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Auf der Suche nach dem schnellen Internet

ch; 27. Sep 2014, 12:39 Uhr
Bilder: Christian Herse --- Mit bis zu 50 Mbit pro Sekunde DSL wirbt die Telekom auf ihrer Seite. Doch in Klause weiß sie in Wirklichkeit selbst nicht, ob und welches Internet sie überhaupt anbieten kann.
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Auf der Suche nach dem schnellen Internet

ch; 27. Sep 2014, 12:39 Uhr
Lindlar – Die Gemeinde will den DSL-Ausbau weiter vorantreiben – Doch die Telekom scheitert bereits an der Suche nach den erst kürzlich selbst verlegten Leerrohren und plante in einem Neubaugebiet mit ISDN statt DSL.
Von Christian Herse

Kennen Sie das noch? Dieses nervtötende Piepsgeräusch aus dem Inneren Ihres Computers, wenn Sie sich versucht haben, ins Internet einzuwählen? Damals haben Internetnutzer noch hautnah miterleben dürfen, wie sich Ihnen die Welt des World Wide Webs öffnete. Langsam, sehr langsam und ziemlich kostspielig für den Endverbraucher. Es folgten Jahre der Weiterentwicklung, erst Modem, dann ISDN, DSL und schließlich VDSL. Zumindest in der Theorie. Die Praxis sieht ganz anders aus.

Insbesondere in den ländlichen Regionen wie dem Oberbergischen leuchten auf der magentafarbigen DSL-Karte noch viele Flecke weiß auf. Für den Bonner Konzern ist es immer eine Kosten-Nutzen-Abwägung, wo in welcher Form DSL angeboten wird und wo nicht. Mancherorts, primär in engbesiedelten Innenstädten, dürfen sich die Kunden über VDSL mit bis zu 50 Mbit/sec freuen, dann sind es mal nur 16.000, 6.000 oder gar 2.000kbit/sec. Nur 100 Meter weiter hat das 21. Jahrhundert noch nicht Einzug gehalten und so mancher darf sich mit ISDN noch ins Internet einwählen - oder gibt genervt auf, weil selbst einfache Internetseiten minutenlange Ladezeiten haben. Passend dazu das YouTube-Motto: „Schaust du schon oder lädst du noch?“

[Nach eigenen Angaben betreibt die Telekom derzeit 50.000 Baustellen, wo das DSL-Netz ausgebaut wird.]

Ein Lied davon können die Bewohner von Hartegasse singen, wo auch im Jahre 2014 noch keine echte DSL-Leitung existiert. Stattdessen haben sie die Möglichkeit, per LTE ins Netz zu gehen. Das kostet zwar dreimal so viel wie normales DSL und ist zudem noch mit einer verhältnismäßig geringen Volumenbegrenzung ausgestattet, aber aus Sicht der Telekom reicht diese Versorgung allemal aus, um als weißer Fleck von der besagten Karte zu verschwinden.

Auf Unverständnis stößt das Verhalten der Telekom derweil im Lindlarer Rathaus. „Es ist schlicht unvorstellbar, wie dort gearbeitet wird. Wir haben keinen festen Ansprechpartner, telefonieren wegen der gleichen Sache mal mit Herne, dann Bochum, Köln, Berlin und vielleicht auch mal Bonn“, schüttelt Gemeindekämmerer Werner Hütt den Kopf. Selten habe er ein derart bürokratisiertes Unternehmen erlebt, was in seinem Handeln alles andere als vorhersehbar sei.


„Wenn eine Firma im Industriegebiet Klause an das DSL-Netz angeschlossen werden will, erhält es von der Telekom die Antwort, dass das aufgrund nicht vorhandener Leerrohre nicht gehe“, führt Hütt weiter aus. Dabei habe das Unternehmen vor zwei Jahren aufwendig die Leerrohre selbst verlegt. „Die wissen nicht mehr, wo sie gegraben haben. Aber natürlich helfen wir der Telekom da gerne beim Suchen“, schmunzelt Hütt.

Gleiche Gemeinde, andere Stelle. In Lindlar-West werden derzeit die letzten Lücken geschlossen, fast sämtliche Grundstücke im Neubaugebiet sind verkauft oder reserviert. Insbesondere junge Familien werden in Kürze hier ein neues zu Hause finden. Ginge es nach den ursprünglichen Plänen der Telekom, allerdings ohne DSL. Denn der Telekommunikationsanbieter wollte zunächst nur eine Kupferleitung in diesem Gebiet verlegen, über die man zwar telefonieren, aber nicht schnell surfen könne. „Die Telekom hatte keine DSL-Versorgung vorgesehen. Da haben wir als Gemeinde klargestellt, dass dies nicht geht und eine leistungsfähige Internetverbindung ein Muss ist“, erklärt Bürgermeister Georg Ludwig. Vor sechs Wochen dann die plötzliche Kehrtwende.

Aus Bonn erhielt man im Rathaus die Mitteilung, dass nun doch bis in die Häuser leistungsfähige Glasfaserkabel verlegt werden sollen, womit dem Einzug von VDSL, also zeitgemäßem Internet, nichts mehr im Weg steht. In der Ratssitzung in dieser Woche stellte die Gemeinde für die Erschließung insgesamt 21.000 € Eigenanteil zur Verfügung. In den kommenden Wochen wird der Vergabeausschuss über die Auftragsvergabe des Ausbaus in Lindlar-West entscheiden. Damit zumindest ein kleiner weißer Flecken auf der Karte sich ebenfalls in Magenta umfärben kann.

Wie man in Bonn zu dieser Situation steht, ist derweil unklar. Oberberg-Aktuell hatte mehrfach die Deutsche Telekom um eine Stellungnahme zu dem Thema gebeten, jedoch bis Redaktionsschluss keinerlei Antwort erhalten.
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