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Ohne Steuererhöhungen geht es nicht

nh; 30. Mar 2017, 11:55 Uhr
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Ohne Steuererhöhungen geht es nicht

nh; 30. Mar 2017, 11:55 Uhr
Waldbröl - Mehrheitlich hat der Rat eine kontinuierliche Steigerung von Grundsteuer B und Gewerbesteuer ab 2018 beschlossen - Ab 2022 droht für Grundstücksbesitzer die kalte Dusche.
Von Nils Hühn

Schon im Vorjahr riet Waldbröls Kämmerin Anja Brauer den Rats- und Verwaltungsmitgliedern, sich ein „dickes Fell“ als Arbeitskleidung anzulegen. Schließlich wies sie daraufhin, dass nur durch Steuererhöhungen und die Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) der Nothaushalt verhindert werde. Doch nicht bei allen Sparmaßnahmen bewies die Stadt Waldbröl Disziplin. Der Umzug der Realschule, Einsparungen beim Gartenhallenbad, Reduzierungen der Personal- und Schülerkosten sowie die Schließung der Heidberghalle (ab 2019) sollten zu enormen jährlichen Entlastungen führen. Doch weder der Schulumzug ist zum jetzigen Zeitpunkt beschlossen, noch wird das Hallenbad geschlossen. Auch sinken die Schülerzahlen nicht, womit eine Schließung der Heidberghalle auf der Kippe steht. Dennoch muss im Jahr 2022 eine schwarze Null im Haushalt dargestellt werden. Dabei wird die Stadt in diesem Jahr ein Defizit in Höhe von fünf Millionen erwirtschaften.

Um den angestrebten Haushaltsausgleich zu erreichen, wurde gestern wieder an der Steuerschraube gedreht. „Die Einsparpotentiale sind soweit ausgeschöpft, dass die verbleibenden marginalen Sparmöglichkeiten keine Alternative zu den Hebesatzerhöhungen darstellen“, erklärte CDU-Fraktionschef Andre Steiniger. In diesem Jahr sollen zwar wie geplant weder Grundsteuer B, noch Gewerbesteuer steigen, aber ab 2018 ist damit Schluss. Der Rat beschloss mit Stimmen der CDU, SPD und der Grünen, sowohl die Grundsteuer B als auch die Gewerbesteuer „moderat bis 2021 anzuheben“, wie Bernd Kronenberg, Fraktionsvorsitzender der SPD, den Antrag seiner Partei erläuterte.


Doch diese moderaten Erhöhungen werden nach jetzigem Stand nicht ausreichen, um einen ausgeglichenen Haushalt in 2022 zu erreichen. Daher springt die Grundsteuer B von 680 Prozent (2021) im darauffolgenden Jahr auf 925 Prozent. Eine mehr als kalte Dusche für alle Grundstücksbesitzer. Übrigens strebte man im vergangenen Jahr noch einen Steuersatz von 750 Prozent in 2022 an. Für die UWG-Fraktion kam die Entscheidung über die Hebesätze derweil verfrüht: „Sie hätte erst nach wichtigen, endgültigen Entscheidungen des IEHK entschieden werden müssen“, erklärte Fraktionsvize Paul Giebeler, warum die UWG gegen die Satzung stimmte, wie es auch die FDP tat. „Wir lehnen die Hebesatzung ab, da die Ausgabenseite hohe Steuern oder Neuverschuldung bedeuten“, so Herbert Greb, der sich lieber eine Bremse bei den Ausgaben gewünscht hätte, statt eine „Steuerlast mit Bergneustädter Verhältnissen“ ab 2022.

Aber die Ausgaben, die die Stadt Waldbröl in den kommenden Jahren tätigt, sind nötig, sonst gerät das auf Hochtouren laufende Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept (IEHK) ins Stocken. 16 Millionen Euro werden allein in 2017 investiert bei Gesamtaufwendungen von 46,5 Millionen Euro. Demgegenüber stehen lediglich 41,5 Millionen Euro an Erträgen, was einem Defizit von knapp fünf Millionen Euro entspricht. Um mehr Einnahmen zu erzeugen, soll die Entwicklung des neuen Gewerbegebietes Boxberg vorangetrieben werden. Schon jetzt hat Waldbröl den höchsten Gewerbesteuersatz des Landes Nordrhein-Westfalens, weshalb der Rat die Steuern hier auch nur leicht anhob, um Gewerbetreibende nicht zu verschrecken.

„Wir sehen die beschlossenen Hebesätze zunächst nur als eine Momentaufnahme und als dynamischen Prozess, der von Jahr zu Jahr neu überdacht werden muss“, erklärte Andre Steiniger für die CDU. Dabei fügte er hinzu: „Wenn Bund und Land keine Unterstützung liefern sollten, reicht die eigene Leistungskraft nicht aus, um aus der finanziellen Misere herauszukommen“, will Steiniger zwar keine Schwarzmalerei betreiben, sieht aber Land und Bund in der Pflicht, für eine positive Veränderung der Finanzbeziehungen mit den Kommunen zu sorgen. Der Vorjahres-Vorschlag von Kämmererin Brauer, sich ein dickes Fell anzulegen, sollte nach den gestrigen Beschlüssen jedenfalls ernsthaft in Erwägung gezogen werden.


Eckdaten zum Haushalt 2017
Erträge 41.469.623  €
Aufwendungen: 46.448.032  €
Defizit: 4.978.409 €
Investitionen: 16.083.430  €
Investitionskredite: 6.825.501 €

Hebesätze 2017 (2016)
Grundsteuer A 320 v.H. (320)
Grundsteuer B 590 v.H. (590)
Gewerbesteuer 550 v.H. (550)

Geplante Hebesatzentwicklung
201720182019202020212022
Grundsteuer B590 %620 %640%660 %680 %925 %
Gewerbesteuer550 %570 %580 %590 %595 %595 %


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