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Naturschutz gegen „Radikal-Eingriff“ an der L 278

Red; 24. Nov 2016, 12:58 Uhr
Symbolbild.
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Naturschutz gegen „Radikal-Eingriff“ an der L 278

Red; 24. Nov 2016, 12:58 Uhr
Morsbach – Die L 278 soll streckenweise ausgebaut werden – Naturschützer befürchten, dass ein Pilzbefall der Bäume vorgeschoben wird, um einen „Radikal-Eingriff“ vorzunehmen – Landesbetrieb Mobilität widerspricht.
Mit einem offenen Brief hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzverbände im Oberbergischen Kreis an den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz gewandt. „Mit Befremden haben wir erfahren, dass Ihr Amt plant, an der L 278 zwischen Morsbach und Friesenhagen die dort vorhandenen alten Bäume zu fällen, um den Schwerlastverkehr der dort ansässigen Firmen zu erleichtern“, schreibt Klaus Jung vom Morsbacher NABU. Die Naturschützer wenden sich entschieden gegen diesen „Radikal-Eingriff“, der in den Lebensraum von Vögeln, Fledermäusen, Insekten und anderen Kleintieren eingreife.

Dass die Mehrzahl der Bäume krank sei und darum gefällt werden müsse, kommt den Naturschützern verdächtig vor. „Hier wird der Ökonomie der Vorzug gegenüber der Ökologie gegeben“, vermuten sie stattdessen. Da man aber konstruktive Kritik üben wolle, schlagen die Naturschützer vor, nur selektiv zu fällen und den Verkehr durch Ausweichbuchten zu entlasten oder den Bäumen einen dauerhaften Platz in einem Mittel-Grünstreifen zu geben, indem eine weitere Fahrbahnspur angelegt wird.



Von einer Planung, nach der alle vorhandenen Bäume gefällt würden, kann nach Angaben des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz aber noch überhaupt keine Rede sein. „Es handelt sich um Überlegungen, eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Eine solche wird auch in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde getroffen“, heißt es in einer Stellungnahme. Tatsache sei jedoch, dass ein Teil des Eschenbestandes an der L 278 von einem Pilz befallen ist und ein Sicherheitsrisiko darstellt. Ein Gutachter prüfe derzeit, wie viele Bäume betroffen sind. „Diese schadhaften Bäume werden entfernt werden müssen; hierfür werden an geeigneten Stellen Ersatzpflanzungen vorgenommen“, so der Landesbetrieb. Die Fällung von gesunden Bäumen sei dagegen nicht geplant.

Gleichzeitig räumte der Landesbetrieb ein, dass die Absicht besteht, die Straße auszubauen, was jedoch „unter Beibehaltung des Istzustandes“ nicht möglich ist. Möglich wäre, dass nur auf einer Seite der Allee die Bäume entfernt werden, um hier eine Verbreiterung vorzunehmen. Eine neue Allee könnte dann durch das Pflanzen von Jungbäumen mit einem geeigneten Sicherheitsabstand zur Straße angelegt werden. Dies seien derzeit aber alles noch Überlegungen. „Es wird derzeit ermittelt, welche Auswirkungen der Straßenausbau auf die Natur hat. Darunter fallen auch die artenschutzrechtlichen Belange. Es ist aber alles noch am Anfang des Planungsprozesses, so dass noch keine Ergebnisse vorliegen“, wehrt sich Mobilität Rheinland-Pfalz gegen die Annahme, dass die Fällung aller Bäume im Streckenabschnitt schon beschlossene Sache sei.

Der offene Brief der Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzverbände im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Befremden haben wir erfahren, daß Ihr Amt plant, an der Landstraße L 278 zwischen Morsbach und Friesenhagen die dort alleeartig vorhandenen alten Bäume (u.K. nach 133 Exemplare) zu fällen, um den Schwerlastverkehr der dort ansässigen Containerfirnen (ALHO und SÄBU) zu erleichtern.

Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen derartige Radikal-Eingriffe in diesen wichtigen Lebensraum für zahllose Vögel, Fledermäuse, Insekten und andere Kleintiere.

Zugegeben, im LKW-Begegnungsverkehr bestehen Schwierigkeiten, aber mit diesen Behinderungen leben die betroffenen Firmen schon seit mehr als 30 Jahren. Es ist nicht einzusehen, daß immer wieder, immer wieder (!) bei derartigen Konflikten der Ökonomie gegenüber der Ökologie der Vorzug gegeben werden soll. Die Vielzahl der stark gefährdeten, oder gar ausgestorbenen Pflanzen-  und Tierarten hätte längst zu anderen Entscheidungen in Konflikten zwischen Ökologie (Lebensgrundlage auf diesem Planeten) und ökonomischen Interessen führen müssen!

Und plötzlich soll die Mehrzahl der über 100 Jahre alten Bäume dort krank sein? Das ist hochgradig schutzbehauptungsverdächtig!

Wir sind ja kompromißbereit bzw. üben konstruktive Kritik:

Vorschlag 1:
Selbst wenn einige der Bäume die Verkehrssicherheit gefährden sollten, so könnte man diese selektiv herausnehmen und dort Ausweichbuchten anlegen, die im Begegnungsverkehr für Entspannung sorgen könnten.

Vorschlag 2:
Ein weiterer Vorschlag wäre,  neben der Baumreihe eine zweite Fahrbahnspur anzulegen, sodaß eine zweispurige Straße mit Mittel-Grünstreifen entstünde auf dem die Bäume Ihren dauerhaften Platz hätten. Dieser Vorschlag wäre sicher der erstrebenswerteste, aber auch der teuerste.

Aber:
Wenn, wie bereits erwähnt, diese Verkehrsschwierigkeiten schon sehr lange bestehen, ist  nun das Projekt plötzlich nicht auf der Prioritätenliste ganz vorne anzusiedeln. Vielmehr gehört es in einen Gesamtverkehrsplan, ähnlich dem Bundes-Verkehrswegeplan, innerhalb dessen jährlicher Fortschreibung die Prioritäten und die Finanzierung festgelegt werden sollten.

Wir erwarten daher die geplante Hoppla-Hopp-Fällung der Alleebäume auszusetzen und die Verkehrsplanung an der L 278 in ein ökologisch verträgliches mittelfristiges Konzept einzubetten.

Freundliche Grüße aus Morsbach!

KLAUS JUNG
NABU-Vorsitzender OV Morsabach
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