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Insolvenz und 50 Kündigungen - „Alles sehr dubios“

nh; 5. Aug 2016, 16:30 Uhr
Bild: Michael Kleinjung --- Die Rothstein Schutzsysteme GmbH ist pleite und 50 Mitarbeiter wurden entlassen.
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Insolvenz und 50 Kündigungen - „Alles sehr dubios“

nh; 5. Aug 2016, 16:30 Uhr
Gummersbach - Die Rothstein Schutzsysteme GmbH ist pleite und das Insolvenzverfahren läuft - Die IG Metall findet das Vorgehen mit Kündigung aller Mitarbeiter merkwürdig - Insolvenzverwalter erläutert die Wahl der Mittel.
Von Nils Hühn

Seit über 30 Jahren fertigt die Rothstein Schutzsysteme GmbH professionelle Schutzsysteme für Produktions-, Transport- und Lageranlagen. Zunächst in Marienheide und seit vergangenem Jahr in Gummersbach. Doch am 12. April dieses Jahres beantragte Geschäftsführer Ulrich Rothstein das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Köln und das Gericht setzte Insolvenzverwalter Dr. Henning Dohrmann aus Gummersbach als vorläufigen Verwalter ein. Am 1. Juli wurde das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Bis hierhin ein ganz normaler Vorgang.

Aber ganz normal scheint der Fall dann doch nicht zu sein, denn sonst würde Werner Kusel, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Gummersbach, nicht sagen, dass „alles sehr dubios“ sei. Dabei ging auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst alles seinen normalen Weg und der Insolvenzverwalter verhandelte mit möglichen Investoren. Von anfangs drei potenziellen Käufern blieb nur noch einer übrig: Ulrich Rothstein selbst mit seiner ISS-TEC GmbH. Allerdings wollte er nur Teile des Unternehmens und der Belegschaft übernehmen. „Die Mitarbeiter, die nicht übernommen werden sollten, sollten in eine Transfergesellschaft übergehen“, erklärte Kusel. Doch diese Lösung war offensichtlich zu teuer und so erhielten am 28. und 29. Juli alle 50 Mitarbeiter die Kündigung.

Bis dahin hätten noch Gespräche mit dem Betriebsrat stattgefunden, aber im Vorfeld der Kündigung gab es keine Aussprache, behauptet Kusel. „Diese ist aber vorgeschrieben“, beschwerte sich der 1. Bevollmächtigte. Er kündigte an, dass die gekündigten Arbeitnehmer nun vor Gericht klagen würden. „Das Gericht wird den Klägern recht geben und die Kündigungen für ungültig erklären“, vermutet Kusel. Seit diesem Vorfall gab es kaum noch Kontakt zu dem Insolvenzverwalter. „Das ist sehr suspekt. Er ist kaum erreichbar“, versteht Kusel das Vorgehen Dohrmanns nicht. Seiner Meinung nach bedeute das „betriebsverfassungswidrige Verhalten“ Nachteile für die Insolvenzmasse. „Das ist eindeutig Masse schädigend“, so Kusel weiter.


Insolvenzverwalter Dr. Hennig Dohrmann schilderte den bisherigen Ablauf gegenüber Oberberg-Aktuell etwas anders. Seiner Einschätzung nach könne das Unternehmen aus der Insolvenzmasse heraus nicht bestehen. Es wurde so lange wie möglich versucht  und dabei auch ausdrücklich sozialverträglich. Nachdem aber das weit fortgeschrittene Konzept mit der Transfergesellschaft scheiterte, mussten die Kündigungen ausgesprochen werden. Entgegen der Äußerungen Kusels erklärte Dohrmann, dass es nahezu täglich Gespräche mit dem Betriebsrat gegeben hätte und sogar drei Betriebsversammlungen abgehalten wurden. „Als Insolvenzverwalter vertrete ich aber die Interessen aller Beteiligten“, so Dohrmann.

Die Gespräche mit den potenziellen Investoren verliefen derweil in Sande. Bis gestern war nur noch Ulrich Rothstein bereit, zu investieren. „Die persönliche Enttäuschung ist groߓ, erklärte Rothstein, der vor viereinhalb Jahren das Unternehmen von seinem Vater und Firmengründer Harald Rothstein in einer akuten Schieflage übernommen hatte. Nach der äußern Sanierung samt Umzug nach Gummersbach stand die innere Sanierung an. „Der Großschadensfall bei einem Kunden mit Reklamationen hat diese Pläne zerstört“, erklärte Ulrich Rothstein, dass er die Firma seines Vaters gerne wieder in ruhigeres Fahrwasser manövriert hätte. „Mit der ISS-Tec wollte ich wenigstens einige Mitarbeiter weiterbeschäftigen“, hat Rothstein nach eigenen Angaben zu vielen Angestellten ein langjähriges und persönliches Verhältnis.

Wie es jetzt genau weitergeht, steht nicht fest. Sollten die Arbeitnehmer wie angekündigt gegen ihre Kündigungen klagen, wird sich ein Arbeitsgericht mit dem Fall beschäftigen. Wie Insolvenzverwalter Dohrmann mitteilte, wurden bis Ende Juli alle Löhne wie gewohnt ausgezahlt. Auch für den August soll es keinen Lohnausfall bei den rund 50 Beschäftigten geben. Die Rothstein Draht GmbH und Rothstein Vitrinen GmbH sind von der Insolvenz nicht betroffen.
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