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Autoren setzten Zeichen für Vielfalt

vma; 16. Oct 2017, 09:15 Uhr
Bilder: Vera Marzinski, Michael Kleinjung (Galeriebilder 13 bis 22) --- Vielfalt hörten die Gäste im Ratssaal bei „siebenundachtzig prozent“ – Melanie Raabe (li.), Buchhändler Mike Altwicker (re.) und Moderatorin Antje Deistler begleiteten Gäste und Autoren durch den Marathon.
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Autoren setzten Zeichen für Vielfalt

vma; 16. Oct 2017, 09:15 Uhr
Wiehl - Lesemarathon im Ratssaal als weiterer Kontrapunkt zum abgesagten AfD-Landesparteitag - Auch im Wiehltalstadion fand am Sonntag eine Gegenveranstaltung statt.
Von 11 bis 21 Uhr fanden am Sonntag unter dem Motto „wir sind siebenundachtzig prozent – NRW ist vielseitig“ Lesungen und Musikvorträge im Wiehler Ratssaal statt. „Wir haben nur eine einzige Absage“, konnte Buchhändler Mike Altwicker von „Hansen & Kröger“ zu Beginn der Veranstaltung verkünden. Der Lese- beziehungsweise Kulturmarathon sollte nicht gegen die AfD richten, sondern für die Vielfalt, Offenheit und Toleranz in Nordrhein-Westfalen stehen. Gemeinsam mit Bestseller-Autorin Melanie Raabe initiierte Altwicker den Marathon.


[Alle teilnehmenden Autoren unterzeichneten auf dem Aufsteller im Ratssaal.]

Leon Sachs las aus seinem Buch „Eleven“ – er hat als Künstlernamen den Namen seines Großvaters gewählt, der im Gegensatz zu Dietrich Bonhoeffer das KZ überlebte. Moderatorin Janine Steeger fühlt sich mit dem Oberbergischen sehr verbunden. Sie stammt aus Ründeroth und trug Passagen aus Magret Atwoods „Der Report der Magd“ vor – die Autorin erhielt bei der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Eine Migrantengeschichte aus seiner Zeit als Berufsschulpfarrer präsentierte Michael Höhn und es folgten noch viele Autoren, die kurze Einblicke in ihre Werke gaben. Moderatorin Antje Deistler hatte zudem noch O-Töne eingefangen. Zum einen von Donna Leon und sogar von Salman Rushdie, dessen aktuelles Buch sich mit Rechtspopulismus beschäftigt.

Melanie Raabe, die selbst aus ihrem Buch „Die Wahrheit“ las, hatte direkt, als sie hörte, dass der Landesparteitag in Wiehl stattfinden solle, den Gedanken: „Wir müssen uns positionieren“ und rief Altwicker an. Der griff die Idee sofort auf und stürzte sich in einen Telefonmarathon. „Ich hatte das Gefühl, offene Türen einzurennen“, berichtete er.



[Melanie Raabe (li.) – hier mit Moderatorin Antje Deistler (re.) - hatte die Idee zum Lesemarathon und las auch aus ihrem aktuellen Bestseller.]

Peter Lohmeyer und Dietmar Bär wären auch gerne gekommen, konnten aus Termingründen nicht. Aber alle (bis auf einen), die zugesagt hatten, als der Landesparteitag noch stattfinden sollte, kamen auch nach der Absage. Bewusst war auf einen Büchertisch verzichtet worden. Und immer kamen vor oder nach den einzelnen Lesungen von den Autoren auch Aussagen zur Vielfalt und Toleranz sowie zu dem Wahlergebnis und ihre Standpunkte dazu.

Abschließend zitierte Altwicker das Gedicht „Kinderhymne“ von Berthold Brecht, das mit den Worten „Und weil wir dies Land verbessern, lieben und beschirmen wir's. Und das Liebste mag's uns scheinen, so wie andern Völkern ihrs“ endet.

Nach den Kundgebungen am Samstag (siehe Bericht) hatten verschiedene Organisation am Sonntagmittag zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen. Einer der Redner war Jürgen Knabe, Superintendent des Kirchenkreises An der Agger (Bild). In seiner Rede erklärte er: „Dieses Wochenende und der heutige Tag sind ein Bekenntnis, ein Bekenntnis zu Vielfalt und Offenheit, zu Respekt und Toleranz und ein Bekenntnis zur Wahrung der Würde des Menschen. Dieses Wochenende und dieser heutige Tag sind auch Zeichen und Beweise von Mut und Zivilcourage, von gelebter Demokratie und der Freiheit der Meinungsäußerung.“   

Knabe rief zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit der AfD auf. „Ich trete ein für einen respektvollen, aber sehr klaren und entschiedenen Umgang mit den AfD-Wählern und ihren Repräsentanten. Wir dürfen unsere Gesellschaft nicht den ausgrenzenden Angstmachern überlassen.“
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