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Hilferuf der Offenen Ganztagsschulen

nh; 7. Apr 2017, 14:35 Uhr
Bilder: privat (1), Nild Hühn --- Die Offenen Ganztagsschulen im Primarbereich müssen erheblich besser gestellt werden als bisher.
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Hilferuf der Offenen Ganztagsschulen

nh; 7. Apr 2017, 14:35 Uhr
Oberberg - Durch eine Kampagne zur Sicherung der Offenen Ganztagsschulen (OGS) sollen einheitliche Standards geschaffen werden - Gefordert werden: mehr Personal, mehr Geld und angemessene Räume - Status quo sei ein Skandal.
Von Nils Hühn

Peter Rothausen redet sich beim Thema über die Offenen Ganztagsschulen (OGS) schnell in Rage. „Der Anspruch an die Offenen Ganztagsschulen ist riesengroߓ, weiß der Caritasdirektor, aber die Mittel, die zur Betreuung der Kinder zur Verfügung stehen, reichen nicht aus. Im Jahr 2003 ersetzten die Offenen Ganztagsschulen die Kinderhorte. Allerdings starteten sie nur auf Grundlage eines Erlasses. „Das sich in den 14 Jahren nichts geändert hat, ist ein Skandal“, meint Rothausen.

Gabriele Schmitz, Fachreferentin Tagesangebote für Kinder beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, springt ihm zur Seite: „Es gibt keine gesetzliche Grundlage.“ Und genau hier setzt die Landeskampagne zur Sicherung der Offenen Ganztagsschulen an, wie Martina Gilles von der Arbeiter Wohlfahrt und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege erklärt. „Wir wollen einheitliche und bessere Standards der OGS“, so Gilles. Statt des Erlasses soll es ein landeseinheitliches Gesetz geben, ähnlich wie im Kita-Bereich. Es soll einen Personalschlüssel geben, die Kindspauschalen erhöht und auch die räumliche Gestaltung inklusive neuer Mensabereiche verbessert werden. „Die Mittagssituation ist aktuell teilweise unwürdig“, findet Schmitz.


Als Leitspruch für die Kampagne wurde „Gute OGS darf keine Glückssache sein“ gewählt. „Derzeit ist es ein absolutes Durcheinander“, erklärt Rothausen, dass die Betreuung von Kommune zu Kommune unterschiedlich ausfällt. Mindestens 1.435 € stehen pro Kind im Jahr zu. 1.000 € kommen in diesem Fall vom Land, die weiteren 435 € sind der Pflichtanteil der Kommunen. In Oberberg stockt der Kreis die Summe weiter auf und einzelne Kommunen geben auch Extrageld. Im Schnitt stehen zwischen 2.000 € und 2.500 € pro Kind im Jahr zur Verfügung. Die Versorgung im Oberbergischen Kreis ist damit deutlich besser, als in anderen Landesteilen. Dennoch sind die Wohlfahrtsverbände auch hier nicht zufrieden. Mindestens 3.000 € müsste die Kindspauschale betragen.

Mit der Inklusion, großen Sprachproblemen und immer mehr Kindern aus der Jugendhilfe wird die Arbeit in den Offenen Ganztagsschulen immer komplexer. Auch der Bedarf ist von unter 25 Prozent auf über 50 Prozent gestiegen. Peter Rothausen geht daher so weit, sogar einen „gebundenen Ganztag“ zu fordern. Doch der Schritt zur gemeinsamen Kampagne sei der richtige Anfang. „Vielleicht haben wir zu lange gewartet“, gibt Rolf Braun vom Deutschen Roten Kreuz zu. „Denn seit der Einführung der Offenen Ganztagsschulen sind wir stehen geblieben“, findet er. „Zu Beginn herrschte Aufbruchsstimmung, aber jetzt stagniert die Entwicklung“, beklagt auch Thomas Ruffler von der Diakonie.


[Wollen gemeinsam eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Offenen Ganztagsschulen erreichen: (von links) Peter Rothausen (Caritas), Gabriele Schmitz (Paritätischer Wohlfahrtsverband), Martina Gilles (AWO), Thomas Ruffler (Diakonie) und Rolf Braun (DRK).]

Neben dem Positionspapier mit allen Forderungen zur Verbesserung der Gesamtsituation bei den Offenen Ganztagsschulen hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft auch eine Aktion einfallen lassen: Bis zum 12. Juli sollen die OGS-Kinder T-Shirts gestalten, auf denen ihre Wünsche und Vorstellungen für eine bessere OGS enthalten sind. „Wir werden diese T-Shirts an einer Wäscheleine um den Landtag herum befestigen“, erklärte Martina Gilles. So sollen dann Hunderte oder am besten Tausende bunte T-Shirts auf die Mangelverwaltung hinweisen. Dabei unterstrichen alle Wohlfahrtsverbände, dass ohne das überdurchschnittliche Engagement der Fachkräfte und Helfer die Missstände erst richtig zutage treten würden. „Hier wird der Mutterinstinkt ausgenutzt“, brachte es Peter Rothausen wieder einmal einprägsam auf den Punkt.
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