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Exoten mit kurzer Blüte

uh; 21. Mar 2015, 13:15 Uhr
Bilder: Martin Hütt.
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Exoten mit kurzer Blüte

uh; 21. Mar 2015, 13:15 Uhr
Nümbrecht - Mit der Sonderausstellung „Avantgarde aus der Provinz“ werden im Schloss Homburg ausgewählte Stücke der Porzellan-Manufaktur Spitzer aus Dieringhausen gezeigt.
Die Ausstellung wurde mit einem Festakt eröffnet. Jonglage mit Tellern und Tassen, Musik der 1920er-Jahre und Mixgetränke der Golden Twenties waren ein passendes Rahmenprogramm.   

[Museumsdirektorin Dr. Gudrun Sievers-Flägel ist ein großer Fan der Porzellan-Manufaktur.]

Wie schön und ästhetisch Porzellan sein kann, das erlebten die Besucher der Ausstellungseröffnung im neugebauten White Cube des Schloss Homburg am gestrigen Abend. Die Porzellan-Manufaktur Spitzer aus Dieringhausen schuf in den 1920er- und 1930er-Jahren Porzellan im Stil des „Art déco“ und wurde damit überregional bekannt. Art déco abgeleitet von art décoratif, der dekorativen Kunst, ist eine Bewegung in der Designgeschichte von 1920 bis 1940, die die Formgebung von Gegenständen in allen Lebensbereichen wie Architektur und Möbeln aber auch Schmuck und Gebrauchsartikeln umfasste. Museumsdirektorin Dr. Gudrun Sievers-Flägel erklärte den Besuchern sehr anschaulich die Besonderheiten der ausgestellten Exponate.

Die Porzellan-Manufaktur Spitzer ist hervorgegangen aus dem 1887 gegründeten Steingutgeschäft. Seit Anfang der 20er Jahre entwickelte sich das Handelsunternehmen unter der Leitung von Siegfried und Rudolf Spitzer zu einem Dekorbetrieb mit eigener Malerabteilung. Trotz der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation und der Belastungen durch die Inflationswirren des Jahres 1923 zählte die Manufaktur bis zur Mitte des Jahrzehnts fast 100 Beschäftigte.


Im Jahr 1926 brannte der Betrieb vollständig nieder. Erst zwei Jahre später konnte Spitzer die Arbeit mit einer deutlich vergrößerten und modernisierten Produktionsstätte wieder aufnehmen. Das Ausgangsmaterial, die sogenannte „Weißware“, wurde von unterschiedlichen Herstellern der damaligen Zentren deutscher Porzellanfabrikation bezogen. Arzberg, Heinrich und Hutschenreuther sind auch heute noch bekannte Porzellanhersteller.



Die Ware wurde teilweise in der Region verkauft, wobei es Kunden in ganz Westdeutschland sowie in den Beneluxländern gab. Mitte der 30er Jahre, mit der  Ausrichtung der Wirtschaft auf die Kriegsproduktion, sank der Stern der Porzellan-Manufaktur. Siegfried Spitzer schloss das Unternehmen noch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. In den Werkshallen wurden nun Rüstungsgüter produziert. Der Betrieb wurde nach 1945 nicht wieder aufgenommen. „Porzellan-Manufaktur Spitzer Dieringhausen“ bleibt ein exotisches Kapitel der oberbergischen Wirtschaft.

Das Schloss Homburg besitzt etwa 1000 Teile Spitzer- Porzellan. In der Ausstellung sind hiervon nur einige, ausgewählte Stücke zu sehen. Museumsdirektorin Gudrun Sievers-Flägel weist darauf hin, dass der Bestand weiterhin ergänzt wird. Sie sei sehr daran interessiert, einzelne Stücke oder auch ein komplettes Service zu erwerben.

Die Sonderausstellung „Avantgarde aus der Provinz“ kann noch bis zum 9. August 2015 während der täglichen Öffnungszeiten des Museums besucht werden.
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