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Eine Konzertlesung, die unter die Haut ging

vma; 24. Nov 2015, 12:26 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Ein vertrautes Gespräch zwischen Samuel Harfst (li.) und Samuel Koch, an dem die beiden Freunde das Publikum im vollbesetzten Gemeindesaal der Evanglisch-Freikirchlichen Gemeinde Hackenberg teilnehmen ließen.
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Eine Konzertlesung, die unter die Haut ging

vma; 24. Nov 2015, 12:26 Uhr
Bergneustadt – Beide berührten die Menschen im Gemeindesaal der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Hackenberg: Samuel Koch mit seinem Schicksal und Samuel Harfst mit seiner Musik - Gemeinsam sind die beiden auf Tour.
Von Vera Marzinski


[Seinen Humor zeigte Samuel Koch immer wieder – ob im Gespräch oder während der Lesung. Sein verschmitztes Lächeln war immer dabei.]

Samuel Koch liest aus seinen autobiografischen Büchern. Samuel Harfst präsentiert Lieder aus seinem neuesten Album. Gemeinsam bescheren sie einen Abend voller Tiefgang und Humor, an dem Musik auf Wort trifft. Im Konzert ist auch ein Lied dabei, dass Samuel Koch schon vor seinem Unfall 2010 bei „Wetten dass…“ kannte: „Das Privileg zu Sein“. Und genau dieses Lied bringt es wahrscheinlich auf den Punkt. Seit dem Unfall in der TV-Sendung ist Koch Tetraplegiker – eine Form der Querschnittlähmung, bei der alle vier Gliedmaßen, also sowohl Beine als auch Arme, betroffen sind. Mit seiner Lesung lädt er die Gäste ein, die Kostbarkeit des Lebens neu zu schätzen. Denn „wir sind schon wertvoll, weil wir sind.“



„Ich seh den Schelm in Deinen Augen“, sagt Harfst zu seinem Namensvetter Koch. Dieser besondere Humor blitzte gleich zu Anfang durch. Im Halbdunkel fährt er mit seinem Rollstuhl zur Bühne und wird hinter Paravents in einen der Ohrensessel gesetzt. Anschließend kommentiert er das Musikstück von Harfst mit „obwohl die Sicht eingeschränkt war, haben sie angefangen zu klatschen – vielleicht auch deshalb“. Und verschmitzt erzählt er von seiner täglichen Dankbarkeitsliste, die er mit allem bestücke, was ihm so gerade in den Sinn komme – in Bergneustadt wurde die Liste endlos lang.


[Samuel Harfst stellte mit seiner Band Stücke aus dem neuen Album „Chronik einer Liebe“ , aber auch ältere Lieder vor.] 

Bei dieser Konzertlesungstour stellte Samuel Koch sein neues Buch „Rolle vorwärts – Das Leben geht weiter als man denkt“, vor. Er griff aber auch auf Sekundärliteratur zurück – „der Autor ist der gleiche“, betonte er verschmitzt. „Zwei Leben“ ist das erste Buch von Koch. Hier schreibt er auch von seinem Leben vor dem Unfall – schon als Kind war er begeisterter Kunstturner und studierte nach dem Abitur Schauspiel in Hannover. Und um nicht immer die Theaterkollegen zu sehen, gehe er jetzt mit Harfst auf Tour, kommt dann in Bergneustadt wieder als Kommentar mit diesem Schelm in den Augen.

Persönlich kennen sich die beiden seit Harfst Besuch in der Rehaklinik in der Schweiz. Samuel Harfst ist ein deutscher Singer-Songwriter. Sein Name steht für handgemachte Musik mit Charakter. Wer seine Lieder hört, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Aus dem Staunen über die leisen Töne, die ohne Umweg direkt ins Herz wandern, die Nähe schaffen, die berühren und aufwühlen. Gemeinsam mit Bruder David an Keyboard und Schlagzeug sowie Dirk Menger an Cello und Keyboard findet er auch in Bergneustadt den richtigen Gegenpart zur Lesung.


[Auch seine „Jammerstellen“ – wie er sie selbst betitelte - las Koch. Tabea Irle aus Bergneustadt hielt ihm dazu das Buch – was bei ihr besser klappte als bei Freund Harfst.]

In Harfst Lied heißt es „Ist es nicht wunderbar, an diesem Tag zu sein. Es ist ein Privileg, erachte es nicht als klein.“ Wunderbar war es, die gefühl- und inhaltsvolle Musik zu hören, gemeinsam mit einer Lesung, die mehr als berührte. Koch gab so viel Hoffnung und Zuversicht weiter. Besonders, als er über Kraftquellen sprach und dass ihm am meisten „die Aussicht auf mehr“ hilft, denn er sei überzeugt, dass dieses Leben nicht alles ist und er konsequent davon ausgehe, dass das Beste noch kommt.
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