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Windkraft: Großes Potenzial und unpopuläre Maßnahmen

Red; 18. Jun 2015, 11:16 Uhr
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Windkraft: Großes Potenzial und unpopuläre Maßnahmen

Red; 18. Jun 2015, 11:16 Uhr
Reichshof – In einer gestrigen Sondersitzung des Gemeinderates wurden die Ergebnisse des Interkommunalen Klimaschutzteilkonzepts vorgestellt und Fragen zum geplanten Windpark beantwortet.
Rund 144 Millionen Euro geben die Kommunen Bergneustadt, Morsbach, Reichshof und Wiehl derzeit pro Jahr zusammen für Strom und Wärme aus. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Hochschule Trier, dessen Mitarbeiter die Kommunen mit der Erstellung eines Interkommunalen Klimaschutzteilkonzepts beauftragt haben. In der gestrigen Sondersitzung des Reichshofer Rates stellte Daniel Oßwald von der Hochschule Trier die Ergebnisse vor.

Das IfaS ermittelte verfügbare Potenziale erneuerbarer Energieträger, um den Kommunen anhand der Ergebnisse Handlungsempfehlungen auszusprechen. „Aufgrund der relativ großen Fläche hat Reichshof auch große Potenziale“, erklärte Oßwald den Ratsmitgliedern sowie den zahlreich erschienen Zuschauern und nannte vor allem zwei Hebel, die die Kommunen in Bewegung setzen könnten, um den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren: Mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen könnten 20 Prozent des derzeitigen Stromverbrauchs gedeckt werden, würde das ermittelte Solarpotentialen auf den Dächern ausgenutzt, sogar 30 Prozent.


Ein noch größeres Potenzial birgt die Windkraft. Das IfaS hat rund 180 Hektar ermittelt, die für die Errichtung von Windparkanlagen in Frage kämen. Das entspricht nur 0,7 Prozent der Gesamtfläche der teilnehmenden Kommunen, würde diese jedoch voll ausgeschöpft, könnte durch Wind 58 Prozent des gesamten Energiebedarfs gedeckt werden. Würden alle Potenziale „Erneuerbare Energien“ erschlossen, könnte bis zum Jahr 2020 eine regionale Wertschöpfung von rund 170 Millionen Euro erzielt werden.

Gerade die erneuerbare Energie mit dem größten Potenzial, die Windkraft, scheint aber gleichzeitig die unpopulärste Maßnahme zu sein. So hat sich gegen den geplanten Windpark, der aus insgesamt sechs Anlagen bestehen soll (drei Windräder in Friesenhagen, zwei in Morsbach, eins in Reichshof), auch auf Reichshofer Gemeindegebiert eine Bürgerinitiative gegründet. In Friesenhagen formiert sich die Bürgerinitiative Wildenburger Land, die zu einer Bürgerversammlung am 26. Juni um 18:30 Uhr in der Mehrzweckhalle in Friesenhagen einlädt. Kritische Fragen musste sich gestern auch Thomas Held vom Betreiber und Bauherr Altus AG gefallen lassen. Christine Brach, Fraktionsvorsitzende der Grünen, wollte beispielsweise wissen, wie es mit einer Bürgerbeteiligung aussähe und ob auch den Naturschutzverbänden ein Mitspracherecht eingeräumt würde. In beiden Fällen zeigte sich Held offen, verwies bei Fragen zum Naturschutz, zur Beschallung und zur Beschattung vor allem aber auf die Informationsveranstaltung, die am heutigen Abend um 18 Uhr in der Kulturstätte des Schul- und Sportzentrums Hahner Straße in Morsbach stattfindet. 

In die konkrete Diskussion, ob ein Windrad auch in Reichshof aufgestellt wird, wollen die Ratsmitglieder nach der Sommerpause einsteigen. Bis dahin wolle man das Genehmigungsverfahren für die Windräder in Friesenhagen, für die die Bauanträge bereits eingegangen sind, genau beobachten. Einen Vorteil hat die Gemeinde gegenüber ihrem Nachbarn im Kreis Altenkirchen nämlich: Wenn der Rat den entsprechenden Flächennutzungsplan nicht ändert, kann auch kein Windrad gebaut werden. „Trotz der Tatsache, dass Windkraft Potential hat, sind wir der Herr im eigenen Haus. Wir können die Fläche ausweisen oder auch nicht. Bevor nicht eine Entscheidung im Rat gefällt wurde, gibt es kein Windrad“, fasste Ralf Oettershagen, Vorsitzender der SPD-Fraktion, abschließend zusammen.
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