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Politik-Zoff um Bonus-Gelder für Räte

bv; 14. Feb 2017, 17:00 Uhr
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Politik-Zoff um Bonus-Gelder für Räte

bv; 14. Feb 2017, 17:00 Uhr
Oberberg – Ausschussvorsitzende und stellvertretende Fraktionsvorsitzende bekommen mehr Geld – Engelskirchen lehnt dies ab, im Kreis und Gummersbach wurde das NRW-Gesetz stillschweigend umgesetzt (AKTUALISIERT).
Von Bernd Vorländer

Finanziell geht es den meisten oberbergischen Kommunen seit vielen Jahren nicht gut. Einige, wie Marienheide und Bergneustadt, befinden sich im Stärkungspakt und müssen ganz besonders gut mit dem Geld haushalten. Doch jetzt werden die kommunalen Kassen durch das Land NRW belastet. Hintergrund ist das neue „Landesgesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“, das seit Jahresbeginn gilt. Darin wird geregelt, dass Vorsitzende von Ausschüssen des Rates, außer dem Wahlprüfungs- und Hauptausschuss, die doppelte monatliche Aufwandsentschädigung eines Stadtverordneten erhalten. Auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende dürfen sich freuen, sollen sie doch künftig sogar zusätzlich zu ihrem Stadtverordneten-Geld den 1,5-fachen Satz gutgeschrieben bekommen. Bei einer Umsetzung im gesamten Oberbergischen Kreis kämen Mehrkosten von mehreren hunderttausend Euro auf die Kommunen zu.


Schon bislang gibt es für manche, in den kommunalen Parlamenten tätigen Politiker ein teilweise üppiges Zubrot. Die Basis-Aufwandsentschädigung ist noch eher niedrig. In Kommunen bis 20.000 Einwohner beträgt sie 211,90 €, in Kommunen bis 50.000 Einwohner 290.20 € und über 50.000 Einwohner 386,80 €. Zusätzlich gibt es etwa für den ersten Stellvertreter des Bürgermeisters oder Landrats den dreifachen Satz, weitere Stellvertreter erhalten immer noch das 1,5-fache zusätzlich. Auch Vorsitzende von Fraktionen mit mehr als acht Mitgliedern dürfen sich über den dreifachen Satz neben ihrem Ratsmandat freuen, bei kleineren Fraktionen gibt es immer noch den doppelten Basis-Satz als Bonus. Und mit dem neuen Gesetz werden eben auch Ausschussvorsitzende und stellvertretende Fraktionschefs bedacht. Dann muss die Größe der Fraktion mindestens acht Abgeordnete betragen. Ab einer Fraktionsstärke von 16 Mitgliedern erhält auch ein weiterer stellvertretender Fraktionschef einen 1,5-fachen Satz hinzu.

Allerdings hat der Gesetzgeber eine Regelung formuliert, der es den Kommunen ermöglicht, für die Bestimmungen Ausnahmen zu verfassen. Dies wird jedoch in der Region völlig unterschiedlich gehandhabt. Ausgeschlossen von der zusätzlichen Alimentierung sind grundsätzlich der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses sowie die Ausschüsse, denen der Bürgermeister vorsitzt. Doch können nach der Gemeindeordnung und durch Änderung der jeweiligen Hauptsatzung weitere Ausschüsse von der Regelung ausgenommen werden.

In Engelskirchen ist dies bereits umgesetzt, dort wären zusätzliche Kosten von fast 18.000 € entstanden. Im Reichshof verzichtet die CDU auf den ihr zustehenden 2. stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, um den Haushalt nicht mit weiteren Ausgaben zu belasten, wie Fraktionschef Axel Osterberg erklärt. In Marienheide gibt es noch keine Entscheidung, ebenso in Nümbrecht. Dort soll der Rat den Beschluss des Landes allerdings in seiner Sitzung am Donnerstag auch umsetzen, so Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius. Beim Kreis und der Metropole Gummersbach hat man bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Im Kreistag und der Kreisstadt wurde die NRW-Verordnung diskussionslos durchgewunken. Das sorgt im politischen Raum für Debatten und in Gummersbach für Mehrkosten von fast 40.000 €.

Helmut Schäfer, Grünen-Sprecher im Kreistag, ist jedenfalls stocksauer. Über 63.000 € kostet den Kreis die Umsetzung, obwohl es den beschriebenen Spielraum gegeben habe, der aber nicht genutzt worden sei. Zwölf Ausschüsse seien betroffen, unter anderem auch solche - wie etwa der Sportausschuss – die nur ein- oder zweimal im Jahr tagten. So würde bei nur einem Ausschusstermin ein stattliches Sitzungsgeld von 5.305.20 € für wenige Stunden Arbeit fällig. Parallelen gibt es im Gummersbacher Rat. Dort ist Schäfers Parteifreund Konrad Gerards Ausschussvorsitzender im Rechnungsprüfungsausschuss und erhielte für die eine Sitzung im Kalenderjahr 4.681,60 €. Pikant: Er kann auf das Geld gar nicht verzichten, denn das ist in dem seit 1. Januar geltenden NRW-Gesetz nicht vorgesehen. „Ich habe mich dazu entschlossen, die gesamte Summe zu spenden“, sagt Gerards. Dass die Aufwandsentschädigungen schnell auch zu einem zweiten Gehalt werden können, lässt sich an folgendem Rechenbeispiel erkennen. Bei einem Ratsmitglied, das als stellvertretender Bürgermeister tätig wird, oder einem Fraktionschef, der auch noch Ausschussvorsitzender ist, kommen in der Kreisstadt Beträge zwischen 1.547,20 € und 1.934 € zusammen.

Mit einem gestern den Kommunen zugestellten Erlass des Landes sollte mehr Klarheit geschaffen werden, doch bleibt die Frage, ob damit nicht noch mehr Unklarheit entstanden ist. In der Gemeindeordnung NRW heißt es, dass neben dem Wahlprüfungsausschuss in weiteren Ausschüssen per Hauptsatzung auf das doppelte Geld für Vorsitzende verzichtet werden kann. Im Erlass wiederum wird das mit den Worten bekräftigt: Weitere Ausnahmen sind zulässig." Nicht zulässig sei es jedoch, alle Ausschüsse auszunehmen. Bis zu welcher Zahl etwas zulässig und ab wann es unzulässig ist, dazu sagt der Erlass nichts. Für Spekulationen sind Türen und Tore geöffnet.
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