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Bewegungsförderung mit Bohnen, Matsch und Spielspaß

js; 27. Nov 2014, 18:09 Uhr
Bilder: Jessica Schöler --- Das Körnerbad ist Teil der neuen Ausrichtung zur Psychomotorischen Kindertagesstätte. Hier darf nach Herzenslust gebuddelt werden. Die Kinder können die Körner in andere Behältnisse umfüllen und durch Röhren rieseln lassen.
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Bewegungsförderung mit Bohnen, Matsch und Spielspaß

js; 27. Nov 2014, 18:09 Uhr
Wiehl - Das AWO-Familienzentrum 'Johanna Kirchner' in Oberbantenberg ist Oberbergs erste Psychomotorische Kindertagesstätte - Die Beteiligten informierten heute über Zertifizierung und die damit einhergehenden Vorteile für die Kinder.
Das AWO-Familienzentrum "Johanna Kirchner" in Wiehl-Oberbantenberg hat sich als erste Einrichtung in Oberberg als Psychomotorische Kindertagesstätte (Kita) zertifizieren lassen. Doch was bedeutet Psychomotorik eigentlich? Was verändert sich im Kindergarten-Alltag und was bedeutet die Neuausrichtung für die Kinder? Diese Fragen wurden heute Nachmittag vor Ort beantwortet, denn so sperrig, wie das Thema auf den ersten Blick klingt, ist es in der Anwendung gar nicht. Im Grunde geht es darum Körper, Geist und Seele der Kinder mit Bewegungsspielen in Einklang bringen.


[Die Kita betreut 62 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren.]


Der Begriff Psychomotorik wurde in Deutschland Mitte der 1950er Jahre durch den Sportpädagogen Ernst Kiphard geprägt. Bei seinem ganzheitlich orientierten Konzept geht es darum, die seelische, körperliche und geistige Entwicklung von Kindern spielerisch zu fördern. Motorische Betätigung und die Auseinandersetzung mit den eigenen Fähigkeiten sollen zu einer Harmonisierung und Stabilisierung der Persönlichkeit führen. „Als ich eine Fortbildung zum Thema gemacht habe, merkte ich, das dieser Ansatz super ist, weil er an den Stärken der Kinder ansetzt. Wir wollten die Kinder dabei begleiten Spaß am Lernen zu haben“, erklärt Melanie Scholl, Leiterin des Johanna-Kirchner-Familienzentrums.





Warum diese Förderung von Bewegung und Wahrnehmung in der heutigen Zeit von Nöten ist, erklärt Rudolf Lensing-Conrady, Geschäftsführer des Förderverein Psychomotorik Bonn: „Den Ansatz gibt es schon lange, neu ist aber, dass wir ihn immer öfter brauchen. Dass wir uns immer weniger bewegen und nicht mehr so viel laufen, ist Teil unserer Entwicklung und des technischen Fortschritts.“ Gingen Kinder früher zu Fuß zum Kindergarten, spielten draußen, tobten im Matsch und konnten ihre Fähigkeiten spielerisch austesten, fallen diese Möglichkeiten heute oft weg. Die Lebenswelt der Kleinen hat sich verändert, sie verbringen mehr Zeit in der Wohnung und erleben virtuelle Abenteuer. Die Psychomotorik will an diesem Punkt angreifen und die Kinder mit Bewegungsspielen in ihren Fähigkeiten fördern.


[Im Bohnenbad ist Erfindungsreichtum gefragt.]


Im Oberbantenberg Familienzentrum wird nicht nur draußen am Bachlauf und im Schlamm gespielt, sondern auch drinnen einiges geboten. In den sogenannten Bohnen- und Körperbädern können verschiedene Aufgaben, je nach Entwicklung des einzelnen Kindes, bewältigt werden. Da wird nicht einfach gebuddelt, sondern nach Schätzen gegraben und gefühlt. Die Naturmaterialien werden in andere Behältnisse umgefüllt und rieseln durch Trichter und Röhren. Die Erzieherinnen denken sich immer neue Aufgaben aus, damit keinem langweilig wird. Überfordert werden sollen aber auch niemand. Die Kinder sollen ihren Kompetenzen entsprechend Lernen, gleichzeitig Spaß haben und nicht an zu hohen Erwartungen scheitern.


[Die Beteiligten zeigten sich heute überzeugt vom neuen psychomotorischen Ansatz. Vordere Reihe: Sylvia Ohmstede (Fachberaterin AWO-Kindertagesstätten, Kita-leiterin Melanie Scholl und Alwine Pfefferle (AWO-Bereichsleiterin Kinder, Jugend, Familie und Beratungsdienste). Hintere Reihe: Die Mütter Katja Soldo, Mareen Neumann und Melanie Hoffmann, sowie Rudolf Lensing-Conrady (Geschäftsführer Förderverein Psychomotorik Bonn.]


Seit 2012 finanziert die Arbeiterwohlfahrt Rhein-Oberberg fortlaufend Weiterbildungskurse bei der Rheinischen Akademie im Förderverein Psychomotorik Bonn. Seitdem haben sich ungefähr 50 Erzieher aus angeschlossenen AWO-Einrichtungen schulen lassen. Die Oberbantenberger haben neun von zehn Erzieherinnen bei vier einwöchigen Kursen ausbilden lasen und sich als erste Kita in Oberberg zertifizieren lassen. 62 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren profitieren nun von einem Konzept, das Bewegung, Spiel und Lernen miteinander vereint.

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