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Quo vadis, Rüstzeitheim?

ls; 6. Apr 2018, 16:15 Uhr
Bild: Martin Hütt ---Wie das ehemalige Rüstzeitheim in Marienheide künftig genutzt wird, ist weiter offen.
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Quo vadis, Rüstzeitheim?

ls; 6. Apr 2018, 16:15 Uhr
Marienheide – In einer außerordentlichen Sitzung hat der Rat gestern Abend die künftigen Nutzungsmöglichkeiten des ehemaligen Rüstzeitheimes in Marienheide geändert – Sorge um den Schulstandort Marienheide.
Von Leif Schmittgen

Quo vadis, Rüstzeitheim? Schule oder Gemeindezentrum? Diese Frage ist seit gestern Abend offener denn je. Nachdem im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass die Evangelische Kirche (EKD) als Eigentümer das Gebäude an der Scharder Straße veräußern möchte, hatte der Trägerverein der Freien Christlichen Bekenntnisschulen (FCGB) mit Hauptsitz in Gummersbach, ein Kaufangebot an die Kirche gerichtet und eine Bauvoranfrage beim Oberbergischen Kreis gestellt. Der Bebauungsplan sah in seiner ursprünglichen Fassung aus den frühen 1980er Jahren Zweckbestimmung mit dem zusätzlichen Planzeichen „Schule“ vor.

Der Rat der Gemeinde hat nun gestern Abend den ursprünglichen Bebauungsplan durch Mehrheitsbeschluss mit 16 Ja und drei Neinstimmen bei drei Enthaltungen gekippt. Weil, so wird weithin gemutmaßt - um Konkurrenz für die bestehenden Grundschulen in Marienheide und Müllenbach fernzuhalten. Außerdem wurde eine „Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des auszustellenden Bebauungsplan Nr. 92“ erlassen (19 Ja, eine Gegenstimme und drei Enthaltungen). Eine Veränderungssperre besagt, dass Bauvorhaben nicht durchgeführt- und bauliche Anlagen nicht verändert werden dürfen.

 

Damit hat der Rat die künftige Nutzung des Grundstückes soweit eingeschränkt, dass das Gebäude nun ausschließlich als Gemeindehaus und für Altenwohnungen genutzt werden kann. Das würde die Türe für eine künftige Nutzung durch die Evangeliums-Gemeinde Marienheide öffnen, die der Kirche ebenfalls ein Kaufangebot unterbreitet hatte, das Rüstzeitheim künftig als Gemeindehaus zu nutzen - und dort zusätzlich Wohnungen für Pflegebedürftige einzurichten. Hintergrund der eilig einberufenen Ratssitzung war, dass man ohne Verzug handeln musste.

Denn sollte innerhalb von zwei Monaten auf den von der FCGB gestellten Bauantrag keine Antwort seitens der Kreisbaubehörde kommen, dieser als genehmigt gelten würde. Im Februar war der erste und Mitte März ein von Seiten der FCGB nachgebesserter Antrag gestellt worden. Nach dem nun legitimen Einspruch der Gemeinde kann der Kreis seinerseits reagieren und die Bauvoranfrage voraussichtlich zunächst ablehnen.

Dem gestrigen Entscheid war eine fraktionsübergreifende Diskussion der Ratsmitglieder vorausgegangen. Der stellvertretende Bürgermeister Timo Fuchs (CDU) hatte das Vorgehen der Gemeinde zum Beispiel als „unehrlich“ beschrieben und stimmte deswegen, anders als die übrigen CDU-Ratsmitglieder, gegen den Antrag. Außerdem habe man vorher kaum – zumindest im öffentlichen Teil der Sitzungen – über das Thema gesprochen.  Persönlich sehe er das Vorhaben als „Bereicherung der Schullandlandschaft“.

Von Unehrlichkeit wollte der FCGB-Geschäftsführer Viktor Pritzkau, der während der Sitzung mit weiteren Vertretern der Schule und des Trägervereins im Publikum verweilte, nicht sprechen. Er zeigte sogar Verständnis für das Vorgehen des Gemeinderates, der aus seiner Sicht Angst habe, dass durch eine weitere Grundschule in Marienheide, die Schülerzahlen der öffentlichen Schulen sinken könnten. Diese Sorge sei aber aus Pritzkaus Sicht unbegründet: „Wir wollen unseren Kunden aus dem Nordkreis räumlich entgegenkommen“, meinte er. Denn der Grundschulstandort in Gummersbach-Peisel platze aus allen Nähten und viele Schüler hätten einen weiten Anreiseweg zur dortigen Schule.

Bürgermeister Stefan Meisenberg hatte während der Sitzung betont, dass es dem Rat darum eben nicht gehe: „Wir wollen die Möglichkeit erhalten, bei den Verkaufsgesprächen weiterhin einen Fuß in der Türe zu haben“, sagte er.  Außerdem sei der Beschluss nach Ansicht der meisten Ratsmitglieder auch aus städtebaulicher Sicht notwendig, da in unmittelbarer Nähe des Geländes in den vergangenen Jahrzehnten etliche Wohnhäuser gebaut worden seien.

Doch was sagt eigentlich der derzeitige Eigentümer: Detlev Fey, Referatsleiter für Arbeitsrecht und Organisationsberatung bei der Zentrale der Evangelischen Kirche in Hannover meinte, das „bisher nur ein ernstzunehmendes Angebot vorliegt“. Er bestätigte, dass man unter anderem auch eine Kaufanfrage der Evangeliums-Gemeinde eingegangen, man hier aber nicht in weitere Gespräche eingestiegen sei: „Das Angebot lag deutlich unter unseren preislichen Vorstellungen“, sagte er. Ein Makler hatte das Objekt für 1,5 Millionen Euro angeboten. Deswegen sei nach derzeitigem Stand das FCGB-Angebot das einzig ernstzunehmende. „Wir stehen auch anderen möglichen Interessenten offen und auch der Preis ist verhandelbar“, meinte Fey.

Ihm sei außerdem wichtig, dass das Areal kirchennah verwendet werde, das Kaufpreisangebot müsse aber realistisch sein. Fey: „Ein Spielcasino wollen wir dort nicht sehen“. Ob und wie es nun weitergeht mit dem ehemaligen Rüstzeitheim, wollte Fey nicht mutmaßen. „Wir werden uns juristisch beraten lassen, welche Optionen wir nun haben. Denn wir möchten die Immobilie möglichst zeitnah veräußern“, sagte Fey.

Natürlich sei man jederzeit zu Gesprächen mit der Gemeinde bereit, aber auch für andere Kaufinteressenten sei die Tür offen. Das Gespräch mit der Gemeinde wollen auch die FCGB-Vertreter weiterführen. „Wir möchten weiterhin an den Standort“, betonte Pritzkau. Sollte man den Zuschlag nicht bekommen, werde man sich nach Alternativen umsehen, eine erneute Nutzungsänderung des Geländes, könne laut Pritzkau theoretisch ja vom Gemeinderat beschlossen werden. 
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