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Kein Abstieg und keine Illusionen

bv; 28. May 2017, 12:14 Uhr
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Kein Abstieg und keine Illusionen

bv; 28. May 2017, 12:14 Uhr
Gummersbach - Trotz der aktuell misslichen Lage wird der VfL Gummersbach den Klassenerhalt schaffen, doch die kommenden Jahre dürften nicht viel leichter werden.
Wenn der gemeine VfL-Fan in der Endphase einer Saison verstärkt die Ergebnisse anderer Vereine in den Blick nimmt - ist wieder Abstiegskampf angesagt. 2013 reloaded sozusagen. Damals rettete der THW Kiel mit einem Sieg in Großwallstadt die ruhmreichen Oberberger am letzten Spieltag. Und jetzt? Kann man immer noch den Klassenerhalt selbst realisieren. Und das wird man auch schaffen, mit Hängen und Würgen, aber der VfL wird in der Beletage des deutsche Handballs bleiben. Nicht aufgrund eigener Kunst, sondern weil es tatsächlich Mannschaften gibt, die noch schlechter spielen. Was wird also von dieser Saison bleiben?


Vor allem die Erkenntnis, dass dem VfL 2017 ein echtes Team fehlt. Was man bräuchte, wäre ein Kollektiv mit klarer Hierarchie, mit Akteuren, die in den 60 Spielminuten vorangehen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit mitreißen und den Weg vorgeben. Dies ist nicht zu erkennen. Die meisten Spieler haben genug mit sich selbst zu tun, manche machen den Eindruck, als wären sie mit ihren Gedanken schon bei anderen Vereinen. Einige Abgänge sind sportlich gesehen ein Verlust, andere nicht. Julius Kühn läuft demnächst für Melsungen auf, die Tage von Simon Ernst beim VfL scheinen gezählt. Neue Spieler kommen, nötig wäre, wenn "Leader" verpflichtet würden.

Nach dieser Pannen-Saison wird das allgemeine Palaver und Geschwafel beginnen: Der Geschäftsführer ist schuld, der Ex-Trainer ist schuld, der Aufsichtsrat ist schuld an der derzeitigen Situation. Alles Unsinn. Frank Flatten hat tatsächlich mit einer Äußerung vor der Saison zu große Erwartungen geschürt, als er von der Annäherung an internationale Plätze sprach. Ansonsten ist der Manager in einem engen Finanzkorsett gefangen, das keine großen Sprünge zulässt. Noch immer zahlt der VfL für die Sünden der Vergangenheit. Die Seuchen-Saison vor der Tür von Coach Emir Kurtagic abzuladen, ist so unfair wie falsch. Sicher, auch er hat Fehler gemacht, musste allerdings mit einer Mannschaft klar kommen, die ihre Arbeit meistens nur unterdurchschnittlich erledigte. Der Trainerwechsel hat jedenfalls nichts gebracht.

Was bleibt? Der VfL wird auch künftig höchstens im Mittelfeld der Tabelle zuhause sein. Alles andere ist Illusion. Die Top-Drei: auf Dauer uneinholbar. Füchse Berlin, Magdeburg, Melsungen: um Längen enteilt. Leipzig und Erlangen: haben frischen Wind und finanzielle Mittel. Vielleicht reicht es also künftig für Platz zehn, für mehr nicht. Das ist die Wahrheit, die für manchen bitter klingt, die aber von allen Verantwortungsträgern, Sponsoren und Anhängern verstanden werden muss. Apropos: Der einzige Gewinner der Saison sind die Fans. Wie sie in die Arena geströmt sind, wie sie ihren Verein unterstützt haben, ist bemerkenswert. Und das trotz teils desaströser Leistungen. Darüber sollten die VfL-Spieler einmal nachdenken.  
  
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