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Staatsanwaltschaft fordert mehrjährige Haftstrafen

pn; 28. Jun 2017, 18:34 Uhr
Bild: Peter Notbohm ---- Die Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafen für das Waldbröler Prügel-Quartett.
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Staatsanwaltschaft fordert mehrjährige Haftstrafen

pn; 28. Jun 2017, 18:34 Uhr
Waldbröl/Bonn – Das Quartett, das im vergangenen Jahr einen Waldbröler Familienvater erschlagen hat, soll wegen Körperverletzung mit Todesfolge im Gefängnis verbleiben.
Von Peter Notbohm


Der Prozess um den 40-jährigen Familienvater, der im vergangenen September von einem Quartett vor einem Waldbröler Getränkemarkt zu Tode geprügelt worden ist, steht kurz vor dem Abschluss. Doch ehe die Parteien am siebten Prozesstag ihre Plädoyers vortragen sollten, wurde die zuständige Kammer am Bonner Landgericht noch von einem Antrag der Nebenklage überrascht. Die Anwältin der Ehefrau des verstorbenen Opfers sah die endgültige Todesursache nicht genügend untersucht und stellte einen Antrag auf Vernehmung eines weiteren medizinischen Experten, der klären sollte, ob auch die behandelnden Ärzte Fehler begangen hätten. Eine eventuell lebensrettende MRT-Untersuchung habe niemals stattgefunden und auf den vollzogenen CT-Untersuchungen habe man die inneren Blutungen im Kopf nicht erkennen können, führte sie aus.


Recht dankbar für diesen Antrag sprangen auch die Rechtsanwälte der vier Angeklagten auf diesen Zug mit auf. Doch während die Nebenklage mit diesem Antrag vor allem mögliche weitergehende Schadensersatzansprüche für die Hinterbliebenen prüfen lassen wollte, ging es den Verteidigern darum, die Schuld ihrer Mandanten abmildern zu können. Ein ärztliches Mitverschulden müsse unbedingt geklärt werden und „das bestehende Aufklärungsdefizit beseitigt werden“, meinten die Anwälte. Der Vorsitzende Richter lehnte den Antrag allerdings auch nach mehreren Unterbrechungen und Besprechungen ab und forderte stattdessen nach dem Bericht der Jugendgerichtshilfe, die bei zwei der vier Täter das Jugendstrafrecht empfahl, die Plädoyers ein.


Die Staatsanwaltschaft sah es bei ihrem etwa einstündigen Monolog als erwiesen an, dass Peter Z., Bastian D., Anton B. und Max Z. (alle Namen geändert) am ersten September des vergangenen Jahres sich zunächst gemeinsam in geselliger Runde betrunken haben. Aus einer fixen Idee heraus, habe man Flüchtlinge aufmischen wollen und sei zu diesem Zweck aufgebrochen. Eher zufällig sei man auf das spätere Opfer getroffen, mit dem man sich nach einer kurzen verbalen Streiterei in eine handfeste Prügelei begeben habe. Aufgrund der Geständnisse aller Angeklagten sowie der weiteren Zeugenaussagen sei die Tat zweifelsfrei nachgewiesen. Der ebenfalls betrunkene Familienvater sei mehrmals zu Boden gegangen, dort zudem zusammengetreten worden und schließlich nach einem finalen Schlag so hart auf dem Asphalt aufgeschlagen, dass er bewusstlos liegen blieb.


Nachdem das Opfer später mit dem Notarzt aber noch kommunizieren habe können, sei die Schwere der Verletzung zunächst nicht erkennbar gewesen. Der 40-Jährige war in das Waldbröler Krankenhaus gebracht worden und später noch nach Siegen verlegt worden, wo er schließlich einige Tage später an inneren Blutungen im Kopf verstarb. Laut Aussage eines medizinischen Gutachters wäre er aber auch beim sofortigen Erkennen der schwerwiegenden innerlichen Verletzungen nicht mehr zu retten gewesen. Einen Tötungsvorsatz nahm die Staatsanwältin nicht an, verwies dabei ausdrücklich auf den Fall Niklas und plädierte stattdessen auf eine gemeinschaftliche Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Teilnahme an einer Prügelei.


Im Rahmen der Strafzumessung legte die Staatsanwaltschaft dagegen unterschiedliche Kriterien an die vier Täter an. Peter Z., der wegen diverser Straßenverkehrsdelikte mehrfach vorbestraft ist und während des Prozesses auch aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, sei zwar der Initiator der Flüchtlingsjagd gewesen, habe sich im Rahmen der Prügelei mit dem ihm bekannten Opfer aber fast komplett herausgehalten. Er sei daher in einem minder schweren Fall zu drei Jahren zu verurteilen. Der 22-jährige Bastian D., der die Prügelei angezettelt habe, soll aus Sicht der Staatsanwaltschaft für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Anton B. und Max Z., die zur Tatzeit beide volljährig waren, das 21. Lebensjahr aber noch nicht vollendet hatten, sollen dagegen nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Für das Duo forderte die Staatsanwältin jeweils vier Jahre und acht Monate Haft: „Das ist eine Strafe, die ihnen Raum gibt, über ihre Tat nachzudenken, aber auch die Möglichkeit danach noch ein Leben zu führen.“


Zu Gunsten aller Angeklagten führte sie aus, dass diese allesamt geständig gewesen seien, an der Rekonstruktion der Tat aktiv mitgewirkt hätten und der Familienvater zudem stadtbekannt gewesen sei: „Das Opfer war kein einfacher Mensch. Er war alkoholisiert und auf Streit aus.“ Die Plädoyers der vier Rechtsanwälte folgen am Freitagmorgen. Das Urteil wird für Dienstagmittag erwartet.

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