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Regentanz zum Erntedank

bk; 14. Sep 2015, 11:40 Uhr
Bilder: Dominic Gauger.
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Regentanz zum Erntedank

bk; 14. Sep 2015, 11:40 Uhr
Morsbach - Der Erntezug in Lichtenberg fand mit rund 300 Mitwirkenden und mehr als doppelt so vielen Zuschauern im Regen statt - Ihr Erntedankfest ließen sich die Lichtenberger und ihre Gäste nicht verdrießen, aber der Umzug wurde kürzer als geplant.
Von Birgit Kowalski

Der längste Erntezug in der Geschichte des Lichtenberger Erntedankfestes wurde letztlich einer der kürzesten. Das lag am Regen, der beim Start des Erntedank-Umzugs einsetzte und nicht enden wollte. Die Mitwirkenden der 18 Wagen, 17 Fußgruppen und vier Musikzüge einigten sich mit den Organisatoren darauf, die Runde durchs Unterdorf ausfallen zu lassen. Die Gruppen zogen vom Aufstellplatz „Auf dem Pol“ durch die Bergstraße direkt zum Festzelt.

Über Lautsprecher gaben die Zug-Kommentatoren Karin Wehling und Johannes Mauelshagen die Info über die Änderung an die Zuschauer weiter. Die säumten mit bunten Regenschirmen den Weg des Zugs. Die Erntekrone, die traditionell den Lichtenberger Erntezug führt, tuckerte voran: Wie im vergangenen Jahr wurde sie vom Treckerclub „Freunde alter Traktoren“ zum Festzelt gefahren. Johannes Mauelshagen erzählte den Zuschauern, die Erntekrone sei einstmals nach Beendigung des Kornschnitts von den Schnittern geflochten und dem Gutsherrn überbracht worden.


[Bei der Party am Samstag wurde Krachlederne getragen.]

„Unsere Erntekrone hängt schon beim Festauftakt im Festzelt und führt traditionell den Erntezug an“, sagte Mauelshagen. Das Erntedankfest, mit dem die Menschen am Ende des Sommers ihrem Gott für die Ernte dankten, wird in Lichtenberg seit 1932 gefeiert. Seit 1961 findet es in Trägerschaft der katholischen Kirchengemeinde am zweiten Wochenende im September statt. Ein Festausschuss organisiert das dreitägige Fest. Höhepunkt ist der Erntezug am Sonntag.



Der Musikverein Lichtenberg begleitete ihn musikalisch, nachdem er am Samstag zum „Bayrischen Abend“ in Tracht als „Lichtenberger Musikanten“ aufgespielt hatte. Anschließend hatte heftiger Regen den fließenden Übergang zum Auftritt der Party- und Oktoberfest-Band „Wuerzbuam“ verhindert, wie Karin Wehling erläuterte: „Regenwasser war in eine Kabelverbindung geraten. Die musste ausgetauscht werden.“ Unterm Sonnenschirm auf der Kommentatoren-Plattform notdürftig geschützt, bedauerte Wehling die Gruppen im verregneten Erntezug: „Die haben sich alle mit so intensiv vorbereitet, und jetzt werden sie pudelnass.“

Dafür hatten sie „die Sonne im Herzen“. Das verkündete der Mottowagen von der „Owerhoff“, der Gegend an der Wasserscheide von Agger und Sieg, die von den Strahlen der Morgensonne erwärmt wird. Zum Einheizen geeignet und dekorativ waren Trecker und Anhänger auf dem Motivwagen aus Böcklingen: Sie waren aus Brennholz gestaltet. Dem mäusegeplagten Gärtnerleben entsprang das Motto des Lichtenberger Originals „Werni“ Zimmermann: „Häste Löcher im Gaaten, bruchste nit lang up Müüs ze waaten“. Bald darauf folgten die frechen Mäuse aus der Nachbarschaft „In den Kirchenhähnen“.


[Der Sonnen- wurde zum Regenschirm umfunktioniert.]

Als Wespen verkleidet, summten die Kinder, Eltern und Erzieher vom DRK Kindergarten „Schatzkiste“ im Zug mit. Die Damen der Gartenstraße in Lichtenberg widmeten ihren Motivwagen ebenfalls der Wespe. Johannes Mauelshagen kommentierte: „Diese Tierchen mit den spitzen Hintern waren 2015 sehr zahlreich – und immer da, wo man sie nicht brauchen konnte.“ Die freundlichere Biene und ihre Honigwaben waren das Motto der Nachbarschaft „Bergstraße“, wo der  Imker Willy Lensing wohnt. Stachelig war auch das Motto der Schüler, Eltern und Lehrer der Grundschule: Igel und Winterschlaf.

