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Kanzleramtschef schaute in die Zukunft

nh; 19. Nov 2016, 00:15 Uhr
Bilder: Nils Hühn --- Bundesminister Peter Altmaier hielt einen kurzweiligen 'Bericht aus Berlin'.
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Kanzleramtschef schaute in die Zukunft

nh; 19. Nov 2016, 00:15 Uhr
Oberberg - Beim Kreisparteitag der CDU in Wiehl umriss Bundesminister Peter Altmaier eine neue Welt mit einheitlichem Bürgerportal, flächendeckend selbstfahrenden Autos und Bier bringenden Robotern.
Von Nils Hühn

In Wiehl traf sich am Freitagabend die oberbergische CDU zu ihrem Kreisparteitag ein. Höhepunkt sollte der Auftritt von Kanzleramtschef Peter Altmaier werden, aber „der gewichtigste Minister“, wie sich Altmaier später selbst vorstellte, ließ auf sich warten. So hatten die lokalen, politischen Schwergewichte Zeit, um die zahlreich vertretenden Christdemokraten auf die anstehenden Wahlkämpfe mit Landtagswahl (in sechs Monate) und Bundestagswahl (in zehn Monaten) einzustimmen.

Für den Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Flosbach war es sein erstes Grußwort beim heimischen Kreisparteitag in seinen 44 Jahren CDU-Zugehörigkeit. Dabei verordnete er allen Parteimitgliedern Zuversicht. Carsten Brodesser als Vorsitzender der oberbergischen CDU wetterte derweil ordentlich gegen die rot-grüne Landesregierung und stellte Ministerin Hannelore Kraft ein schlechtes Zeugnis in puncto Verkehrs- und Bildungspolitik sowie bei der Inneren Sicherheit aus. „Oberberg und NRW können mehr“, kündigte Brodesser an, der bei der kommenden Bundestagswahl ein Direktmandat für Berlin erhalten möchte.


[Zu den Gästen beim Kreisparteitag gehörten die Landräte a. D. Hans-Leo Kausemann (rechts) und Hagen Jobi (links) sowie der ehemalige Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland Dr. Dieter Fuchs.]

Richtig emotional wurde es, als Bodo Löttgen, Generalsekretär der CDU Nordrhein-Westfalen, ans Mikrofon trat, um die Zeit bis zur Ankunft des Bundesministers für besondere Aufgaben, der mittlerweile über eine Stunde überfällig war, zu überbrücken. Immer wieder applaudierten seine Zuhörer, als er mit bester Wahlkampfrhetorik aus Oppositionssicht die Landesregierung angriff und für den Fall eines Wahlsieges ankündigte, Gesetze wie das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW rückgängig zu machen. „Wir müssen endlich den Vorwärtsgang für Nordrhein-Westfalen einlegen“, schloss er seinen Vortrag. Während des Grußworts von Landrat Jochen Hagt traf Altmaier ein und schritt ohne Umwege ans Rednerpult.

Zunächst hielt der Chef des Bundeskanzleramtes eine Lobrede auf Klaus-Peter Flosbach, der für ihn „verantwortlich für die Bewältigung der Weltwirtschaftskrise“ 2008/09 war. Und an Carsten Brodesser gerichtet sagte er: „Du wirst mich noch kennenlernen.“ Anschließend nahm er die Zuhörer in seinem knapp einstündigen Vortrag auf eine bunte und kurzweilige Reise durch die Bundespolitik mit. Seine Ankündigung zur Einführung eines „einheitlichen Bürgerportals“ ließ erstmals richtig aufhorchen. Altmaiers Vorstellung nach können bald alle Bürger auf sämtliche Online-Verwaltungsleistungen zugreifen – egal ob Kommune, Land oder Bund zuständig sind. Abbau von Bürokratie lautete das Zauberwort.


Als es zum Thema „Digitale Revolution“ kam, bei der Deutschland endlich aufholen soll, gab es zunächst Gelächter. Denn Altmaier skizzierte eine Zukunft, in der er mit seinem Pflegeroboter diskutierte, ob er nun noch ein Bier gebracht bekommen würde oder nicht. Auch, dass man künftig kein eigenes Auto mehr besitzen würde, sondern sich einfach ein selbstfahrendes Auto rufen könne, konnten sich die meisten Zuhörer im Wiehler Hotel zur Post nicht vorstellen. Doch laut dem Bundesminister liege im schnellen Internet „5G“ die Zukunft. „Wir diskutieren jeden Tag im Kanzleramt darüber“, verriet der Saarländer.

[Oberbergs CDU-Chef Carsten Brodesser (links) begrüßte Peter Altmaier herzlich in Wiehl.]

Eine weitere Station seines Vortrags war die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik. Die große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung in allen Schichten bezeichnete er als „Sternstunde für das ehrenamtliche Engagement“. Am Ende kam natürlich auch er auf die Bundestagswahl zusprechen. Wenn man es schaffen würde, die Wähler davon zu überzeugen, dass man einen Plan für die Zukunft habe, würde man gewinnen. „Für das Geleistete wird man nämlich nicht gewählt“, meinte Altmaier, dass dies zu einfach wäre.

Ob Kanzlerin Angela Merkel auch 2017 um ihr Amt kämpft, wollte er aber trotz Nachfrage nicht verraten. „Das ist eine höchstpersönliche Entscheidung“, erklärte Altmaier, dass sich selbst die oberbergischen Christdemokraten noch ein wenig gedulden müssten. Auch zeitlich wollte er sich nicht festlegen, aber es hörte sich so an, als ob an diesem Wochenende das Geheimnis gelüftet würde. Mit stehenden Ovationen dankten die Zuhörer Peter Altmaier, der sich am Ende noch den Fragen der Delegierten stellte, die für ihr langes Warten mit einem gutaufgelegten und bestens vorbereiteten Bundesminister belohnt wurden.
  
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