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VfL stürmt das ehemalige Wohnzimmer

pn; 11. Sep 2016, 19:00 Uhr
Bilder: Alexander Arnold ---- Früher waren jubelnde VfL-Akteure in der Kölnarena gang und gäbe - Aber auch heute wussten die Gummersbacher Profis den Sieg zu genießen.
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VfL stürmt das ehemalige Wohnzimmer

pn; 11. Sep 2016, 19:00 Uhr
Gummersbach - Das Team von Emir Kurtagic gewinnt den bergischen Handballgipfel in der LANXESS Arena souverän mit 34:25 - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach. (AKTUALISIERT)
Von Peter Notbohm


Diesen Tabellenstand werden sich nicht nur die Fans des VfL Gummersbach einrahmen wollen. Auch Trainer Emir Kurtagic und seine Mannschaft dürften nach dem Pokaldämpfer mit großer Genugtuung den aktuellen dritten Tabellenplatz wahrnehmen, auch wenn das Tabellenbild nach zwei Spieltagen natürlich noch ein Muster ohne Wert ist. Im bergischen Handballgipfel, der vor einer enttäuschenden Kulisse von 4344 Zuschauern in der LANXESS Arena zu Köln stattfand, dominierten die Oberberger das Geschehen nach Belieben und zeigten harmlosen Gastgebern, die nach der zweiten deftigen Abreibung das Tabellenende zieren, recht schnell die Grenzen auf.


Bergischer HC - VfL Gummersbach 25:34 (12:17).


[Kévynn Nyokas hatte trotz seines Unterhosen-Malheurs allen Grund zur Freude, da auch sein Backup Mark Bult eine gute Leistung zeigte.]

Der VfL zeigte sich gerade in der Defensive vom Anpfiff weg höchst präsent und aggressiv und knüpfte damit nahtlos an den ersten Auftritt gegen Balingen an. Zwar kassierte Simon Ernst noch in der ersten Minute eine gelbe Karte und unmittelbar darauf auch eine Zeitstrafe, damit hatte der Nationalspieler aber auch gleich ein Zeichen gesetzt. Einfach sollte es der Bergische HC an diesem Tag nicht haben. Die Gastgeber gingen zwar mit 1:0 und 2:1 (3.) in Führung, von nun an übernahm aber Gummersbach das Kommando. Jeder noch so kleine Fehler des BHC wurde in der Anfangsphase mit schnellem Umschaltspiel bestraft, so dass die Blau-Weißen zügig einen komfortablen 7:3-Vorsprung (11.) herausgeworfen hatten.


Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Carsten Lichtlein das erste seiner beiden Tore ins verwaiste Gehäuse der Bergischen Löwen erzielt. Überhaupt war der Kapitän im ersten Durchgang mit neun Paraden ein großer Rückhalt. Über 8:10 (20.) schenkten sich beide Teams wenig und drückten daher auch frühzeitig häufig die Strafbank. Nachdem nun die VfL-Flügelzange Schmidt/von Gruchalla völlig freistehend BHC-Keeper Gustavsson zu seinen ersten Paraden verhalf, schien die Partie noch einmal kippen zu können, doch die Oberberger konnten sich auf ihre kompromisslose Defensive verlassen. Zwei weitere Treffer durch Ernst und von Gruchalla besorgten wieder den alten Vorsprung. Kurz vor der Pause setzten der starke Evgeni Pevnov mit dem 12:17 und Carsten Lichtlein mit einer weiteren starken Parade noch Ausrufezeichen unter einen starken Gesamteindruck.



[Simon Ernst war Dreh- und Angelpunkt der VfL-Offensive.]

Wer nun glaubte BHC-Trainer Sebastian Hinze könne sein Team in der Kabine noch einmal anstacheln, sah sich schnell getäuscht. Bei den enttäuschenden Gastgebern herrschte im zweiten Durchgang noch mehr Ideenlosigkeit als vor dem Seitenwechsel. Die Körpersprache war eher die eines Absteigers, als eines verbissenen kämpfenden Gegners. Gummersbach spulte sein Soll dagegen weiter solide herunter, musste nicht wirklich glänzen und erhöhte dennoch auf 14:22 (37.). Gerade das Überzahlspiel wusste nach anfänglichen Problemen zu glänzen. Mit herrlichen Diagonalpässen auf die beiden Außen wurden immer wieder Freiräume geschaffen. Beim 15:25 (42.) durch den mittlerweile eingewechselten Alexander Becker wurde es erstmals zweistellig.

[Carsten Lichtlein glänzte sich nicht nur mit elf Paraden in 45 Minuten, sondern erzielte auch zwei Treffer.]

