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Traum von der Sensation hielt nur bis zur Pause

pn; 11. Mar 2018, 15:15 Uhr
Arvhivbild: Auch ein starker Simon Ernst konnte die fehlende Breite im Kader nach dem Seitenwechsel nicht mehr übertünchen.
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Traum von der Sensation hielt nur bis zur Pause

pn; 11. Mar 2018, 15:15 Uhr
Gummersbach - Trotz eines überragenden Simon Ernst und einer starken ersten Hälfte wird der VfL Gummersbach in Berlin nach der Pause überrannt - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm


Füchse Berlin – VfL Gummersbach 31:24 (11:14).


Die Enttäuschung stand den VfL-Profis nach dem Schlusspfiff ins Gesicht geschrieben. Nach einer geradezu exquisiten ersten Hälfte durften die Oberberger zur Pause noch von einer Wiederholung der letztjährigen Sensation träumen, erneut die Berliner Max-Schmeling-Halle zu stürmen. Umso konsternierter wirkten die Mienen nach dem Schlusspfiff des souveränen Schiedsrichtergespanns. Denn dem Galaauftritt vor dem Seitenwechsel folgte das genaue Gegenteil im zweiten Durchgang. Auch der künftige Berliner und aktuelle Gummersbacher Hoffnungsträger im Abstiegskampf Simon Ernst fand nach dem Schlusspfiff noch keine echte Erklärung für den Leistungseinbruch. „Wir haben Florian Baumgärtner und Eirik Köpp keine Räume mehr verschafft, aber trotzdem darf uns das nicht passieren, dass wir so undiszipliniert auftreten“, meinte der Spielmacher gegenüber Sky.



Am Nationalspieler lag es noch am Wenigsten, dass der VfL mit leeren Händen aus der Hauptstadt abreisen musste. Während Berlin das bittere Pokalaus vom Mittwoch in den Beinen und Köpfen steckte, führte Ernst im ersten Durchgang klug Regie, bestimmte stets das Tempo der Gummersbacher Offensive und hatte mit Eirik Köpp zudem einen dankbaren Abnehmer seiner Spielzüge. Der Norweger setzte mit drei Treffern in Folge die Akzente in der Anfangsphase der Partie, die über 3:3 (10.) zunächst noch recht ausgeglichen verlief. Die gut gestaffelte VfL-Defensive hatte mit Carsten Lichtlein nicht nur einen sicheren Rückhalt, sondern nahm mit Ausnahme von Steffen Fäth Berlins starken Rückraum auch weitestgehend aus der Partie.


Auf Köpps vierten Treffer zum 6:6 (16.) folgten zwei Lichtlein-Paraden, die Ernst gedankenschnell zu zwei Gegenstoßtoren ummünzte. Ein wütender Füchse-Coach Velimir Petkovic raunte seine Spieler in der darauffolgenden Auszeit nicht ganz zu Unrecht an: „Die machen mit uns, was sie wollen.“ Denn die Oberberger hatten mittlerweile Lunte gerochen, zumal sich Carsten Lichtlein immer weiter in das Spiel hineinfraß und Berlins Siebenmeterspezialisten Hans Lindberg gleich zwei Mal entzauberte. Die Gäste verschleppten weiter geschickt das Tempo und verteidigten ihren knappen Vorsprung bis zum 10:11 (26.). Den Schlusspunkt unter eine aus VfL-Sicht überragende erste Hälfte setzte Marvin Sommer mit einem frechen Siebenmeter-Heber über Silvio Heinevetter zum 11:14.


Doch das vermeintlich getankte Selbstvertrauen schienen die Kreisstädter in der Halbzeitkabine vergessen zu haben. War der Pass von Simon Ernst auf Kreisläufer Simon Preuss zum 12:15 (32.) noch zum Zunge schnalzen, leitete die Zeitstrafe gegen Marvin Sommer (35.) das Gummersbacher Unheil ein. Ein völlig unvorbereiteter Wurf von Florian Baumgärtner, eine weitere Parade des immer stärker werdenden Silvio Heinevetter (18 Paraden) sowie das deutlich angezogene Berliner Umschaltspiel sorgten für den schnellen 17:17-Ausgleich (37.) durch Hans Lindberg. Eine Aufholjagd, die Spuren auf der angeschlagenen VfL-Seele hinterließ. Der Ton untereinander wurde rauer, das zuvor gepflegte Aufbauspiel dagegen immer überhasteter.


Gerade Florian Baumgärtner war völlig von der Rolle. Anstatt weiter Eirik Köpp zu suchen, gingen die meisten Abschlüsse nun über den Linkshänder. Seine Würfe entlockten Silvio Heinevetter aber nur ein müdes Lächeln. Sommer erzielte zwar noch den 19:19-Ausgleich (41.) per Siebenmeter, der Bruch im VfL-Spiel war aber längst unverkennbar. Fünf Treffer in Folge zum 24:19 (48.) sorgten für Resignation bei den Gästen, die mittlerweile druck- und weitestgehend hilflos agierten. VfL-Coach Denis Bathijarevic zog in der Schlussphase zwar noch einmal alle taktischen Möglichkeiten, stellte Ernst auf Halblinks, brachte Erwin Feuchtmann für Köpp und zog zudem den Torhüter-Joker mit Matthias Puhle, Berlin ließ sich aber längst nicht mehr aus dem Konzept bringen. Baumgärtner erlöste er allerdings erst in den letzten Minuten durch den keineswegs gefährlicheren Marko Matic.


Über 28:20 (54.) war der Berliner Erfolg nur noch eine Frage der Höhe. Eine plausible Erklärung fand Ernst nach dem Spiel dann aber doch noch. „Die fehlende Breite im Kader trifft es ganz gut“, hatte der Spielmacher mit dieser Aussage den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn während Berlin auf Schwächephasen reagieren konnte, musste Batijarevic seine Leistungsträger quasi durchspielen lassen. Bereits am Donnerstag geht es für die Oberberger weiter, wenn das nächste schwere Auswärtsspiel beim großen Titelfavoriten aus Mannheim, den Rhein Neckar Löwen, auf dem Programm steht.


Berlin: Hans Lindberg (9/2), Steffen Fäth (8), Fabian Wiede (5), Mattias Zachrisson (3), Bjarki Elisson (2/1), Johan Koch, Marko Kopljar, Kevin Struck, Oliver Milde (je 1).


Gummersbach: Eirik Köpp (7), Simon Ernst (7/1), Marvin Sommer (4/2), Moritz Preuss (2), Tobias Schröter, Florian Baumgärtner, Alexander Becker (je 1), Florian von Gruchalla (1/1).


Siebenmeter
5/3 – 6/4 (Lindberg scheiter 2x an Lichtlein – von Gruchalla und Sommer scheitern an Heinevetter).


Zeitstrafen
2:8 Minuten (Elisson – 2x Preuss, Sommer, Becker).


Zuschauer
6122.


Schiedsrichter
Michael Kilp / Christoph Maier.


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