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Brennende Fragezeichen

bk; 4. Oct 2015, 18:51 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung.
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Brennende Fragezeichen

bk; 4. Oct 2015, 18:51 Uhr
Gummersbach - Purple Schulz begeistert seine Fans in der Halle 32 - Mit dem herausragenden Gitarristen Markus Wienstroer zeigt er von Neue-Deutsche-Welle-Hits bis zu aktuellen Songs einen Querschnitt durch sein musikalisches Werk.
Von Birgit Kowalski

Knalleffekte, Melodik und poetische Texte waren vor 30 Jahren das Kennzeichen von Rüdiger Schulz und seinen Bandkollegen, die auf der Neuen Deutschen Welle ritten. Als sie ausrollte, verliefen sich die Spuren von Purple Schulz nicht im Sand. Der Kölner Sänger und Songschreiber, der im Teenager-Alter als Fan der Rockband Deep Purple seinen Spitznamen bekam und seine Band demnach benannte, hat immer weiter Musik gemacht.

Gerade 59 geworden und 30 Jahre nach dem ersten Hit, spielte Purple Schulz in Gummersbach alte und neue Lieder. Nach wie vor sind die Texte von jener eigentümlichen Poesie, die von jedem Zuhörer individuell interpretiert werden muss und sich sowohl dem rein intellektuellen als auch einem rein emotionalen Zugang verschließt. So wie im Lied „Sehnsucht“, wo kindliches Erleben mit der oft grausamen Realität der Erwachsenenwelt kontrastiert wird, bis zum schmerzerfüllten Schrei „Ich will raus!“.



Nach 30 Jahren sitzt der Text auch beim Publikum immer noch. Und das nicht nur bei diesem einen Lied. Schulz lobte die Zuschauer in der Halle 32 und fragte, wer von den etwa 120 Gästen schon einmal bei einem Purple-Schulz-Konzert war. Es waren knapp die Hälfte. Seinem „jungen Kollegen“, dem gerade drei Jahre jüngeren Gitarristen Markus Wienstroer, verklickert er: „Vor 25 Jahren wäre die Halle hier voll gewesen, in den vorderen Reihen nur bildhübsche Mädels, keine über 23!“ Bei den Fans in Gummersbach kommt dieser Scherz gut an.

Im Song „Fragezeichen“ über die Orientierungslosigkeit alter Menschen hat er die Demenzerkrankung seines Vaters verarbeitet. Das Musikvideo, in dem er einen verwirrten Rentner spielt, ist das offizielle Video des Sozialverbandes VdK zum Thema Demenz. Mit diesem Text hat Schulz seine bildreiche Sprache zurückerobert.


[Auch Gitarrist Markus Wienstroer wusste auf der Bühne zu überzeugen.]

Anders ist es beim Eröffnungslied „Ich hab’ Feuer gemacht“. Den Text für diesen Song von 2012, der auch auf seiner neuen Platte „So und nicht anders“ zu hören ist, hat Schulz mit seiner Frau Eri geschrieben. Er hat autobiografische Züge und erzählt in einer fast platt zu nennenden Direktheit, dass Ideen nicht als spinnerte Träume verpuffen müssen, sondern dass Künstler etwas bewegen können, wenn sie vollen Einsatz zeigen.

Purple Schulz engagiert sich sozial, nicht nur beim Thema Demenz. Er tritt auch in psychiatrischen Einrichtungen auf. In den Überleitungen gelingt es Schulz denn auch nicht, poetisch zu bleiben. Die gelegentlich mit erhobenem Zeigefinger daherkommenden Moderationen, die oft assoziativ von Thema zu Thema springen, bringen eine bittere Note ins Programm. Das ist allerdings gewollt. Schulz teilt die Auffassung des argentinischen Therapeuten und Autoren Jorge Bucay: „Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen, Erwachsenen, damit sie aufwachen.“

Den Ausgleich schaffen Purple Schulz und sein hervorragender Gitarrist Markus Wienstroer im Halb-Playback mit live gespieltem E-Piano, Gesang und Gitarre zu Percussion- und Basslinien vom Band. Die Musik hat einprägsame Melodien und ist in klarer Schönheit stets authentisch. Passend zum Text, schwelgen manche Akkorde zum Schein in einer trügerischen Harmonie, bis ein Knalleffekt oder Dissonanzen sie auflösen. Das Konzert, das Schulz als musikalisches Menü bezeichnet, endet – gewissermaßen als Dessert – mit den bekannten Hits aus den 80er Jahren.


  
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