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Die Legenden des Kölschrocks im Bergischen

mg; 27. Nov 2016, 14:27 Uhr
Bilder: Michael Gauger; privat  --- Viel Zeit ist vergangen, seit BAP zuletzt in der Kreisstadt spielte.
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Die Legenden des Kölschrocks im Bergischen

mg; 27. Nov 2016, 14:27 Uhr
Gummersbach – Die Jubiläumstournee '40 Jahre BAP' führte die Kölner Band in die Schwalbearena – Kulthits und Neues für 2.000 Zuschauer.
Von Michael Gauger

Im Juni 2016 waren es genau 40 Jahre her, dass sich ein paar Jungs aus der Kölner Südstadt trafen, um gemeinsam einige Songs zu klimpern. Wurden zunächst Titel von Bob Dylan, den Stones oder den Kinks gecovert, so schwenkte die seinerzeit noch namenlose Band nach und nach auf die selbst getexteten kölschen Lieder ihres Sängers um. „Helfe kann dir keiner“, „Anna“ und „Jraaduss“ waren die ersten Werke, bevor man die Jungs schließlich zu einem Konzert überredete. Der noch fehlende Bandname ergab sich aus dem Spitznamen des Sängers und Frontmannes Wolfgang Niedecken ("dä Bapp").

Man strich einfach ein „P“, nahm Großbuchstaben und „BAP“ war geboren. Nicht nur ein Name, sondern ein Markenzeichen, das längst nicht mehr aus der deutschen Rock-Landschaft wegzudenken ist. Zahlreiche Tourneen und Auslandsauftritte belegen die Beliebtheit der Band weit über den kölschsprachigen Raum hinaus.

[Wolfgang Niedecken ist 40 Jahre dem eigenen Stil und der kölschen Muttersprache treu geblieben.]

In 40 Jahren Bandgeschichte ist seitdem viel geschehen, dem eigenen Stil ist man aber stets treu geblieben. Die Musik von BAP ist seit jeher zumeist von kräftigen Drums, starken Gitarrenriffs, aber auch Violinenklängen sowie einer Hammondorgel bestimmt. Dies kam an diesem Abend hervorragend rüber, die Akustik in der Halle und damit die Stimmung war perfekt.  Von 23 BAP-Alben erreichten 19 die Top 10, elf wurden Nummer 1 in den Charts. Auch die Besetzung der Kölschrockband, bisher immerhin 24 Musiker, wechselte in all den Jahren häufiger, was blieb war Gründungsmitglied Wolfgang Niedecken und etliche Hits, die das Gummersbacher Publikum am vergangenen Samstag zu hören bekam. „Ich freu mich“, „Ne schöne Jroos“, „Schlofende Städte“, „Do kanns zaubere“, „Anna“,  „Aff un zo“ und viele, viele mehr. Alles bekannte Ohrwürmer, die die Besucher mitsangen und frenetisch beklatschten.


Der Großteil der heutigen Besucher dürfte 40 oder sogar leicht älter gewesen sein, also die Zielgruppe, die mit BAP und deren Hits aufgewachsen ist. Wie etwa Monika aus Lindlar, die mit ihrem 13-jährigen Sohn Marius das Konzert besuchte. „Mein Sohn soll heute einmal live erleben zu welcher Musik wir früher getanzt und gefeiert haben“, erklärt sie begeistert, „das ist doch mit dem englischen Kram von heute überhaupt nicht zu vergleichen. BAP ist einfach Kult !“

[Bassist Werner Kopal stieß 1996 zur Band.]

Auch Werner Kusel, Erster Bevollmächtigter der hiesigen IG Metall, erinnert sich vor dem Konzert gerne an die späten Siebziger. „BAP hat damals in der Aula in der Moltkestraße gespielt, ein tolles Konzert“. Daran erinnert sich auch Niedecken selbst, als er nach dem ersten Song das Publikum begrüßte. „Das war damals alles etwas kleiner, eine schöne neue Halle habt ihr hier“, schmunzelte er. Zu Glockenschlägen des „Dicken Pitter“ vom Kölner Dom hatten die Musiker zu Beginn die Bühne betreten und wurden von den etwa 2.000 Besuchern begeistert applaudierend empfangen.

Wolfgang Niedecken wusste die Fans auch mit seinen lockeren Sprüchen und Ansagen zu den Songs bestens zu unterhalten, hatte er doch gleich zu Anfang stets die aktuellen Fußballergebnisse von FC und Leverkusen parat. Zum Song „Fortsetzung folgt“ erzählte der Frontmann eine nette Anekdote: „Den haben wir damals bei Gottschalks 'Wetten, dass' gespielt, als der Buntstiftlutscher geschummelt hat. Haben wir aber auch, denn wir haben damals Playback gesungen“. Auch könne er mit den modernen Selfies nichts anfangen, meinte Niedecken etwas nachdenklich, „Mir sind sind normale Autogramme halt lieber, weil sich da meist ein nettes Gespräch entwickelt“. 

„Auf dieser Tour spielen wir die beliebtesten und bekanntesten Songs für euch, kann man ja mal machen“, war nur eine Floskel des Bandgründers beim über zweieinhalbstündigen Konzert, zu welchen aber auch Stücke des aktuellen Album „Lebenslänglich“ gehörten. Mit der Aufforderung „Erkennen Sie die Melodie“ hat die Band im Handumdrehen erneut die ganze Arena zu „Jraaduss“ textsicher zum lauten Mitsingen animiert.

„Ob Flensburg oder Bern, spätestens bei diesem Song vergessen die Fans ihre Muttersprache und singen Kölsch. Aber das könnt ihr ja ohnehin“, attestierte der BAP-Sänger in die Reihen, als er auf einem Hocker den „Vier-Liebeslieder-im Sitzen-Block“ mit seinen fünf Mitstreitern spielt. Mit „Wat schriev mer en su enem Fall?“ würdigt die Band den kürzlich verstorbenen Leonard Cohen, ebenfalls ein großes Vorbild Niedeckens, der erklärte, das mancher Song ohne Cohen nicht entstanden wäre.



[Anne de Wollf ist "Multiinstrumentalistin": Geige, Cello, Posaune, Mandoline, diversen Percussions, Harmonium und Akkordeon beherrscht sie perfekt.]

Zu „Do kanns zaubre...“ nahmen sich viele Pärchen in den Arm und wiegten sich im Takt der Musik. „Das Bergische ist ganz schön romantisch“, kommentierte der Bandleader die Situation lächelnd, dem persönlich die große Videoleinwand in seinem Rücken gefiel, da dort zu vielen Songs passende Sequenzen eingeblendet wurden. Kurz vor 22 Uhr war es um die Halle dann vollends geschehen, als die ersten Klänge zu „Kristallnaach“ erklangen. Bereits zu Konzertbeginn, beim Titel „Jraaduss“, hatte der Arena-Chor eine große Stimmgewalt bewiesen, nun steigerte sich dies nochmals.

Die Bestuhlung des Innenraums hätte man sich an diesem Abend ersparen können, denn die wenigsten hatten die vorhandenen Sitzmöglichkeiten überhaupt genutzt.  „Arsch huh, Zäng ussenander“ und zum guten Schluss der wohl bekannteste Hit schlechthin, „Verdamp lang her“, damit wollte sich BAP eigentlich offiziell verabschieden. Dies ließen die Fans natürlich nicht zu, 2.000 Kehlen forderten lautstark nach einer Zugabe, dem die Kölschrocker gleich mit mehreren Stücken gerne nachkam.


  
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