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Aus drei mach eins

bv; 25. Aug 2015, 16:13 Uhr
Bild: Archiv, privat --- Jochen Hagt (li.) Ingeborg Mohr -Simeonidis und Jörg Bukowski wollen nach der Wahl am 13. September in das Landratsbüro einziehen.
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Aus drei mach eins

bv; 25. Aug 2015, 16:13 Uhr
Oberberg – Am 13. September entscheidet sich, wer neuer Landrat in Oberberg wird - Oberberg-Aktuell stellt die Kandidaten vor.
Von Bernd Vorländer

Eigentlich ähneln sich ihre Meinungen. Alle drei wollen Oberberg sozialer und kommunikativer machen, sie wollen, dass die Kommunen und der Kreis näher zusammenrücken, Akzente setzen, um bürgerschaftliches Engagement auszubauen, ohne das Oberberg in den kommenden Jahren nicht wird auskommen können. Ingeborg Mohr-Simeonidis, Jörg Bukowski und Jochen Hagt – alle drei wollen Hagen Jobi als Landrat nachfolgen. Im Detail zeigen sich dann aber die Unterschiede.

Dabei werden der von der Linken aufgestellten Kandidatin die geringsten Chancen eingeräumt, was Ingeborg Mohr-Simeonidis jedoch nicht davon abhält, vehement für ihre Überzeugungen zu streiten. Die 64-Jährige hat vor allem ein Problem: Ihr Bekanntheitsgrad tendiert gegen Null. Selbst auf der Internet-Präsentation der Linken findet sich kein Wort über ihre Kandidatur. Doch Mohr-Simeonidis sieht für sich durchaus Chancen, die Nische zwischen dem Kontinuität bewahrenden Jochen Hagt und dem Herausforderer Jörg Bukowski zu besetzen. Als Betriebsrätin und Psychologin sehe sie eine Hauptaufgabe darin, bei vielen Kreis-Themen die unterschiedlichen Meinungen an einen Tisch zu holen und Kompromisse zu vermitteln. Dabei empfindet Mohr-Simeonidis fehlende Verwaltungserfahrung nicht als Nachteil. Schließlich gebe es im Kreishaus genügend Fachwissen und eine Administration, die zuarbeiten könne. Ein besonderes Augenmerk will die Kandidatin der Linken auf den Kontakt zur mittelständischen Wirtschaft legen, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass bei Arbeitsplätzen mehr Wert auf familienfreundliche Strukturen gelegt wird.


Auch Jörg Bukowski würde gern ins Kreishaus einziehen, sein Büro im Morsbacher Rathaus verlassen, um in Gummersbach für neuen Schwung zu sorgen, wie er nicht müde wird, zu betonen. Eingefahrene Strukturen, keine Flexibilität, geringe Kommunikation zwischen Kreis sowie Städten und Gemeinden – so lauten die Vorwürfe des parteilosen Kandidaten, der von SPD, Bündnisgrünen sowie großen Teilen der UWG und einigen Liberalen unterstützt wird. Es müsse ein neues Denken her, das den Kreis als Dienstleistungsbehörde verstehe. „In den Mentalitäten wie in der praktischen Arbeit muss sich einiges verändern“, ist Bukowski überzeugt, der seine Ausbildung als Kreisinspektor-Anwärter beim Oberbergischen Kreis absolvierte und abschloss.

Seit 2001 arbeitet er in Morsbach, wurde 2009 dort zum Bürgermeister gewählt und 2014 eindrucksvoll bestätigt. Mit seiner Frau und vier Kindern lebt Bukowski auch in der „Republik“. Es fehle ein innerer Kompass, ist Bukowskis Hauptkritik an den Verantwortlichen im Kreishaus. Zum einen vermisse er ein tiefer gehendes Verständnis für die Sorgen der Städte und Gemeinden, die angesichts der Kreisumlage in immer größere Nöte gerieten. Wer einerseits tiefe Einschnitte fordere, müsse sich bei seinem eigenen Handeln an dieser Maxime messen lassen. Zum anderen glaubt Bukowski, dass man im Kreishaus oft zu sehr Förderprogramm-bezogen arbeite. „Weil es die Fördermittel gibt, entscheidet man, in diesem oder jenen Bereich etwas zu machen. Mir fehlt die Eigeninitiative, die Überzeugung bestimmte Dinge tun zu wollen, weil man sie als notwendig betrachtet und nicht, weil es dafür Fördermittel gibt.“

Der dritte Bewerber um das höchste Amt im Oberbergischen wäre zwar auch ein Amtsneuling, wird aber von seinen Kontrahenten wie auch den meisten Bürgern als „Kreishaus-Inventar“ betrachtet. Das stimmt auch weitgehend, denn Jochen Hagt ist als Kreisdirektor bereits seit zehn Jahren rechte Hand des Landrats. Jetzt will er die Position der „stillen Reserve“ verlassen und als Chef die Richtung vorgeben. Kontinuität ist ihm wichtig. Vieles habe der Kreis in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht. Die Schulpolitik nennt der 57-jährige Jurist gerne als Beispiel. Ortsnah seien für Kinder und Jugendliche alle Schulformen erreichbar, außerdem habe der Kreis viele Millionen in die Berufskollegs investiert. „Diese intakte Schullandschaft müssen wir unbedingt erhalten“, so Hagt, der ein hochwertiges Bildungsangebot auch als Standortvorteil sieht. Schließlich dürfte der Konkurrenzkampf der Regionen angesichts der demografischen Entwicklung immer härter werden. Dass die starke mittelständische Wirtschaft im Kreis ausreichend mit Fachkräften versorgt wird, ist ein weiteres Anliegen von Hagt, der seine Vernetzung in der Region Köln/Bonn als nicht unwichtigen Vorteil sieht.

In Köln-Mülheim geboren, ist Oberberg für Hagt längst Lebensmittelpunkt geworden. Er wohnt mit seiner Lebensgefährtin in Gummersbach und hat eine erwachsene Tochter. Ein Punkt liegt Hagt besonders am Herzen. Seine Kraft ziehe Oberberg aus den über 1.400 Dörfern und Weilern, vor allem aber den Menschen, die sich hier engagierten. Dass die Lebensqualität hier trotz dem prognostizierten Bevölkerungsrückgang nicht leide und man neue Lösungen etwa für Mobilität finden müsse, ist dem von CDU und FDP unterstützten Kandidaten wichtig.

Drei Bewerber, ein Thema – Oberberg. Aber auch eine Sorge: Wie hoch wird die Wahlbeteiligung sein? Bei lediglich vier weiteren Bürgermeisterwahlen in Engelskirchen, Wiehl, Nümbrecht und Radevormwald dürfte mancher Oberberger wohl einen Bogen um die Wahlurne machen. Für Spannung ist am 13. September ab 18 Uhr im Kreishaus-Foyer jedenfalls gesorgt, wenn die ersten Hochrechnungen eintrudeln.
  
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