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VfL stirbt Sekundentod - 29:29 gegen Hannover

or; 9. Nov 2014, 21:06 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Des einen Freud, des anderen Leid.
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VfL stirbt Sekundentod - 29:29 gegen Hannover

or; 9. Nov 2014, 21:06 Uhr
Gummersbach - VfL verspielt Führung in den Schlussminuten - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Ole Remmers

VfL Gummersbach – TSV Hannover/Burgdorf 29:29 (18:15).

Mit 29:26 führte der VfL Gummersbach keine drei Minuten vor Schluss gegen die Hannoveraner Gäste. Doch dieser Vorsprung reichte nicht für einen doppelten Punktgewinn, denn geradezu schulbuchmäßig fightete die bis dahin sehr bieder und teilweise auch sehr behäbig agierende TSV sich zurück in die Partie. Lars Lehnhoff sorgte mit zwei Tempogegenstößen, davon einem per Kempa abgeschlossen, für Hoffnung bei den Gästen und für Nervosität bei den Blau-Weißen. Andreas Schröder nahm sich auch prompt rund eine halbe Minute vor dem Ende einen schwachen Wurf, die letzte Aktion gehörte Hannover und die Recken nutzten diese drei Sekunden vor dem Abpfiff zum Ausgleich.


[Christoph Schindler im harten Kampf mit der Hannoveraner Deckung.]

Bevor sich allerdings diese dramatische Schlussphase in der SCHWALBE arena abspielen sollte, war erst einmal Alltagskost angesagt. Dem VfL merkte man zwar vom Start weg an, dass sie den blassen Auftritt gegen Göppingen vergessen machen wollten, allein es fehlte die letzte Sicherheit. Über 1:3 (5. Minute) und 3:5 (7.) legte Hannover vor. Erst beim 9:8 (16.) gelang Mark Bult die erste VfL-Führung. Allerdings konnten die Gastgeber sich nicht absetzen und bis zum 14:14 (25.) durch Kai Häfner blieb das Spiel ausgeglichen. Mark Bult und der schnelle Raul Santos sorgten dann für den ersten kleinen Vorsprung (16:14) und noch einmal der gedankenschnelle Österreicher und Alexander Becker im Nachfassen erhöhten zur Pause auf 18:15.

Der Start in den zweiten Durchgang gelang den Hausherren, über 20:16 (33.) und 21:17 (37.) konnte der Vorsprung gehalten werden. Trotz einiger Fehler zeigte das VfL-Team viel Einsatz und investierte vor allem beim Zurücklaufen in die eigene Abwehr viel. Mit einem 3:0-Lauf setzten die Recken der Gummersbacher Herrlichkeit vorläufig jedoch ein Ende. Sven-Sören Christophersen, Torge Johannsen und Joakim Hykkerud zwangen Emir Kurtagic zur Grünen Karte. Diese Maßnahme zahlte sich auch sofort aus, durch einen trockenen Stemmwurf von Mark Bult und ein tolles Tor von Raul Santos auf Linksaußen ging der VfL wieder mit 24:21 (44.) in Führung. Jetzt nahm Recken-Coach Nordmeyer seine Auszeit und läutete damit eine spannende Schlussphase ein.

Das Spielniveau sank jetzt deutlich, Fehlwürfe und einfache technische Fehler auf beiden Seiten prägten das Bild. Immer wieder lagen auch Gästespieler am Boden und brachten somit das Gummersbacher Publikum gegen sich auf, die Arena fing langsam an zu kochen. Der insgesamt glücklose Florian von Gruchalla und Julius Kühn brachten ihre Farben mit 26:22 (49.) in Führung. Zu diesem Zeitpunkt war der VfL auf einem guten Weg Richtung Heimsieg. Nach zwei Siebenmetertoren durch den frechen Lars Lehnhoff und einem bitteren Fehlwurf von von Gruchalla sah das aber schon wieder ganz anders aus. Der bullige spanische Kreisläufer Andreu verkürzte auf 26:25 (53.). Gunnar Jonsson nahm sich anschließend auf der Gegenseite zwei Fehlwürfe, die aber ohne Folgen blieben, da auch der schwache Christophersen nicht das Tor traf.


Emir Kurtagic hatte von seiner zweiten Rückraumreihe jetzt genug gesehen und brachte mit Schröder, Schindler und Bult mehr Wurfkraft und vor allem mehr Erfahrung. Genau Andreas Schröder war es dann auch, der direkt auf 27:25 erhöhte. Da Hannover anschließend nicht das Tor traf, konnte Santos den Vorsprung auf 28:25 ausbauen und spätestens beim 29:26 sah der VfL wie der sichere Sieger aus. Der Rest ist eingangs schon erzählt worden. Lars Lehnhoff und Runar Karason retteten Hannover einen Punkt, der VfL starb den Sekundentod. Entsprechend fassungslos starrten Spieler, Trainer und Zuschauer nach dem Schlusssignal auf das Feld, wo die Hannoveraner Recken gemeinsam mit rund 25 Fans den gefühlten Sieg feierten.


