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Von Damaskus ins Oberbergische – Teil 1

th,fj; 28. Nov 2016, 14:38 Uhr
Bild: Nils Hühn --- Tarafa erzählt seine Geschichte.
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Von Damaskus ins Oberbergische – Teil 1

th,fj; 28. Nov 2016, 14:38 Uhr
Oberberg – Tarafa hat in Syrien und vielen anderen Ländern als Journalist gearbeitet, nun ist er als Praktikant Teil von Oberberg-Aktuell – In einer eigenen Serie erzählt er von seinem langen Weg von Damaskus ins Oberbergische.
Für uns, die OA-Redaktion, gehört es beinahe zum Alltag, junge Menschen mit dem journalistischen Handwerk vertraut zu machen. Fast das ganze Jahr über sammeln hier Jugendliche und junge Erwachsene erste Erfahrungen im Journalismus, sei es als Schülerpraktikant oder als Student, der ein Praktikum für seine weitere Ausbildung benötigt. Seit dem 20. November haben wir nun einen neuen Praktikant: Tarafa ist vor Assads Regime aus seiner Heimat Syrien geflohen und seit vergangenem Jahr in Deutschland. Er kann auf breite journalistische Erfahrungen zurück blicken, die deutsche Sprache lernt er jedoch erst seit März 2016. Auch wenn er noch Hilfe dabei braucht, seine Geschichte zu erzählen, freuen wir uns, dass er uns und unsere Leser an ihr teilhaben lässt.

Ich bin Tarafa, ich komme aus Syrien und ich bin 30 Jahre alt. Ich bin in der Jasmin-Stadt geboren, wie man Damaskus im Nahen Osten nennt. In die Schule mussten wir bis 2004 in Militäruniformen kommen. Waren wir nicht richtig angezogen, wurden wir geschlagen. Morgens wurde vor der Flagge und einem Lehrer für das Fach „Militär“ salutiert, jeden Tag mussten wir Assad unsere Treue schwören. Sie wollten uns in der Schule auf einen finalen Krieg vorbereiten und haben versucht, uns einzureden, Israel sei der Erzfeind.

Lange gab es kein Internet und nur zwei staatlich kontrollierte Fernsehsender. Durch die Öffnung des Internets haben die Menschen etwas von der Welt gesehen und andere Kulturen und Lebensweisen kennen gelernt. Sie haben gesehen, dass man nicht überall Angst vor der Polizei und Assads Baath-Partei haben muss. Die Menschen haben gelernt, was es bedeutet, frei zu sein und das konnte man nicht mehr stoppen. In der Stadt Daraa haben vier Kinder im Februar 2011 „Freiheit“ auf eine Wand geschrieben. Das jüngste war zwölf Jahre alt, das älteste 17. Assads Cousin hat sie alle verhaftet. Gegen diese Verhaftungen hat das Volk demonstriert. Sie wollten diese Kinder zurück. Vor einer Gruppe Demonstranten sagte Assads Cousin: „Ihr könnt doch neue Kinder haben. Schickt mir eure Frauen, ich mache ihnen welche.“

In jedem Dorf gibt es Bilder und Staturen von Assad. In seiner Wut hat das Volk von Daraa sie zerstört. Darauf hat die Polizei das Feuer gegen das Volk eröffnet, zwei Menschen sind getötet worden. So haben sich die Proteste ausgeweitet. Ich habe zu dieser Zeit als Journalist gearbeitet und gehörte einer kleinen Gruppe an, die im geheimen Proteste gegen das Regime organisierte. Weil ich gegen das Regime und für Freiheit demonstrierte, bin ich verhaftet worden. Sechs Monate musste ich im Gefängnis verbringen. Dann wurde ich für unschuldig erklärt und entlassen. Dafür hat meine Familie viel Geld bezahlen müssen. Ich war frei, wurde aber, kurz vor meinem Abschluss, von der Universität geworfen. Die Nachbarn haben über mich und meine Aktivitäten geredet, da wurde es meinen Eltern zu gefährlich. Sie hatten Angst um mich und rieten mir, zu fliehen. Nachdem wir die Polizei am Flughafen bestochen haben, konnte ich Syrien mit dem Flugzeug verlassen. 
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