Archiv

„Meine Antwort auf den Irrsinn ist das Lachen“

fj; 21. Sep 2015, 13:35 Uhr
Bild: privat --- Purple Schulz
ARCHIV

„Meine Antwort auf den Irrsinn ist das Lachen“

fj; 21. Sep 2015, 13:35 Uhr
Oberberg – Am 2. Oktober ist Purple Schulz in der Halle 32 zu Gast – OA sprach mit dem Kölner über seine Musik, seine Pläne und Hits.
OA: Was können die Gummersbacher von Ihrem Konzert am 2. Oktober in der Halle 32 von Ihnen erwarten – und was erwarten Sie von Ihrem Publikum?

Schulz: Neben den Hits wie „Verliebte Jungs“ oder „Sehnsucht“ werde ich viele Songs vom letzten Album „So und nicht anders!“ spielen. Dieses Album, das ich erstmals mit meiner Frau geschrieben habe, hat als Leitmotiv ein Zitat des argentinischen Therapeuten Jorge Bucay: „Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen  –Erwachsenen, damit sie aufwachen.“ Mir geht es ja in erster Linie darum, mit diesen Songs etwas in Gang zu setzen. Und das passiert tatsächlich jeden Abend, niemand geht aus diesen Konzerten so raus, wie er gekommen ist. Es wird gelacht, es wird hier und da auch eine Träne vergossen. Es ist kein Konzert im herkömmlichen Sinn. Viele Menschen sagen mir hinterher immer, dass sie sowas weder erwartet, noch jemals erlebt hätten. Es ist auch ungewöhnlich in der Hinsicht, was ich mit Markus Wienstroer, der mich an Gitarre und Violine begleitet, musikalisch aus den Songs heraushole. Man vergisst völlig, dass da nur zwei Leute auf der Bühne stehen. Und es ist vor allem auch die unglaubliche Bandbreite und Dynamik, die das Konzert so einmalig machen.

OA: Ihr Album „So und nicht anders“ erschien im Jahr 2012, die Live-CD „So ist das live“ im Jahr 2013. Wann können Ihre Fans ein neues Studioalbum erwarten?

Schulz: Das neue Album wird im Herbst 2016 erscheinen. Unabhängig davon übernehme ich aber heute schon neue Kompositionen ins Programm. Aber dieses Jahr lag der Schwerpunkt auf meinem Buch, das im November in die Läden kommt.

OA: Worum geht es da?

Schulz: „Sehnsucht bleibt“ ist der Versuch, dem Phänomen der Sehnsucht unter anderem auch anhand meiner Biografie näher zu kommen. „Sehnsucht“ ist mein größter Erfolg gewesen, und da liegt es ja nahe, mal zu fragen, wie das damals möglich war und ob dieser Erfolg sich heute noch so einstellen würde. Was war denn damals unsere Sehnsucht? Und wie hat sie sich in den letzten 30 Jahren verändert? Wieso gibt es im Gegensatz zu den 1980ern keine großen, basisdemokratischen Bewegungen mehr?



OA: Ihr Hit „Sehnsucht“ wird oft als „Hymne der Ausreisewilligen“ bezeichnet. Auch heute sind Millionen Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben. Sehen Sie Parallelen zwischen Flüchtlingen und den Bewohnern der ehemaligen DDR, die ebenfalls für ein Leben in der Bundesrepublik einen gefahrvollen Weg auf sich genommen haben?

Schulz: Jein. Wer die Strapazen einer Flucht auf sich nimmt, macht das sicher nicht zum Vergnügen oder wegen der Aussicht auf Begrüßungsgeld. Da geht es immer um die nackte Existenz. Und darum stört mich auch das Geschwätz von den sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“. Die wahren Wirtschaftsflüchtlinge sind doch die, die hier in Deutschland Arbeitsplätze abbauen, um im Ausland billiger produzieren zu können. Was die Bewohner der ehemaligen DDR angeht, muss man wirklich differenzieren zwischen denen, die damals unter Lebensgefahr das Land verlassen haben und dabei mitunter ums Leben kamen, und denen, die über Ungarn, als die DDR im Sommer 1989 quasi bankrott war, in den Westen rübergemacht haben. So katastrophal die Bedingungen damals in der deutschen Botschaft in Budapest gewesen sein mögen, so harmlos mutet das an im Vergleich mit dem, was die Menschen durchgemacht haben, die nun völlig traumatisiert und erschöpft nach monate-, mitunter jahrelanger Flucht bei uns ankommen. Ich weiß auch noch nicht, wie wir diese Aufgabe bewältigen werden, ich weiß nur, dass wir sie bewältigen müssen. Und dazu brauchen wir eine Mischung aus Pragmatismus und Vision. Und wir müssen vor allem endlich lernen, zu teilen.

OA: Ihre Texte, so die Medien, können zart und liebevoll, aber auch bitter-böse sein. Was braucht es, damit Sie bitter-böse werden?

Schulz: Dazu muss ich manchmal nur den Fernseher anschalten. Ich habe glücklicherweise einen ausgeprägten Humor, der mir das Leben in diesen durchgeknallten Zeiten erleichtert. Zwar kann ich auch mal böse werden, aber meine Antwort auf den Irrsinn ist das Lachen, nicht die Bitterkeit. Und natürlich die Musik, weil sie das perfekte Medium ist, um alle meine Emotionen direkt in die Herzen der Zuschauer zu katapultieren.

Das Konzert mit Purple Schulz und Markus Wienstroer findet am Freitag, 2. Oktober, in der Halle 32 statt. Los geht es um 20 Uhr, Einlass ist ab 19:30 Uhr. Karten gibt es unter www.halle32.de.
WERBUNG