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Marienheide: Blut, Schweiß und Tränen

bv; 1. Oct 2014, 10:34 Uhr
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Marienheide: Blut, Schweiß und Tränen

bv; 1. Oct 2014, 10:34 Uhr
Marienheide – Haushaltsrede des Kämmerers - In den kommenden Jahren dürften die Bürger vor erheblichen finanziellen Belastungen stehen.
Mit dem früheren britischen Premierminister Winston Churchill hat Marienheides Kämmerer Manfred Himmeröder äußerlich keine Ähnlichkeit. Und doch fühlte man sich gestern Abend im Marienheider Gemeinderat an den Politiker von der Insel erinnert, denn die Rede, die Himmeröder bei der Einbringung des Haushaltes 2015 hielt, erinnerte doch stark an die Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede Churchills vor mehr als 70 Jahren. Es warten auf die Marienheider Bürger nicht nur harte, sondern finanziell leidensvolle Jahre. Und das Schlimmste: Im Dickicht staatlicher Sparvorgaben, die in ihrer Unnachgiebigkeit und Eindimensionalität etwas Diktatorisches haben, und ständig neuer, von außen aufoktroyierter finanzieller Verpflichtungen, scheint es keinen Ausweg zu geben.

Bekanntlich gehört Marienheide zu den NRW-Kommunen, die aufgrund ihrer defizitären Haushaltslage nach den Vorgaben des Stärkungspaktes ab 2017 ausgeglichene Etats vorlegen muss. Aufgrund dessen wurden hier schon in der jüngeren Vergangenheit schmerzhafte Sparrunden gefahren. Und Himmeröder wähnte sich auf einem guten Weg, den Ausgleich zu schaffen, ohne den Bürgern weitere Folterinstrumente zeigen zu müssen. Doch das Ganze erwies sich als Trugschluss.


Ursache dafür ist zum einen ein deutlich verringertes Gewerbesteueraufkommen. Bereits in diesem Jahr dürften die tatsächlichen Einnahmen um 2,2 Millionen Euro unter den prognostizierten Beträgen von acht Millionen Euro bleiben. Dieser Trend wird sich nach Aussagen des Kämmerers in den kommenden Jahren fortsetzen. Hinzu kommen kommunale Mehrbelastungen durch die Aufnahme von Asylbewerbern, ohne dass dies von Land oder Bund gegenfinanziert würden. Und schließlich ächzt Marienheide schon heute unter der Kreisumlage, die nach entsprechender Ankündigung weiter steigen soll. „Dramatisch“ nannte Himmeröder diesen Anstieg.

Brutal dürften die Konsequenzen des Schreckensszenarios für die Marienheider Bürger sein. Sollen die Mindereinnahmen der Gemeinde ausgeglichen werden, würde die Grundsteuer B, die über Grundbesitzabgaben oder Miete letztlich alle Bürger treffen, von ursprünglich veranschlagten 735 Prozent im Jahr 2016 (2014: 600 Prozent) auf über 1.000 Prozent, 2017 sogar auf 1.155 Prozent steigen. Erst ab dem Jahr 2020 wäre dann wieder mit einer spürbaren Entlastung zu rechnen – zumindest theoretisch.

Trotz des finanziellen Tiefschlags appellierte Manfred Himmeröder an die Politik, in ihren Sanierungsbemühungen nicht nachzulassen und den eingeschlagenen Sparweg weiterzugehen. Nur dann bestehe die Chance, wichtige gemeindliche Entwicklungsziele voran zu treiben sowie das Heft des Handelns in der Hand zu behalten. Was bleibt der Politik? Es gibt keinen Ausweg aus der misslichen Lage. Hilferufe der Vergangenheit blieben ungehört. Widerstand wird vom Land NRW mit dem Sparkommissar beantwortet, wie im westfälischen Altena oder der Eifelkommune Nideggen. Bestraft werden die Bürger der Gemeinde, die erheblich mehr zahlen müssen als in den Nachbarstädten und –gemeinden. Und das alles, weil Marienheide aufgrund von Topographie, Größe und Lage nicht über die gewerblichen Einnahmemöglichkeiten verfügt wie andere Kommunen.
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