[Gefühlt war es eine Niederlage: Raul Santos am Boden]

Trotz eines insgesamt durchwachsenen Bundesligaspiels, das von vielen technischen Fehlern und Fehlwürfen geprägt war, und auch trotz des dummen und überflüssigen Punktverlustes in der Schlussphase hat das VfL-Team eine Leistungssteigerung gegenüber dem Göppingen-Match hinbekommen. Die Abwehr um die jungen Simon Ernst, Alexander Becker und Andreas Schröder stand sehr kompakt und ließ nur wenig einfache Tore zu. Die Fehlerrate im Angriff war heute deutlich geringer. Allerdings hat man in diesen spielintensiven Tagen nicht den Eindruck, dass die Diskrepanz zwischen der ersten Sieben und den Bankspielern kleiner wird. Magnus Persson und Gunnar Jonsson konnten zum Beispiel keinerlei Akzente setzen. So fällt es Trainer Kurtagic natürlich sehr schwer sie zu bringen, um so auch den Führungsspielern wie Bult oder Schindler eine Pause zu gönnen.

Mit 12:12 Punkten findet Gummersbach sich auf Platz neun der alles andere als leicht zu durchschauenden Bundesligatabelle wieder, einen Platz hinter Hannover-Burgdorf, das mit 13:13 Punkten dasteht. Flensburg (am Mittwoch bereits) und Kiel auswärts, Balingen und Lemgo jeweils zu Hause. Der November hat es in den kommenden Tagen für die junge VfL-Mannschaft noch in sich, um weiterhin in sicheren Gefilden zu schwimmen, wären zwei Heimsieg sehr wünschenswert.


[Mark Bult zeigte eine gute Leistung im Rückraum, scheiterte hier aber auch in der Schlussphase an der TSV-Deckung]

VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (10 Paraden), Matthias Puhle (zu einem Siebenmeter, 0 Paraden); Raul Santos (7), Mark Bult (6/1), Andreas Schröder (5), Joakim Larsson und Christoph Schindler (je 3), Florian von Gruchalla und Julius Kühn (je 2) und Alexander Becker (1), Simon Ernst, Magnus Persson, Gunnar Stein Jonsson (alle ohne Tor), Tobias Schröter (nicht eingesetzt).

TSV Hannover/Burgdorf: Martin Ziemer (13 Paraden), Nikolai Weber (n.e.); Lars Lehnhoff (8/4), Joakim Hykkerud (6), Sven-Sören Christophersen und Kai Häfner (je 4), Torge Johannsen (3), Juan Andreu (2), Csaba Szücs und Runar Karason (je 1).


Stimmen zum Spiel:

Christopher Nordmeyer (Trainer Hannover-Burgdorf): „Natürlich haben wir einen Punkt gewonnen. Es war ein interessantes Spiel für die Zuschauer, weil sehr viel passiert ist. Wir hatten in Durchgang eins große Probleme in der Abwehr, die wir nach der Pause besser in den Griff bekommen haben. Der Gummersbach Angriff hat uns das Leben sehr schwer gemacht. Der Ausgleich war etwas glücklich, aber wir hatten auch vorher schon die Chance dazu. Das Remis war erneut ein Ergebnis der Moral. Ich hoffe, dass die Hallenkameras das Tor des Monats oder Jahres von Lars Lehnhoff auf Vorlage von Torhüter Martin Ziemer aufgezeichnet haben.“

Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Nach diesem Ergebnis überwiegt zunächst die Enttäuschung. Das ist klar. Ich habe allerdings über weite Strecken eine starke Leistung meiner Mannschaft gesehen. In den ersten 15 Minuten hatten wir in der Deckung Probleme mit dem Kreisläuferspiel von Hannover. Das haben wir dann in den Griff gekommen, und es folgten 42 sehr gute Minuten, ehe wir in der Schlussphase den Sieg recht leichtfertig aus der Hand gegeben haben. Dennoch hat sich die Mannschaft nach dem letzten Spiel deutlich gesteigert und wir müssen die überwiegend positiven Erkenntnisse für die nächsten Aufgaben nutzen.“

Benjamin Chatton (Manager Hannover-Burgdorf): „Wir haben ein packendes Spiel mit einem glücklichen Ausgang für uns gesehen. Kompliment auch an den Gegner, der uns das Leben schwer gemacht hat. Wir haben es bereits öfter geschafft, solche oder ähnliche Spiel in der Schlussphase noch umzubiegen. Das spricht für den unbedingten Willen und Glauben in der Mannschaft an die eigene Stärke.“

Frank Flatten (Manager VfL Gummersbach): „Natürlich sind wir enttäuscht, aber man muss auch sagen, dass die Mannschaft nach der großen Enttäuschung gegen Göppingen eine Reaktion gezeigt hat. Emir Kurtagic hat es geschafft, die Truppe in wenigen Tagen wieder aufzurichten. Jetzt müssen wir aufpassen, dass die Enttäuschung nicht überschwappt und wir uns wieder voll auf die schweren kommenden Aufgaben konzentrieren.“


Zeitstrafen: 1:1 (Larsson – Hykkerud).

Siebenmeter: 1:4

Schiedsrichter: Fleisch/Rieber

Zuschauer: 2678

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