Kurtagic wechselte nun munter durch, brachte auch den jungen Max Jaeger und konnte sich beruhigt zurücklehnen. Zwar klappte in der Schlussphase nicht alles, gegen hilflose Hausherren, die einen technischen Fehler nach dem nächsten produzierten, war dies allerdings auch nicht nötig. Über 20:30 (51.) plätscherte die Partie ihrem Ende entgegen. So blieb der einzige kleine Aufreger der Partie, die Tatsache, dass sich Kévynn Nyokas zu Beginn der Partie auf der Auswechselbank seine Kompressionsunterhose ausziehen musste, da diese nicht regelkonform war, was von den souverän pfeifenden Schiedsrichtern aber erst nach seinem ersten Treffer bemerkt worden war.

„So ein Derbysieg schmeckt natürlich gut. Ich denke, man hat uns den Spaß auf der Platte auch angesehen“, berichtete Goalgetter Julius Kühn indes nach dem Abpfiff. Sein Trainer war in Gedanken dagegen bereits bei der Aufgabe am kommenden Mittwoch. „Jetzt wollen wir den Start auch vergolden“, will er auch gegen Aufsteiger Coburg die weiße Weste wahren. Dort sitzt mit Jan Gorr übrigens der Mann auf der Bank, der vor sechs Jahren eigentlich bereits beim VfL Gummersbach unterschrieben hatte, dann aber nach einer überragenden Rückrunde doch durch Emir Kurtagic ersetzt wurde. „Es gibt keinen Stress zwischen uns. Das war damals zwar eine bittere Geschichte, war aber eine Sache des Vereins. Das Thema am Mittwoch wird Gummersbach gegen Coburg und nicht Gorr gegen Kurtagic“, will er sich auf das Sportliche konzentrieren.
  


Stimmen

Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): Erst einmal einen Riesen Glückwunsch an meine Mannschaft, die heute eine super Leistung abgerufen hat und hochkonzentriert in die Partie gegangen ist. Von der ersten Minute an haben wir Präsenz gezeigt. Wir durften den Gegner nicht unterschätzen, der sich nach der Niederlage in Leipzig anders präsentieren wollte. Wir haben unsere Vorgaben hervorragend umgesetzt und waren 60 Minuten in allen Belangen die bessere Mannschaft.

Sebastian Hinze (Trainer Bergischer HC): Glückwunsch an Emir und den VfL Gummersbach. Der Sieg ist völlig zu Recht so ausgefallen, auch in der Höhe. Es war ähnlich wie letzte Woche, wo wir in der Anfangsphase die richtige Aggressivität zeigen, uns aber von Kleinigkeiten die Sicherheit nehmen lassen. Es fehlte die Struktur auf dem Spielfeld. Gummersbach hat jeden Fehler gnadenlos bestraft. Die Verantwortung liegt bei mir. Wir hatten einen Plan, aber in den stressigen Situationen nicht die richtigen Antworten.

Frank Flatten (Geschäftsführer VfL Gummersbach): Das Pokalspiel wollen wir langsam vergessen.afür haben wir zwei Bundesligaspiele gewonnen. In Gummersbach kann man erkennen, welche Entwicklung der Verein genommen hat. Gegen Coburg wollen wir unseren Start auf 6:0 Punkte weiter ausbauen.

Victor Szilagyi (Sportlicher Leiter Bergischer HC): Natürlich ist es sehr schade, dass wir mit null Punkten nach zwei klaren Niederlagen dastehen. Mittwoch wartet ein immens wichtiges Spiel auf uns. Wir werden alles intern ansprechen und unsere Kräfte bündeln.

Statistik

Bergischer HC: Alexander Hermann (8), Kristian Nippes (6), Alexander Oelze (3/1), Uros Vilovski, Moritz Preuss (je 2), Arnor Gunnarsson (2/1), Thomas Babak, Nils Artmann (je 1).


Gummersbach: Julius Kühn (7), Evgeni Pevnov, Simon Ernst (je 5), Florian von Gruchalla (5/2), Carsten Lichtlein, Kevin Schmidt, Alexander Becker, Andreas Schröder (je 2), Christoph Schindler, Kevynn Nyokas, Mark Bult, Tobias Schröter (je 1).


Strafen
14:12 Minuten (2x Gunnarsson, Hermann,Oelze, Babak, Vilovski, Jonovski – Schröter, Ernst, Schindler, Nyokas, Pevnov, Schröder)


Siebenmeter
3/2 – 2/2 (Gunnarsson scheitert einmal an Puhle – von Gruchalla souverän)


Ergebnisse und Tabelle
  



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