für Hobbyfotografen zuerst: Die DSGVO gilt nicht für Fotografien im privaten und familiären Bereich. Art. 2 Abs. 2 c) DSGVO schließt die Anwendung der DSGVO für diesen Bereich ausdrücklich aus. Es braucht sich also weiterhin niemand Gedanken machen, ob er bei einem Selfie vor dem Dom so stehen muss, dass sonst keine Personen zu sehen sind oder ob eine Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich ist.

Gewerbliche Fotos und Kunst
Anders stellt sich die Situation dar, wenn die Fotos zu gewerblichen oder künstlerischen Zwecken aufgenommen werden. Hierbei gibt es eine Vielzahl von möglichen Konstellationen. Die wichtigsten sollen hier kurz besprochen werden.

Wer ein professionelles Fotoshooting durchführt, schließt hierüber mit den betroffenen Personen in aller Regel einen Vertrag. Diesen Vertrag kann er logischerweise nicht erfüllen, wenn er die betroffenen Personen nicht fotografiert und die Bilder anschließend speichert, bearbeitet etc. Für solche Fälle regelt Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO, dass eine Datenverarbeitung, die für die Erfüllung eines Vertrages erforderlich ist, rechtmäßig ist. Wer also ein professionelles Fotoshooting durchführt, hat auch durch die DSGVO nichts zu befürchten.

Schwieriger wird es, wenn man gewerblich auf Großveranstaltungen fotografiert. Beispiel Hochzeit: Hier hat man nicht mit jeder anwesenden Person einen Vertag geschlossen. Eine Einwilligung von jeder betroffenen Person einzuholen, wie es Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO verlangt, ist praktisch häufig unmöglich und würde auch nicht zur besonderen Beliebtheit des Fotografen führen. Auch beim künstlerischen Fotografieren von Landschaften oder Örtlichkeiten kann es passieren, dass Personen „zufällig“ mit auf den Fotos sind.

An dieser Stelle wird der für Profifotografen wichtige Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO relevant. Dieser besagt: „Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.“

Es hat also eine Interessenabwägung, zwischen den Interessen des Fotografen und der fotografierten Personen, stattzufinden. Auf der einen Seite steht das wirtschaftliche Interesse des Fotografen, auf der anderen Seite das Persönlichkeitsrecht des Fotografierten. Bei Großveranstaltungen wiegt das Interesse des Fotografen in der Regel höher als das Interesse der betroffenen Personen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass man als Besucher einer Hochzeit o.Ä. damit rechnen muss, fotografiert zu werden.

Für den Fall des Fotografierens durch Journalisten hat das OLG Köln als erstes deutsches Gericht mit Beschluss vom 18. Juni 2018 (Az.: 15 W 27/18) die Auffassung vertreten, dass das Kunsturhebergesetz (KUG) weiterhin neben der DSGVO anwendbar ist. Vieles spricht dafür, dass die Gerichte dieser Auffassung folgen werden und die Anwendbarkeit des KUG in Fragen der Interessenabwägung auch für andere Bereiche zulassen. Gemäß § 23 KUG dürfen Bilder ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn hierauf Personen als „Beiwerk“ zu einer Landschaft oder als Teil einer Versammlung zu sehen sind.

Sollten die Gerichte das KUG also weiterhin für anwendbar erklären, ändert sich die bisher bestehende Rechtslage für Fotografen nicht so massiv, wie befürchtet. Eine endgültige Entscheidung zu diesem Thema steht jedoch noch aus. Möglich ist auch, dass die Gerichte einen strengeren Maßstab anlegen, als das KUG es vorgibt.

Insgesamt besteht also kein Grund zur Panik. Weder für Hobby- noch für Profifotografen. Dennoch sollten gerade gewerblich tätige Fotografen ihre Augen vor der DSGVO nicht verschließen und „blauäugig“ alles so handhaben, wie bisher. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema, gerade in unklaren Fällen, bringt Sicherheit und erspart unangenehme Folgen wie Abmahnung oder Schadenersatzansprüche betroffener Personen. 

   
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