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AWO: Gesundung durch Lohnverzicht?

Red; 15. Jun 2016, 05:00 Uhr
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AWO: Gesundung durch Lohnverzicht?

Red; 15. Jun 2016, 05:00 Uhr
Oberberg – Finanzielle Lage der AWO-Rhein-Oberberg ist nach wie vor besorgniserregend – Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst sollen auf große Teile der tariflichen Lohnsteigerungen verzichten.
Die finanzielle Lage bei der AWO Rhein-Oberberg ist nach wie vor extrem angespannt. Nach den Erhöhungen der Gehälter und Löhne im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, den der Verband mehr als 1.200 Beschäftigten bezahlt, gerät er an den Rand seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. „Wenn wir tatenlos zusehen, wird uns das in die Insolvenz führen“, warnt Geschäftsführerin und Betriebswirtin Martina Gilles. Um die Lage zu stabilisieren, muss sich der Betrieb aus der Trägerschaft von sieben Kitas verabschieden, für die nun andere Betreiber gesucht werden. Aber auch das wird aus AWO-Sicht nicht ausreichen, um die Existenz des Unternehmens langfristig zu sichern. Darum hat die AWO auf Wunsch der Mitarbeiter ein verbessertes Angebot erarbeitet, das man am gestrigen Dienstag den Einrichtungsleitungen unterbreitete. Wie viele Mitarbeiter das Angebot annehmen, ist zurzeit nicht bekannt.


Im Gegensatz zum ersten Vorschlag, wonach die Beschäftigten zunächst einmal auf ihre gesamten Tariferhöhungen verzichten sollten, bis die Einnahmesituation sich etwa durch ein neues Kinderbildungsgesetz verbessert, ist nun ein Stufenmodell auf dem Tisch: Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst verzichten demnach beim rückwirkenden Teil des Tarifabschlusses auf 90 Prozent der Tariferhöhung, 2016 auf 80 Prozent der Tariferhöhung, 2017 auf 70 und 2018 auf 60 Prozent. Diese Variante orientiere sich am Motto „Lieber dynamisch verzichtend im Tarifvertrag  bleiben als vermeintlich verzichtslos in einen schlechteren Tarif wechseln zu müssen“, fasst es AWO-Fachbereichsleiterin Alwine Pfefferle zusammen.

Wer diese Vereinbarung unterschreibt, bekommt garantiert: Sollten trotz aller Sicherungsbemühungen weitere Einrichtungen an andere Träger abgegeben oder Arbeitsverhältnisse sogar betriebsbedingt gekündigt werden müssen, verpflichtet sich die AWO schriftlich, die Gehaltserhöhungen, auf die die AWO-Mitarbeiter verzichtet haben, nachzuzahlen. Oberstes Ziel bleibe es, die Leistungsfähigkeit des Verbandes zu erhalten und die Arbeitsplätze der Beschäftigten zu sichern, betont Geschäftsführerin Gilles. Dazu zähle, die Bilanzen des Verbandes von unabhängigen Wirtschaftsprüfern untersuchen zu lassen. Das fordert die Gewerkschaft ver.di. Für unzulässig hält Gilles allerdings das Ansinnen der Gewerkschaft, ungehindert Einblick in alle Daten nehmen zu können. Das sei aus datenschutz- und unternehmensrechtlichen Gründen nicht möglich. Deshalb habe die AWO um eine Verschwiegenheitsklausel gebeten. Das betreffe natürlich nicht die Untersuchungsergebnisse der von der Gewerkschaft vorgeschlagenen Wirtschaftsprüfer.

Der AWO Rhein-Oberberg sei bewusst, dass mit dem Verzicht auf große Teile künftiger Tariferhöhungen „ein nicht unerhebliches Opfer abverlangt“ werde, schreiben Geschäftsführerin Gilles und die Vorstandsvorsitzende Beate Ruland. Man sehe allerdings hinsichtlich des Erhalts der Arbeitsplätze keine andere Alternative.
  
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