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25-Minuten-Gala reicht gegen die Löwen nicht

or; 11. Sep 2014, 09:38 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung, Michael Gauger (Galerie 16-31) --- Mark Bult traf Mitte des ersten Durchgangs aus allen Lagen.
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25-Minuten-Gala reicht gegen die Löwen nicht

or; 11. Sep 2014, 09:38 Uhr
Gummersbach - Fast eine Halbzeit spielt der VfL Gummersbach die Rhein Neckar Löwen an die Wand - schwache zweite Hälfte verhindert Überraschung - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' präsentiert die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).



von Ole Remmers

VfL Gummersbach – Rhein Neckar Löwen 27:32 (16:15).

26 bombenstarke Minuten reichen gegen den Vizemeister und aktuellen Tabellenführer einfach nicht um die Überraschung zu schaffen. Mit 27:32 unterlag Gummersbach den Rhein Neckar Löwen und findet sich mit jetzt 5:5 Punkten auf Platz acht der momentan noch wenig aussagekräftigen Bundesligatabelle wieder. Weiterhin ungeschlagen und somit Spitzenreiter bleiben die Löwen aus Mannheim. Im zweiten Spiel des heutigen Abends bezwang HBW Balingen die Beinahe-Pleitegeier vom HSV Handball mit 22:21, der HSV stagniert somit ohne Sieg auf Platz 18 der Tabelle.


[Gunnar Stein Jonsson zeigte seine Spielmacherqualitäten im ersten Durchgang]

Beinahe ungläubig guckten sich die Zuschauer in der ersten Halbzeit in der Gummersbacher SCHWALBE-Arena an. Die Gastgeber dominierten den Meisterschaftsfavoriten teilweise nach Belieben. Aus einer extrem beweglichen, aggressiven und vor allem offensiven Abwehr heraus drückte der VfL im Angriff mächtig auf das Gaspedal. Mit einem Doppelschlag eröffneten Florian von Gruchalla und Andreas Schröder den Torreigen. Bereits nach acht Minuten hatte der neue Löwen-Coach Nicolaj Jacobsen, einst „Zaubermaus“ beim THW Kiel, genug gesehen und nahm eine Auszeit. Allerdings nur kurzzeitig mit Erfolg, bis zum 4:4 (11.) durch Kim Eckdahl du Rietz konnte der Favorit die Partie ausgeglichen gestalten.

Anschließend war es der neuaufgestellte Rückraum mit Schröder, Jonsson und Bult der für klare Verhältnisse sorgte. Beim 8:4 durch einen Santos-Gegenstoß stand die Halle das erste Mal Kopf. Die Gummersbacher spielten sich jetzt in einen Rausch. In der Abwehr klappte fast alles, Keeper Lichtlein zeigte starke Paraden und der Vizemeister musste für jedes Tor extrem hart ackern. Und im Angriff trafen Bult, Larsson und co aus allen Lagen. Beim 13:8 durch Schröder betrug der Vorsprung erstmals fünf Tore, Gunnar Stein Jonsson erlaubte sich anschließend sogar noch den Luxus einen Gegenstoß an die Latte zu werfen.


[In der ersten Halbzeit sehr abschlussstark: Andi Schröder]

Beim 14:10 (23.) nahm VfL-Cheftrainer Emir Kurtagic dann seine Auszeit. Bis zum 16:11 (26.) hatte diese keine negativen Auswirkungen, anschließend allerdings zeigte sich die 3:2:1-Deckung der Mannheimer wesentlich sortierter und der VfL schlotterte sich nur noch Richtung Pausentee. Pettersson, Gensheimer, Schmid und Myrhol nutzten dies und verkürzten bis zur Halbzeitpause für die Löwen zum 16:15-Halbzeitstand.


