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Von allem zu wenig

bv; 22. Nov 2015, 15:27 Uhr
Bild: Bwernd Vorländer --- Die oberbergische SPD hielt ihren Parteitag in Lindlar ab und machte deutlich, dass man derzeit den Abwärtstrend noch nicht hat aufhalten können.
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Von allem zu wenig

bv; 22. Nov 2015, 15:27 Uhr
Oberberg - Begeisterung, Mitglieder, Erfolge - Die oberbergische SPD kennt ihre Probleme, sucht aber noch nach dem Weg aus dem Halbschatten.
Von Bernd Vorländer

Dass die SPD ein fundamentales Problem hat - wer wollte das bestreiten. Ihr geht es zwar nichts anders als dem politischen Mittbewerber, der Union, die als Volkspartei ebenfalls Mitglieder verliert, aber die SPD trifft diese Entwicklung nachdrücklicher, sowohl in der praktischen Arbeit wie im Selbstverständnis. Es schmerzt die sozialdemokratische Seele zutiefst, wenn sie bundesweit im 25-Prozent-Umfrage-Turm eingebunkert erscheint, wenn man nicht von Schwächen der Mitbewerber profitiert und die Durchsetzungsfähigkeit eigener Politik keinerlei Auswirkung auf die demoskopischen Zahlen hat.

"Ja, wir haben trotz aller Notwendigkeit der Reformpolitik von Gerhard Schröder bei unserem Markenkern Soziale Gerechtigkeit eingebüßt", sagt Oberbergs SPD-Chef Thorsten Konzelmann. Zu spüren bekommen das die Sozialdemokraten in der Region beim (Un) Willen vieler Bürger, sich in der über 150 Jahre alten Partei zu engagieren. "Die Kampagnenfähigkeit der SPD ist deutlich eingeschränkt", sagt Konzelmann beim Parteitag im Lindlarer Kulturzentrum", und mancher Genosse im Saal pflichtet still bei. Was das praktisch heißt, hat man beim Landratswahlkampf vor wenigen Wochen zu spüren bekommen. Bei über 50.000 Einwohnern in der Kreisstadt Gummersbach haben gerade noch 168 ein SPD-Parteibuch, 20 Prozent Mitglieder hat man allein in den vergangenen sechs Jahren verloren. Da lässt sich ein echter Wahlkampf nur mühsam bewerkstelligen.


Und Ralf Wurth, Fraktionschef der Sozialdemokraten im Kreistag, bringt es auf den Punkt: "Wir müssen das Ergebnis nicht schönreden. Es ist sehr ärgerlich, dass unser Kandidat nicht zumindest in die Stichwahl gekommen ist, aber wir hatten ein Mobilisierungsproblem in der Mitte und im Nordkreis." Klare Kante empfiehlt Wurth seinen Parteifreunden und erkennt eine zu große Kuschelromantik zu anderen Parteien. Tatsächlich hat die SPD kreisweit vor allem mit sich selbst zu tun. Man stellt lediglich in Engelskirchen noch den Bürgermeister, wurde in Radevormwald mit in eine Affäre um den CDU-Kandidaten gezogen und ist derzeit kaum in einem Angriffsmodus. Das stört Wurth kolossal. Man müsse mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen, sagt der Wipperfürther  und zitiert Luther: "Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz."

Krachlederndes in einer ansonsten eher handzahm wirkenden Partei, die sich jetzt auf die Fahnen geschrieben hat, den Weg der harten Kärrner- und Überzeugungsarbeit in der politischen Ebene zu gehen. Multiplikatoren sollen vor Ort für die sozialdemokratische Arbeit geworben werden, man will stärker auf Menschen zugehen. Nötig ist das, wie selbst die Gremien der SPD auf Kreisebene zeigen. Juso-Vorsitzender Benjamin Stamm warb für eine "Willkommenskultur für junge Leute in den Ortsvereinen", denn manches erscheine festgefahren und schrecke eher ab. Und die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen hofft darauf, im kommenden Jahr überhaupt wieder Lebenszeichen zu senden. Derzeit ruht die Arbeit aufgrund mangelnden Interesses an der Basis.
  
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