Großen Tieren widmeten sich „die Stipper“: Zu ihrem Glück fehle ihnen nur die Kuh, behaupteten sie im Erntezug. Wäre es ihr Ernst, könnte ihnen der junge Züchter Niklas Kappenstein helfen, dessen Hochlandrind „Evelyn vom Frankenthal“ für seinen Mottowagen Pate stand.

Der Wagen aus dem Morsbacher Ortsteil Rom brachte mediterranes Flair und einen Kipp-Pflug mit. Johannes Mauelshagen erklärte: „Der Pflug blieb in der Furche stehen, und die Zugtiere oder die Zugmaschine wurden umgespannt.“ Die Informationen bekämen sie von den Gruppen, verriet Karin Wehling: „Wir besuchen alle und sprechen über ihre Ideen.“ Passend zum bayerischen Thema des diesjährigen Erntedankfestes brachten die „Lichtenberger Burschen“ einen Bierkrug. Den Wagen der „Nachbarschaft am Kindergarten“ schmückte ein Erntekranz. Für das im pinken Kleid einher schreitende Geburtstagskind Marlies Schumacher sangen Zugkommentatoren und Zuschauer ein Ständchen im Regen.

Der Tennisclub FTC Lichtenberg verkündete mit seinem Mottowagen, die Meisterschaft sei geerntet. An Grillabende erinnerte die Nachbarschaft „Auf dem Pol“ mit ihrem Wagen, bei dessen Bau ebenfalls gegrillt wurde, wie Johannes Mauelshagen zu berichten wusste: „So trägt das Erntedankfest dazu bei, Nachbarschaften zusammenzuführen.“

Es war ein bunter Zug voller Kontraste: Während die „Erntewiewer“ als süße Marienkäfer einflogen, kam die „Wilde 13“ als Giftzwerge und die Pfadfinder als „Nebelkrähen“ mit Vogelscheuche. Als Johannes Mauelshagen die Gruppe der „Sauköppe“ vorstellte und von ihrer Tradition der Hausschlachtung erzählte, wurde er mit Wurstbroten versorgt. Die Früchte der Ernte waren Thema der Gruppen aus Niederasbach, Überasbach und der Nachbarschaften „Nürsche“ und „Ongerhoff“. Johannes Mauelshagen gestand, in Erinnerung an die saftigen Äpfel, die er als Kind in diesen Gärten stibitzte, laufe ihm heute noch das Wasser im Munde zusammen.

Des Regens nicht achtend, spielten im Zug „Klangwerk Morsbach“ unter der Leitung von Nadine Reuber, Sebastian Bätzing und der Musikverein „Concordia“ Friesenhagen und der Musikverein Holpe, diesmal  unter der Leitung von Lukas Schumacher. Der Musikverein Lichtenberg begleitet traditionell das Erntefest. Am Sonntagmorgen hatten die Musiker, die seit 2013 von Christian Böhmer dirigiert werden, die Totenehrung am Friedhof und den Erntedankgottesdienst im Festzelt musikalisch gestaltet. Dieter Weimann, Pfarrer im Ruhestand, vertrat bei dem Gottesdienst den Amtsnachfolger, der im Urlaub weilt. „Mit dem Gottesdienst im Zelt erreichen wir auch Menschen, die nicht zur Kirche kommen“, ist Weimann überzeugt.

Karin Wehling teilte mit, wegen der Wahl sei die Morsbacher Straße, anders als sonst, für den Erntezug nur teilweise gesperrt worden: „Das Wahllokal im Pfarrheim muss mit dem Auto angefahren werden können.“ Nach dem Ende des größten, schnellsten und nassesten Erntezuges der Lichtenberger Geschichte wurde die Teilsperrung komplett aufgehoben. Für die Sicherheit sorgten die Polizei und die Freiwilligen von DRK und Feuerwehr.

Am heutigen Montag spielen der Musikverein Lichtenberg und der Regenbogenexpress der BWO beim Frühschoppen im Festzelt an der Industriestraße in Morsbach-Lichtenberg.
  
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