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Gericht gewährte letzte Chance auf ein drogenfreies Leben

fj; 3. May 2018, 13:30 Uhr
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Gericht gewährte letzte Chance auf ein drogenfreies Leben

fj; 3. May 2018, 13:30 Uhr
Gummersbach - 2017 beging ein Bergneustädter mehrere Diebstähle, um Drogen zu finanzieren – Mit seinem Urteil gab das Gericht ihm trotz eines langen Vorstrafenregisters die Möglichkeit, die Haft gegen eine Therapie zu ersetzen.
Rund 50 € koste ein Gramm Heroin, vier Gramm davon habe sein Mandant pro Tag geraucht, erklärte Rechtsanwalt Stephan Kuhl heute vor dem Gummersbacher Amtsgericht. Seinem Mandanten, einem 28-jährigen Bergneustädter, wurde gewerblicher Diebstahl in drei Fällen vorgeworfen. Gewerblich, weil er versuchte, seine Beute zu verkaufen, um so seine Sucht zu finanzieren. Rund 200 € pro Tag brauchte er allein für Heroin, hinzu kamen Alkohol und Tabletten.

Um dies zu finanzieren, soll der Bergneustädter am 1. Dezember 2017 Schmuck und Uhren im Wert von 3.600 € aus einem Haus in Bergneustadt gestohlen haben. Am 4. Dezember klingelte er dann an der Haustür einer 88-jährigen Bergneustädterin und bat sie um eine Tasse Tee. Als beide in der Küche waren und die Seniorin Tee zubereitete, ging er zur Toilette. Dann verließ er ihr Haus zügig. Erst da bemerkte die Dame, dass aus dem Büro neben der Toilette Bargeld und andere Wertgegenstände fehlten. Am 18. Dezember soll der Angeklagte dann aus dem parkenden Auto eines Bergneustädters ein Portemonnaie samt Bargeld, Bank- und Kreditkarten gestohlen haben.

An den Diebstahl des Portemonnaies aus dem Wagen, so der Angeklagte, könne er sich nicht erinnern – die Tat aber auch nicht ausschließen. „Ich war einfach so zu gedröhnt, dass ich nicht mehr weiß, was an diesem Tag passiert ist“, so der Bergneustädter. Erinnern konnte er sich dagegen daran, die Gutmütigkeit der Seniorin ausgenutzt zu haben. Allerdings hätte er nur 70 € Bargeld gestohlen, an andere Beute könne er sich nicht erinnern. Den Diebstahl am 1. Dezember 2017 gab der Angeklagte dagegen zu. Und auch schon vorher war er strafrechtlich in Erscheinung getreten: Wegen Diebstahl, Betrug oder Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz wurde er bereits verurteilt, seit dem vergangenen Jahr saß er erneut in Haft, weil er innerhalb seiner Bewährungszeit straffällig wurde. Bereits vor der heutigen Verhandlung hatte er darum eine Freiheitsstrafe von insgesamt 13 Monaten abzusitzen.   

In Haft, so berichtete sein Verteidiger, habe sein Mandant jedoch eine Entgiftung – einen sogenannten kalten Drogenentzug – über sich ergehen lassen und sei seitdem 'clean'. „Zehn Jahre war ich süchtig und habe ein Leben geführt, dass ich niemandem gönne. Ich will, dass damit Schluss ist“, versicherte der Angeklagte, der allen gängigen Klischees eines Drogensüchtigen entsprach: Von sogenannten „weichen“ Drogen war er an immer härtere geraten und zuletzt heroinabhängig. Seine Ausbildung hatte er abgebrochen, zuletzt war er arbeitslos. Damit, so der Angeklagte, solle nun Schluss sein. Darum beantragte er bereits vor der Verhandlung und aus der Haft heraus, seine Strafvollstreckung gegen eine therapeutische Behandlung zu ersetzen. Diesem Antrag kann nach Paragraf 35 des Betäubungsmittelgesetztes dann stattgegeben werden, wenn der Betroffene zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 24 Monaten verurteil wurde und feststeht, dass er seine Taten aufgrund seiner Sucht begangenen hat.  

Diese Chance wollte ihm auch die Staatsanwaltschaft nicht verwehren und beantragte eine Freiheitsstrafe von elf Monaten, die zwar nicht mehr zur Bewährung auszusetzen sei, gemeinsam mit den bereits „angesammelten“ 13 Monaten aber unter einer Gesamtstrafe von 24 Monaten blieb. Außerdem stellte die Staatsanwältin fest, dass alle Taten aufgrund der starken Drogenabhängigkeit begangen wurden, und rechnete dem Angeklagten an, dass er geständig war.

Richter Ulrich Neef und die beiden Schöffinnen folgten mit ihrem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. So klickten nach der Verhandlung zwar direkt wieder die Handschellen und für den Bergneustädter ging es zurück in die Justizvollzugsanstalt - das Gericht gab ihm aber die Chance, seine Freiheitsstrafe gegen eine Therapie zu ersetzen und somit die Möglichkeit zu einem drogenfreien Leben. Sollte die Therapie nicht erfolgreich abgeschlossen werden, erklärte Verteidiger Kuhl, ginge es für seinen Mandanten jedoch direkt zurück in Haft.    
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