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Jubel, Tränen und Jamaika-Pläne

db; 25. Sep 2017, 07:50 Uhr
Bilder und Video: Michael Kleinjung --- Dr. Carsten Brodesser ist der neue Bundestagsabgeordnete für Oberberg.
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Jubel, Tränen und Jamaika-Pläne

db; 25. Sep 2017, 07:50 Uhr
Oberberg – Carsten Brodesser gewinnt das Direktmandat für die CDU, während Michaela Engelmeier (SPD) nicht mehr im Bundestag vertreten sein wird – Reaktionen zur Wahl aus dem Kreishaus (AKTUALISIERT, MIT VIDEO).
Die wichtigsten Fakten zu Beginn: Die Wähler im Oberbergische Kreis haben Dr. Carsten Brodesser von der CDU zum Nachfolger von Klaus-Peter Flosbach als Bundestagsabgeordneten bestimmt. Brodesser konnte sich mit rund 44 Prozent gegen Michaela Engelmeier (SPD) mit rund 28 Prozent durchsetzen. Engelmeier wird nicht mehr in Berlin vetrtreten sein. Die ersten 15 Bewerber der NRW-Landesliste schafften den Sprung ins neue Parlament, sie war auf Platz 20 positioniert. Die drittmeisten Erststimmen gingen an den AfD-Kandidaten Stefan Zühlke. Anders sah es bei den Zweitstimmen aus, bei denen die FDP drittstärkste Kraft im Oberbergischen wurde. CDU und SPD konnten leicht bessere Ergebnisse im Kreis einfahren als auf Bundesebene.




[Michaela Engelmeier nahm der Wahlabend aus mehreren Gründen emotional mit.]

Brodesser, der sich in Begleitung von Familie, Freunden und Mitstreitern im Kreishaus feiern ließ, wird schon übermorgen zur ersten Sitzung nach Berlin reisen. „Es kommt jetzt viel Arbeit auf mich zu, aber ich freue mich darauf“, sagte Brodesser. Im Gepäck als Ziele für den Oberbergischen Kreis hat er vor allem die Digitalisierung, die Sicherung von Arbeitsplätzen, Stärkung des Mittelstands und eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Michaela Engelmeier sagte, sie sei „erschüttert“ über das Wahlergebnis der SPD, besonders aber über das Abschneiden der AfD. „Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie.“ Zwischenzeitlich trieb es der leidenschaftlichen Politikerin sogar die Tränen in die Augen. „Für mich persönlich ist es ein trauriger Abend, aber mein Kämpferherz schlägt weiter“, kündigte sie an. Ohne Mandat werde sie in ihren alten Job zurückkehren, aber weiterhin politisch aktiv bleiben.

Als die erste Prognose um 18 Uhr auf der Leinwand im Kreishaus erschien, schwiegen die Anwesenden bei fast allen Balken. Einzig die FDPler applaudierten, als das eigene Ergebnis aufblinkte. Direktkandidat Jörg Kloppenburg, der nach der Posse um eine fehlende Unterschrift keine Chance auf ein Bundestagsmandat über die Landesliste hatte, war erfreut über das sehr gute Abschneiden seiner Partei. „Wir haben zwei Ziele erreicht: Wir wollten zurück in den Bundestag und wir wollten hier im Kreis drittstärkste Partei werden“, sagte Kloppenburg. Freude über das gute Wahlergebnis auch bei Michael Braun von den Grünen. „Die Grünen werden mit großer Wahrscheinlichkeit an der nächsten Regierung beteiligt sein“, sagte Braun über die derzeit wohl einzig realistische Konstellation – die Jamaika-Koalition.

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Ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen begrüßte Braun grundsätzlich, „aber nicht um jeden Preis“, wie er sagte. „Es wird entscheidend sein, dass wir im Koalitionsvertrag unsere Grünen-Positionen wiederfinden.“ In den Bereichen Breitbandausbau oder Bildung gebe es große Schnittmengen zwischen FDP und Grünen. Ganz so euphorisch sah es Jörg Kloppenburg nicht. „Mir fehlt die Fantasie, wie wir da klarkommen.“

Das Verhältnis zwischen FDP-Chef Christian Lindner und Grünen-Chef Cem Özdemir sei gut, es gebe aber erhebliche inhaltliche Unterschiede. Die – Stand jetzt – Absage der SPD an eine erneute große Koalition begrüßten Engelmeier und Brodesser unisono. Brodesser sagte, dass sich nun auch die Union trotz Berührungsängsten mit den Grünen „ein Stück bewegen“ müsse. „Es ist der klare Wählerwille.“


[Diyar Agu (2.v.l., Linke) im Kreise von Familie und Freunden.]

Ein Sieger, der sich ohne Gratulanten alleine freuen musste, war die AfD – vertreten durch den stellvertretenden Kreissprecher Bernd Rummler. Die Partei werde nun den „großen Auftrag“ wahrnehmen, den sie von den Bürgern bekommen habe. „Fragen stellen, die Regierungsarbeit hinterfragen und Verbesserungsvorschläge einbringen.“ Die AfD werde sich als Oppositionspartei um die Sorgen der Bürger kümmern, sagte Rummler. „Das ist nicht rechte Politik und auch nicht linke Politik.“

Bleibt noch Diyar Agu. Der 18-jährige Schüler hatte sich für die Linke ins Abenteuer Wahlkampf begeben und blickt zufrieden auf die zurückliegenden Wochen und sein Ergebnis. „Ich wollte junge Menschen wieder für Politik begeistern“, sagte Agu, der nun erst einmal studieren möchte, aber weiterhin auch politisch aktiv sein wird.


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