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Frittatensuppe und Notlicht

vma; 13. Sep 2014, 10:34 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Wie ein Patriarch hält der 'Theatermacher' Bruscon alle Fäden in der Hand - ein Stück mit viel Tiefgang und dennoch fehlt das Komödiantische nicht.
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Frittatensuppe und Notlicht

vma; 13. Sep 2014, 10:34 Uhr
Wiehl – Mit „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhard hat Regisseur Peter Kirchner eine Menschheitskomödie - die in Wahrheit eine Tragödie ist - inszeniert, bei der Michael Labs als Hauptfigur überzeugt - Premiere im Schau-Spiel-Studio Oberberg.
Von Vera Marzinski

 „Wenn das Notlicht nicht gelöscht wird, spielen wir nicht!“ – vehement weist Schauspieler, Bühnenautor und Regisseur Bruscon (Michael Labs) darauf hin. Ort der Handlung ist der Veranstaltungssaal im Gasthaus „Schwarzer Hirsch“ im Provinznest Utzbach. Am Nachmittag trifft Bruscon mit seiner Familie in Utzbach ein und besichtigt – begleitet vom Wirt – den Saal, in dem an diesem Abend seine Komödie „Das Rad der Geschichte“ aufgeführt werden soll.



Das Wesentliche ist allerdings nicht das Geschehen, sondern der Text, den Bruscon spricht. Wie in vielen Stücken Bernhards dominiert auch im „Theatermacher“ eine monologisierende Männerfigur das Geschehen. Theater und Publikum, Krankheit, die Absurdität der menschlichen Existenz durchziehen den Monolog des Alles-Niederredners Bruscon. Der stellt sein „Jahrhundertwerk“, in dem Churchill, Stalin, Napoleon und Hitler vorkommen, als einen Klassiker dar: „Shakespeare, Voltaire und ich“ – stehen für Bruscon in einer Reihe. Etwas entnervt hört ihm der Wirt zu – mit exzellenter Mimik Hans-Gerd Pruß. Der lässt sich aber, wie alle anderen, vom Theatermacher Bruscon herumkommandieren. Genauso wie die Familie hat er nicht viel zu sagen. Erniedrigungsrituale und Demütigungszeremonien werden auch von der Familie nur mit stummem Mienenspiel kommentiert.


[Das Notlicht muss aus - Bruscon (Michael Labs) bezweifelt, dass der Feuerwehrhauptmann diese Notwendigkeit verstehen wird.]

Der Theatermacher Bruscon erfährt durch Michael Labs eine grandiose Interpretation. Ist Labs doch selbst Regisseur beim Schau-Spiel-Studio Oberberg (nächste Inszenierung “Die Mausefalle“ ab 26.10.). Perfekt verkörpert er einen äußerst glaubhaften, zwischen Größenwahn und Depression schwankenden, gescheiterten ehemaligen "Staatsschauspieler", der seine Familie mit einer selbstverfassten "Weltkomödie" tyrannisiert. Barbara Wiwianka zeigt Bühnenpräsenz, auch ohne nur ein einziges gesprochenes Wort von sich zu geben. Bruscons untalentierter Sohn Ferruccio mimt Hartwig Steinmetz bestens. Als Tochter Sarah versteht es Svenja Szeghedi, in tiefster Unterwürfigkeit zu agieren. Die Wirtin (Silke Thierbach) ist wortlos laut beim Fegen und Servieren der Frittatensuppe – für die Gäste des Schau-Spiel-Studios Oberberg steht sogar ein Rezept der Suppe im Programmheft.


[Der Theatermacher malträtiert seine unterwürfige Familie (v.l. Sohn Ferrucio - Hartwig Steinmetz -, Frau Agathe - Barbara Wiwianka -, Tochter Sarah - Svenja Szeghedi).]

Der Autor des Theaterstückes, Thomas Bernhard (1939 -1989), ist Büchner-Preisträger und zählt zu den international bedeutendsten österreichischen und deutschsprachigen Autoren. Das große Salzburger Notlichttheater ist eine wahre Begebenheit aus dem Jahre 1972 und eine Episode am Rande der Komödie vom „Theatermacher“: Bei den Proben zur Inszenierung seines Dramas „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ verlangte Bernhard für die Dauer von zwei Minuten sämtliches Licht im Saal zu löschen – auch die Notbeleuchtung. Aus Sicherheitsgründen war dies nicht möglich und Bernhard fluchte „Eine Gesellschaft, die nicht einmal zwei Minuten Finsternis ertragen kann, kommt ohne mein Schauspiel aus“. Seine Hass- und gleichzeitig auch Liebeserklärung an das Theater ist „Der Theatermacher“. Brillant gespielt vom Ensemble des Schau-Spiel-Studios Oberberg und noch in weiteren Aufführungen zu sehen:

Sa. 13.09. – 20 Uhr
So. 14.09. – 18 Uhr
Fr. 19.09. und Sa. 20.09. – jeweils 20 Uhr
So. 21.09. – 18 Uhr
Fr. 26.09. und Sa. 27.09. – jeweils 20 Uhr
So. 28.09. – 18 Uhr


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