Archiv

Wenn Frau und Mann um ihr "liebstes Kind" streiten

Red; 1. May 2015, 10:11 Uhr
ARCHIV

Wenn Frau und Mann um ihr "liebstes Kind" streiten

Red; 1. May 2015, 10:11 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um die Frage, wem das Auto nach Trennung oder Scheidung zusteht?
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Andreas Günther

Der Deutschen „liebstes Kind“ ist das Auto. Man braucht sich daher nicht zu wundern, dass bei einer Trennung oder Scheidung gerade hierüber trefflich gestritten wird. Die Ausgangslage in der Familie Horch scheint ganz klar: es gibt ein Auto und Herr Horch ist in der Zulassungsbescheinigung Teil II (dem  früheren Kraftfahrzeugbrief) als Halter eingetragen und damit landläufig auch Eigentümer. Er könnte also im Fall der Trennung/Scheidung das Fahrzeug behalten und mitnehmen. Weit gefehlt - so einfach machen es sich die Juristen nicht. Die  Zulassungsbescheinigung ist zwar ein Indiz für die Eigentümerstellung des Mannes - mehr auch nicht. Hier gilt  der alte Merksatz “Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier“. Wer Eigentümer der Sache ist,  hat auch Eigentum an der dazugehörigen Urkunde und nicht etwa umgekehrt. Wie kann dann Herrn Horch geholfen werden?

Nur wenn er mehrere Hürden überwindet: Es muss tatsächlich festgestellt werden, ob er Alleineigentümer des Familien-Fahrzeuges ist. Bei Eheleuten ist die Abgrenzung schwierig. Denn der Gesetzgeber hat eine Vermutung aufgestellt. Danach sind Haushaltsgegenstände, wenn sie während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, gemeinsames Eigentum der Eheleute. Ist aber ein Auto überhaupt ein Haushaltsgegenstand? Hierunter versteht man ja üblicherweise Möbel, Geschirr, die Hi-Fi-Anlage, den Staubsauger usw.

Ein Auto ist nach einer Entscheidung des OLG Köln aus dem März 2001 dann Haushaltsgegenstand, wenn er aufgrund einer gemeinsamen Zweckbestimmung der Ehegatten für das familien- und eheliche Zusammenleben genutzt wird und im wesentlichen nicht den persönlichen Zwecken nur eines Ehegatten dient. Die Nutzung für Familienzwecke muss im Vordergrund stehen, also das Auto muss für Einkaufs-, Urlaubs- oder für Besorgungsfahrten zur Betreuung der Kinder benutzt werden („Taxi-Mama“). Wird das Auto also als klassischer Familien-Wagen genutzt und ist es während der Ehe gekauft worden, greift die gesetzliche Vermutung ein. Es  besteht dann tatsächlich nur Miteigentum von Herrn Horch an dem Fahrzeug.

Dass Herr Horch in der Zulassungsbescheinigung als Halter eingetragen ist, hilft ihm also nicht. Auch dass er auf der Rechnung des Autohauses steht und die Kraftfahrzeug-Versicherung abgeschlossen hat, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Das OLG Hamburg hat sogar im Jahr 1990 einmal  entschieden, dass es auch nicht darauf ankommt, dass nur einer der Ehegatten einen Führerschein hat (Az.: 2 UF 79/89 G). Ist also nur ein Auto in der Familie vorhanden und wird es als Familienfahrzeug genutzt, sind beide Eheleute jeweils zur Hälfte Eigentümer. Wer das Fahrzeug dann bei der Trennung tatsächlich behalten, sprich nutzen darf, ist wieder eine Abwägungsfrage. Derjenige der dringender auf die Benutzung angewiesen ist (etwa um zur weit entfernten Arbeit zu kommen), kann im Streitfall die Zuweisung des Autos durch das Gericht verlangen. Der Nutzer muss dann aber auch eine Haftpflichtversicherung (bei neuwertigen Fahrzeugen auch eine Vollkaskoversicherung) abschließen und bezahlen, ebenso wie die entsprechenden Steuern.

Können sich die Eheleute bis zur endgültigen Scheidung nicht über die Eigentumsverhältnisse verständigen (trotz der Nutzung durch den einen Ehegatten bleiben sie ja hälftige Miteigentümer), kann vor Gericht ein Antrag auf endgültige Eigentumszuweisung gestellt werden. Dem anderen Ehegatten kann dann eine angemessene Ausgleichszahlung zustehen. Oft lässt sich dies aber durch eine vernünftige Verteilung im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung erledigen. Wenn Herr Horch also zur Arbeit nach Ingolstadt fährt und Frau Horch samt Kindern mit dem Bus oder Rad alles erledigen kann, wird er das Auto behalten können.
  
WERBUNG