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Nur ein Wolkenkuckucksheim

bv; 27. Sep 2017, 13:38 Uhr
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Nur ein Wolkenkuckucksheim

bv; 27. Sep 2017, 13:38 Uhr
Gummersbach – Nach der Umfrage zu einem Theaterneubau in Gummersbach wollen sich Rat und Verwaltung Zeit erkaufen.
Wer sich in diesen Zeiten für mehr Bürgerbeteiligung bei Entscheidungsprozessen einsetzt, darf sich des Applauses sicher sein. Dabei ist allerdings nicht immer klar, ob der Ruf nach der Abstimmungsmacht der Bürger tatsächlich ernst gemeint, oder aber eher taktischer Natur ist. Jedenfalls – so der aktuelle Eindruck – sollen die Bürger in der Kreisstadt irgendwann nach dem Jahr 2020 darüber befinden, ob denn Gummersbach ein neues Theater auf dem Steinmüllergelände bekommt, oder eben nicht. Bis zum Jahr 2022 hat die Stadt aufgrund ihrer Finanzlage noch enge finanzielle Grenzen zu beachten, danach ist man freier – zumindest auf dem Papier. Die Wahrheit ist: Auch in der Zeit nach 2022 werden Haushalte in Gummersbach auf Kante genäht sein, der Schuldenberg ist gigantisch. Und bis vor kurzem wurde der Bürgermeister nicht müde zu betonen, dass der Schuldenabbau Priorität genieße.


Im Auftrag der Stadt hat jetzt die TH Köln in einer repräsentativen Umfrage ermittelt, dass ein Großteil der Bürger ein Theater auf dem Steinmüllergelände befürworten und dafür sogar bei Eintrittskarten tiefer in die eigene Tasche greifen würde. Es wurden viele Fragen gestellt, nur eben eine nicht: Wer soll das eigentlich bezahlen? Nur zur Erinnerung: Eine Machbarkeitsstudie hatte festgestellt, dass der Finanzbedarf für einen Kulturtempel fast 30 Millionen Euro und in der Folge fast zwei Millionen Euro an jährlichen Unterhaltskosten betragen würde. Soll die Stadt für ein Theater dermaßen viel Geld ausgeben, das über Jahre hinweg sämtliche übrigen Investitionen unmöglich macht? Sollen wichtige soziale und gesellschaftliche Aufgaben auf der Strecke bleiben, damit in einem Stadttheater rauschende Ballnächte gefeiert werden können?

Leider ist die gesamte Diskussion emotionsbeladen. Allzu oft wird der kulturelle Niedergang einer Stadt an die Wand gemalt, wenn das alte Stadttheater 2018 wegen Baufälligkeit schließt. Doch das muss nicht sein. Mit Kreativität und Ideen gibt es auch neue kulturelle Chancen – wenn man das will. Natürlich wäre ein neues Stadttheater wünschenswert, aber machbar ist das auf absehbare Zeit nicht, solange nicht Gönner einen zweistelligen Millionenbetrag auf den Tisch legen. Mit dem Vorrats-Beschluss des Rates der Stadt, ein mögliches Grundstück für Jahre zu reservieren, um einen Ratsbürgerentscheid abzuwarten, baut man kein Theater, aber ein Wolkenkuckucksheim, das mit der Realität nichts zu tun hat.
  
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