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Damit die rechte Gruppe nicht zur Ersatzfamilie wird

Red; 24. Nov 2017, 13:06 Uhr
Bild: OBK --- Jens Schierling vom Jugendamt der Stadt Wiehl erprobt die motivierende Gesprächsführung mit einer Teilnehmerin.
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Damit die rechte Gruppe nicht zur Ersatzfamilie wird

Red; 24. Nov 2017, 13:06 Uhr
Oberberg - Das Kreisjugendamt und das Jugendamt Wiehl vermittelten pädagogischen Fachkräften, wie sie Veränderungsimpulse bei rechtsorientierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen setzen können.
Wenn Jugendliche eine rechte Gesinnung entwickeln, sollten neben Familien und Freunden auch die pädagogischen Fachkräfte in Schule und im Freizeitbereich reagieren. Heike Haude vom Kreisjugendamt Oberbergischer Kreis und Jens Schierling vom Jugendamt der Stadt Wiehl haben kürzlich eine dreitägige Fortbildung organisiert, um Lehrkräfte, Streetworker und weitere Mitarbeitende der Jugendsozialarbeit fit für den Umgang mit rechtsorientierten Jugendlichen zu machen. „Aufgabe der Pädagogen ist es, frühzeitig professionell auf die Jugendlichen zuzugehen, um einem tieferen Einstieg in die Szene vorzubeugen“, so Haude.



Im CVJM-Jugendheim Oberwiehl vermittelten Haude und Schierling Bausteine des Konzepts „Veränderungsimpulse setzen bei rechtsorientierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ – kurz VIR. „Mit Gesprächen auf Augenhöhe möchten wir einen Veränderungsprozess bei den Jugendlichen anstoßen, ohne belehrend zu wirken. So können sie ihre Orientierung selbst reflektieren und Alternativen ergreifen“, erklärten sie den Grundgedanken von VIR. Bei dieser motivierenden Gesprächsführung gäbe es keine Musterlösung, die Situation der Jugendlichen müsse immer individuell beurteilt werden. Kenntnisse über die Formen von Rassismus und Rechtsextremismus seien bei der Einschätzung aber hilfreich. Wissen dazu vermittelte die Fortbildung der Jugendämter ebenso wie Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen.

Die Schilderungen von zwei Aussteigern aus der rechtsextremen Szene wirkten besonders eindrücklich auf die Seminarteilnehmen. Als Referenten eines Aussteigerprogrammes berichteten sie von ihren persönlichen Erfahrungen und machten damit deutlich, wie individuell die Geschichte hinter dem Einstieg in die rechte Orientierung ist. „Die Szene ist für Jugendliche attraktiv, weil die Gruppenzugehörigkeit ihnen ein Elitegefühl gibt“, nannte Thomas Schirmer, Koordinator des Aussteigerprogrammes „Spurwechsel“, einen der Beweggründe. Er tritt ebenso wie Organisatoren der VIR-Fortbildung dafür ein, möglichst früh auf die Jugendlichen einzuwirken: „Dann hat sich das Weltbild noch nicht geschlossen und wir haben die Möglichkeit, Widersprüche aufzuzeigen und die rechte Gruppe als Ersatzfamilie in Frage zu stellen.“
  
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