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'Nur an die Blumen darf ich nicht ran'

bv; 14. Apr 2017, 09:00 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Klinikum-Oberberg-Chef Joachim Finklenburg freut sich auf den 'Unruhestand' und viele neue Herausforderungen.
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'Nur an die Blumen darf ich nicht ran'

bv; 14. Apr 2017, 09:00 Uhr
Gummersbach - Nur noch wenige Wochen, dann hat Joachim Finklenburg, Chef von 3.000 Beschäftigten des Klinikums Oberberg, sein Berufsleben hinter sich - Auf den Ungeduldigen warten viele Golfplätze rund um den Erdball und damit Demut - und Geduld.
Von Bernd Vorländer

Gegensätze ziehen sich an, so sagt zumindest der Volksmund. Bei Joachim Finklenburg schlagen jedoch zwei derart unterschiedliche Seelen in seiner Brust, dass der Außenstehende nicht recht glauben kann, dass so unterschiedliche Wesenszüge sich vereinen können. Hier der umtriebige und durchaus konfliktbereite Krankenhausmanager, der seine Überzeugungen und Vorstellungen resolut gegenüber Ärzten, Verbandsvertretern, Gewerkschaftsbossen und Politikern vertreten kann. Einer, der ordentlich austeilt und von sich sagt: "Meine größte Schwäche ist die Ungeduld." Das ist die eine Seite.

Die andere Facette erlebt man schon mal morgens ganz früh, kaum, dass es hell ist. Dann kann man in Gummersbach-Berghausen einen Mann beobachten, der versunken in seinem Spiel ist. Joachim Finklenburg ist passionierter Golfer. Für ihn ist dieser Sport begeisternd, fast schon so etwas wie ein Ur-Erlebnis. "Die Ruhe, die Natur, das bringt mich total runter", sagt der 65-Jährige, der das Spiel mit dem Schläger und dem Ball für sich entdeckt und schon zahlreiche Plätze in der ganzen Welt besucht hat. Aber wie passt das zusammen, sind doch gerade Geduld und eine gehörige Portion Demut gefragt, will man beim "Putten" erfolgreich sein? "Da bin ich ein anderer Mensch", sagt Finklenburg. Natürlich ärgert er sich, denn die Wahrheit auf dem Green korrespondiert nicht immer mit den eigenen Ansprüchen, aber diese "Schwäche" nimmt er sportlich.


Nach fast 50 Jahren Berufstätigkeit ist für ihn die Dienstfahrt zu Ende. Viele kennen ihn als Hauptgeschäftsführer des Klinikums Oberberg, Chef über 3.000 Beschäftigte. Hart, aber fair sei er, sagen Weggenossen. Er kann aber auch härter, nämlich als Tarif-Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber. Da war er immer sperrig, taktierte, trickste schon mal. "Aber am Ende konnten wir uns alle in die Augen schauen", blickt Finklenburg zufrieden zurück. Dabei war ihm die Krankenhaus-Karriere überhaupt nicht in die Wiege gelegt. Der junge Finklenburg hatte nur eines im Kopf: Fußball. Und er war gut beim Spiel mit dem runden Leder. So gut, dass er es als Torwart des VfR Wipperfürth bis zum Sichtungslehrgang der Jugend-Nationalmannschaft schaffte. Fortan war der Berufswunsch Fußball-Profi tief in seinem Kopf verankert. Doch es kam anders.

Ein alter Berufsschullehrer, der samstags einigen Schülern Nachhilfe gab, begeisterte Finklenburg für kaufmännisches Rechnen und Kalkulation. Der junge Mann schaffte die Prüfung nicht nur "mit links", sondern mit Prädikat, übernahm schon mit 23 Jahren das Personalressort bei den rheinischen Landeskliniken, bereits im jungen Alter von 30 Jahren die Geschäftsführung des früheren Lindlarer Krankenhauses, sieben Jahre später in gleicher Funktion die Leitung des Kreiskrankenhauses Gummersbach. Beide Häuser schrieben rote Zahlen - bis Finklenburg ihnen einen Gesundungsprozess verschrieb. Am 30. Juni endet für ihn das Berufsleben, dann wird er offiziell verabschiedet.

Dass er dann, wie er mit Nachdruck versichert, einfach von gesundheitspolitischen Themen lassen kann, ist schwer vorstellbar. Wenn man ihn mit diesen Themen konfrontiert, ist er innerhalb von Sekunden in seinem Element - und spricht Klartext. "Die ganzen gesundheitspolitischen Maßnahmen werden nicht für die Patienten, sondern vor allem für die Verbände gemacht", schimpft Finklenburg und plädiert dafür, sich zuallererst am Patientenwohl zu orientieren. Natürlich sei das deutsche Gesundheitssystem dem anderer Staaten überlegen, laboriere aber an bürokratischen Hemmnissen und zu vielen falschen Kompromissen. Es ist schon überraschend, wenn der Krankenhausmanager sagt: "Es gibt kein westliches Land, in dem Mitarbeiter so ausgebeutet werden wie an deutschen Krankenhäusern." Das habe er auch dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble kürzlich am Verhandlungstisch sagen müssen. So ist Joachim Finklenburg: In der Sache verbissen, aber auch sehr verbindlich. "Bei uns im Büro wird viel gelacht", versichert er.

Wenn er dem Berufsleben adieu sagt, bleibt auch die Chef-Attitüde in seinem Gummersbacher Büro zurück. "Meine Frau und meine Familie sagen dann, wo es lang geht", freut sich Finklenburg. Angekündigt wurde ihm, dass er künftig mit völlig neuen innerfamiliären Aufgaben konfrontiert werden dürfte. "Nur an die Blumen darf ich nicht ran", lacht der Mann, der bereits die Landeklappen eines Berufslebens ausgeklappt hat.
  
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