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Ein (kleiner) Silberstreif am Horizont

ch; 25. Sep 2014, 17:46 Uhr
Bild: Christian Herse --- Bürgermeister Dr. Georg Ludwig stellte gestern die Haushaltsplanung für 2015 im Gemeinderat vor.
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Ein (kleiner) Silberstreif am Horizont

ch; 25. Sep 2014, 17:46 Uhr
Lindlar – Durch strikte Sparmaßnahmen wird die Neuverschuldung bis voraussichtlich 2020 gestoppt – Defizit steigt 2014 außerplanmäßig um 500.000 € an, doch Haushaltssperre hätte mehr Fluch als Segen bedeutet.
Von Christian Herse

Es sind Horrorszenarien, die auf Lindlar zugekommen wären, hätte Gemeindekämmerer Werner Hütt im Sommer tatsächlich die Notbremse gezogen. Streichungen sämtlicher Ausgaben an den Schulen, keinerlei Unterstützungen mehr für die Vereine, Stopp von dringend notwendigen Straßenbauarbeiten. Eine Haushaltssperre, wie sie in Wipperfürth oder Engelskirchen ausgerufen wurde, hätte auch in Lindlar weitreichende Folgen gehabt – ohne dabei einen nennenswert positiven Effekt zu erzielen.

„Wir hätten vielleicht 200.000 bis 300.000 Euro eingespart. Aber um welchen Preis“, fragte Hütt in die Runde des Gemeinderates. „Das hätte einen großen Kahlschlag ohne wirkliche Besserungen bedeutet.“ Anders als in den Nachbarkommunen, wo große Millionenerträge aus der Gewerbesteuern fehlen, mit denen man kalkuliert hatte, klafft im Lindlarer Gemeindesäckle „nur“ ein Loch von einer Millionen Euro. Diese werde man durch Einsparmaßnahmen an anderer Stelle soweit reduzieren, dass zum Jahresende nach derzeitigem Stand ein Defizit von 6,7 bis 7 Millionen Euro eingefahren wird. Ursprünglich hatte man in Lindlar damit gerechnet, rund 6,2 Millionen Minus im Jahr 2014 zu machen.



[Lindlar muss nach wie vor deutlich mehr Kreisumlage (blau) zahlen, als es durch Realsteuern (rot) einnimmt. Die Schlüsselzuweisungen (grün) sind trotzdem auf Null zurückgefahren worden. (Bild: Gemeinde Lindlar)] 

Und so war es in der gestrigen Ratssitzung nur das Mikrofon des Bürgermeisters, dem anscheinend der Saft ausging. Früher als in der Vergangenheit präsentierte Dr. Georg Ludwig die Haushaltplanung 2015. Grundsätzlich rechnet man im kommenden Jahr mit einem Verlust von 5,2 Millionen Euro. Dafür werden die allgemeinen Rücklagen von derzeit 17,9 auf dann 12,7 Millionen Euro weiter dezimiert. Dennoch zeigte sich Ludwig zuversichtlich, die strikten Sparmaßnahmen einhalten zu können.

„Nach derzeitiger Planung werden wir 2020 erstmals wieder Gewinn erwirtschaften“, blickte der Rathaus-Chef verhalten optimistisch in die Zukunft. „Trotz der Einsparungen ist es uns auch 2014 gelungen, Lindlar attraktiv zu gestalten. Das Parkbad wurde saniert, der DSL-Ausbau für Linde umgesetzt und die Flächen des Industriegebietes Klause sind bald komplett belegt.“ Diese Erfolge seien jedoch zu großen Teilen nur durch das Engagement der Vereine und Bevölkerung möglich gewesen, die auf vieles verzichten mussten, aber dennoch immer neue Lösungswege aufzeigten.


Die größten Probleme bereiten der Gemeinde nach wie vor die Kreisumlage und die Schlüsselzuweisungen des Landes. Letztere sind in Lindlar für 2014 und 2015 auf Null runtergefahren worden. 2001 waren es hingegen noch über 5,5 Millionen Euro, die die Kommune zusätzlich aus Düsseldorf bekam. „Wenn unsere Entwicklung so weiter geht, gehören wir bald zu den Abundanz-Kommunen“, merkte Ludwig durchaus sarkastisch an. 

Die Kreisumlage mit 15,14 Millionen Euro stellt nach wie vor den größten Ausgabeposten im Geschäftsjahr dar. Fast 45 Prozent aller Aufwendungen gehen somit an den Kreis. Hier appelliert Ludwig eindringlich an die Landesregierung, das Gemeindefinanzierungsgesetz, das Landkommunen durchgehend benachteiligt, zu reformieren.

Erfreulich ist, dass Lindlar nach wie vor sehr beliebt ist. So kletterten die Einwohnerzahlen 2014 auf 21.421 (+151 2013), was auch zu Mehreinnahmen bei der Einkommenssteuer führt. Dennoch reicht das nicht aus, um steigende Kosten in bestimmten Bereichen aufzufangen. Abgesehen von einer höheren Grundsteuer B, die auf 460 Prozent (2014: 450 Prozent) steigt, müssen daher auch die Eltern von schulpflichtigen Kindern mehr zur Kasse gebeten werden. Eine mögliche, aber noch nicht beschlossene Konsolidierungsmaßnahme sieht vor, auf das Schülerticket für Kinder ab der 7. Klasse einen Eigenanteil von fünf Euro und bei Oberstufenschülern von acht Euro zu erheben.
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