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Einspruch gegen Bußgeldbescheid kann sich lohnen

Red; 26. Sep 2015, 10:00 Uhr
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Einspruch gegen Bußgeldbescheid kann sich lohnen

Red; 26. Sep 2015, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.
Von Rechtsreferendarin Julia Reinert

Wer schneller als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist, riskiert, dass die Radarfalle zuschlägt und er einen Bußgeldbescheid erhält. Die zuständige Behörde sichtet im Normalfall die von ihr geschossenen Radarfotos und erlässt nach einer Prüfung einen Bußgeldbescheid.

Problematisch wird es jedoch, wenn nicht die Behörde selbst die Prüfung vornimmt, sondern ein zwischengeschalteter Dritter. In einigen Kreisen und Städten - unter anderem der Stadt Bergisch Gladbach - ist es gängige Praxis, dass ein externer Dienstleister die Bearbeitung und Auswertung der von den Radarmessgeräten geschossenen Bilder vornimmt. Die Behörde erlässt im Anschluss aufgrund der getätigten Auswertung die Bußgeldbescheide, ohne eine erneute Prüfung der Ergebnisse vorzunehmen.

Das Amtsgericht Bergisch Gladbach hat diese Woche entschieden, dass dieses Vorgehen nicht zulässig ist. Das Amtsgericht stellte das Bußgeldverfahren ein. Es stelle einen Fehler im Bußgeldverfahren dar, wenn ein privater Dritter wesentliche Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt.

Mit ähnlich gelagerten Fällen hatten sich dieses Jahr das Amtsgericht Kassel (Urteil vom 14.04.2015 - 385 OWi – 9863 Js 1377/15) sowie das Amtsgericht Parchim (Urteil vom 01.04.2015 - 5 OWi 2215/14) zu befassen. Beide gingen ebenso wie das Amtsgericht Bergisch Gladbach davon aus, dass eine vollständige Delegation der Bildauswertung auf ein Privatunternehmen nicht zulässig sei.

„Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns. Eine Mitwirkung von Privatpersonen ist nur möglich, wenn die Verwaltungsbehörde „Herrin des Verfahrens“ bleibt“ (AG Parchim v. 01.04.2015 – 5 OWi 2215/14). Daraus folgt, dass es der Behörde obliegt, die Prüfung und Auswertung der Daten selbstständig vorzunehmen. Sie darf sich in diesem Rahmen keines externen Personals bedienen. Wenn sie dennoch Privatpersonen in den Vorgang einschaltet, so muss in jedem Fall eine nachträgliche Überprüfung durch einen Mitarbeiter der Behörde vorgenommen werden. Eine vollständige Delegation dieser hoheitlichen Aufgaben ist nicht möglich.

Eine Auswertung der Radarbilder durch externe Dritte führt somit dazu, dass eine Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse durch die Behörde nicht möglich ist. Ein aufgrund dieser Messung ergangener Bußgeldbescheid ist rechtswidrig. Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid mit einem Einspruch vorgehen. Der Einspruch muss binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids eingelegt werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist bleibt nur noch die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist jedoch nur in den Fällen möglich, in denen das Bußgeld den Betrag von 250,00 EUR übersteigt und seit Erlass des Bußgeldbescheids noch nicht mehr als 3 Jahre verstrichen sind.



Für Bußgeldbescheide, die von dem Oberbergischen Kreis erlassen worden sind, hat die Entscheidung des Amtsgerichts Bergisch Gladbach keine Auswirkungen. Der Oberbergische Kreis wertet alle Daten durch eigene Mitarbeiter aus.


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