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Flo66: Ein mehr als schwieriges Halbjahr

fn; 21. Jul 2015, 12:13 Uhr
Bilder: E-Motion IodaRacing Team.
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Flo66: Ein mehr als schwieriges Halbjahr

fn; 21. Jul 2015, 12:13 Uhr
Nümbrecht – Halbzeit in der Moto2-WM und Florian Alt fährt den Punkten weiterhin mit großem Abstand hinterher – OA bilanziert die bisherige Saison und blickt auf die ersten Planungen für 2016.
Von Fabian Nitschmann

Es ist erneut kein gutes, vielleicht sogar einfach ein schlechtes Halbjahr für Florian Alt. Nach der Katastrophen-Saison von 2013 scheint auch der zweite WM-Anlauf in die falsche Richtung zu gehen. Die Hälfte der Saison ist vorüber, Flo66 hat bisher keine Punkte und was noch viel schwerer wiegt: Der Abstand auf die Top15 wird und wird nicht kleiner.


[Fährt Florian Alt auch über die laufende Saison hinaus für das IodaRacing Team von Giampiero Sacchi in der Moto2-WM?]

Doch woran liegt es, dass der 19-Jährige mit seiner Suter nicht in Schwung kommt? Ist das Motorrad nicht schnell genug, der Fahrer nicht talentiert genug? Oder hat der junge Nümbrechter auch in seinem zweiten WM-Jahr einfach Pech?



Vor allem die Suter MMX2, das Vorjahres-Bike des Schweizers Tom Lüthi, fällt bei der Suche nach den Gründen für das schlechte Abschneiden immer wieder in den Fokus. Konkurrenzfähig sei es, das hat Alt im Laufe der vergangenen Monate regelmäßig beteuert. Aber die Suter sei auch schwierig einzustellen, das richtige Setup der Knackpunkt.

Durch die meist verregneten oder gar verschneiten Tests bestand für Flo66 wenig Möglichkeit, das Bike sowie die Dunlop-Einheitsreifen im Vorfeld der Saison angemessen zu testen. Doch auch nach neun Rennwochenenden scheint die Suche nach einer Basis für das weitere Setup nicht gefunden. In Assen ging das gute Setup vom Samstag gar in der Nacht auf Sonntag verloren. Es wirkt fast, als führe das Zweirad des Schweizer Herstellers Eskil Suter an manchen Tagen ein Eigenleben.


[Das vermeintliche Hauptproblem: Die Vorjahres-Suter sorgt immer wieder für Verzweiflung bei Fahrer und Team.]

Das Talent des 19 Jahre alten Nümbrechters steht derweil kaum in Frage. Dies belegt nicht zuletzt der Titelgewinn im Red Bull Rookies Cup von 2012, der wohl derzeit ambitioniertesten Nachwuchs-Rennserie auf zwei Rädern. Hinzu kommt die beeindruckende Saison 2014 in Spanien. Gleich bei seinen ersten Fahrten auf einer Moto2-Maschine konnte Alt auch diese wichtige Nachwuchs-Serie - inzwischen zur Europameisterschaft umgetauft - mitbestimmen. Dass der Titelträger von 2014, Jesko Raffin, nun in der WM meist hinter Alt ins Ziel kommt, ist ein weiterer Beweis für seine fahrerische Qualität.

Im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin Speedweek verwies Alt zudem darauf, dass seine Zeiten lediglich 0,5 Sekunden schlechter seien, als die des Schweizers Tom Lüthi aus dem Vorjahr, sprich mit dem selben Material. Für sich genommen ist dies eine durchaus akzeptable Leistung, schließlich ist Lüthi ein erfahrener Fahrer der Moto2-WM und gewann mit der Suter das Saisonfinale 2014 in Valencia.

Und dennoch fährt Alt bis zu drei Sekunden hinter der Spitze des Feldes her. Die logische Konsequenz: Die Bikes der Konkurrenz, vornehmlich Kalex-Motorräder, sind schneller geworden. Und die Abstimmung der Suter funktioniert auch weiterhin nicht. Eine Aufgabe, die das Team in Zusammenarbeit mit dem Fahrer regelt.


[Gesprächsgrundlage für die Verhandlungen mit Ioda: Neues Material und neues Personal.]

Hinzu kommt inzwischen aber auch die Psyche des 19-jährigen Nümbrechters. Denn die bisherigen neun Rennen hinterlassen Spuren. "WIr müssen Florian jetzt erstmal wieder dahin bringen, wo er psychisch Ende der Saison 2014 war", sagt Terrell Thien. Thien ist Alts Manager und bastelt zunehmend an der Saison 2016.

"Wir gucken überall und checken, was möglich ist", so Thien. Insgesamt eröffnen sich derzeit drei Möglichkeiten. Die erste ist der Verbleib beim aktuellen Team. "Wenn wir bei Ioda bleiben, braucht es aber anderes Material und auch anderes Personal. Das ist die Gesprächsgrundlage", sagt Thien. Anderes Material bedeutet dabei vor allem: Keine Vorjahres-Suter, am liebsten wohl eine Kalex. Die zweite Möglichkeit sei laut Thien noch nicht spruchreif. Die dritte wäre derweil ein eigenes Team. "Dafür müsste man aber erstmal die Möglichkeiten beim Veranstalter Dorna ausgucken."

Bei allen Spekulationen bleibt immer die Frage nach dem Geld, der entscheidenden Währung im Motorsport. Wer Gelder und Sponsoren akquiriert, kann sich in gute Teams einkaufen oder alte umkrempeln und zum Erfolg führen. So nicht zuletzt geschehen beim Kiefer Racing Team, das inzwischen unter dem Namen Leopard Racing in der Moto3 an den Start geht. In den Jahren 2013 und 2014 errang das ehemalige Alt-Team keinen WM-Punkt. Seit der Hersteller von Energy-Drinks dem Team unter die Arme greift, sind die Kiefers wieder in der Erfolgsspur. Mit dem Briten Danny Kent haben sie derzeit den Topfavoriten auf den Moto3-Titel unter Vertrag.



Weitaus knapper ist derweil die Finanzlage beim E-Motion Iodaracing Team sowie bei Florian Alt. Ohne das Sponsoring der Gummersbacher Bohle-Gruppe hätte Alt bereits seit Jahren nicht mehr an den Start gehen können. Ein ausgefallener Test wiegt so besonders schwer, denn ein einfaches Wiederholen ist nicht möglich. Manager Thien sprach Anfang des Jahres diesbezüglich von rund 100.000 Euro, die für einen Test mindestens veranschlagt werden müssen. Eine gewaltige Summe bei einem auf Kante genähten Motorsport-Projekt.

Letztlich gilt es nun für Florian Alt, zunächst mit dem vorhandenen Material einen möglichst guten Saisonabschluss zu erreichen. "Die Moto2-WM ist ziemlich hart, da muss viel vom Fahrer kommen", so Thien. In dieser Hinsicht müsse Florian noch einiges lernen, um in der zeiten Saisonhälfte bessere Ergebnisse zu erreichen. Thien: "Er muss das nicht, aber er sollte."
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