[Der gefangene Siebenmeter war ein Highlight, in der zweiten Hälfte lief aber auch bei Carsten Lichtlein nicht mehr viel]

Nachdem schon ab der 26. Minute nur noch wenig funktionierte, setzte sich dieser Trend nach der Pause bei den Blau-Weißen fort. Der immer mehr aufdrehende Andy Schmid und du Rietz brachten mit einem Doppelschlag die erste Löwen-Führung (33.). Nach einer anschließenden Zeitstrafe gegen den Schweden gelang von Gruchalla noch einmal der Ausgleich, allerdings ließen er und Schröder auch eine freie Doppelchance gegen Niklas Landin liegen. Der Angriff agierte jetzt fehlerhafter und lud somit die Löwen zu ihrem gefürchteten Tempospiel ein. Auf das 18:20 von Pettersson folgte die zweite VfL-Auszeit (37.).

Emir Kurtagic beorderte jetzt eine kleine Aufstellung auf das Feld. Mit Schindler, Jonsson und Magnus Persson sollten drei schnelle Spieler die offensive Löwen-Deckung in Bewegung bringen. Ein Schachzug der spätestens nach einem üblen Blackout des VfL-Kapitäns vorbei war. Vorne schmiss der 30-Jährige nach einem Missverständnis der Löwen-Deckung den Ball über das leere Tor, hinten kassierte er eine Zeitstrafe. Die Löwen übernahmen jetzt anschließend endgültig das Kommando, über 19:23 und 22:27 (50.) setzten sie sich ab. Die VfL-Angreifer verrannten sich jetzt immer wieder in der Deckung der Badener und die Abwehr der Gastgeber wiederum bekam keinerlei Zugriff mehr auf das Mannheimer Starensemble. Eine letzte Auszeit von Kurtagic brachte auch keine Änderung mehr, sodass die Löwen über 25:30 (54.) einem sicheren 27:32-Sieg entgegensteuerten.

Schade, VfL! Die Leistung in den ersten 25 Minuten war eine der besten Vorstellungen der letzten Jahre. Teilweise erinnerten die Spielfreude und der Drang zum gegnerischen Tor an längst vergessene Auftritte in Hamburg oder Kiel vor Jahren. Beeindruckend besonders wie frech und spielfreudig sich die Neuzugänge des VfL präsentierten. Gunnar Stein Jonsson führte in der ersten Halbzeit klug Regie und filetierte die Löwen-Deckung mit seinen scharfen Pässen. Mark Bult und Andreas Schröder waren von den Halbpositionen sehr torgefährlich, fanden aber auch immer wieder die Kreisläufer Becker und Larsson.


[Joakim Larsson war dreimal erfolgreich]

Umso weniger erklärlich der Bruch im VfL-Spiel nach ca. 25 Minuten. Offenbar gedanklich schon in der Halbzeitpause schenkte die Mannschaft den Vorsprung her und fand in der zweiten Halbzeit, gegen natürlich auch wesentlich stärker werdende Löwen, nicht mehr zu ihrem Rhythmus. Auch die Leistungen der eingewechselten Spieler, Christoph Schindler und Magnus Persson, reichten bei weitem nicht an die der ersten Sieben heran.

Trotz der Niederlage, der VfL Gummersbach im September 2014 macht Spaß. Die Mannschaft zeigt einen anderen Teamgeist und eine andere Mentalität als in der Vorsaison. Die Aussichten auf eine sorgenfreie Saison sind mehr als gegeben und mit einer annährend so guten Leistung, wie in der ersten Hälfte heute, dürften die Chancen gegen Aufsteiger Bietigheim am Samstagabend sehr gut stehen.

VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (1. – 51. 10/1 Paraden), Matthias Puhle (52. – 60. 3 Paraden); Raul Santos (6/1), Andreas Schröder (5), Mark Bult (4), Florian von Gruchalla (4/2), Joakim Larsson (3), Magnus Persson (2), Alexander Becker, Simon Ernst und Gunnar Stein Jonsson (je 1).

Rhein Neckar Löwen: Niklas Landin (12/1 Paraden); Andy Schmid (11/2), Bjarte Myrhol und Patrick Groetzki (je 5), Alexander Pettersson und Kim Ekdahl du Rietz (je 4), Uwe Gensheimer (2) und Mads Mensah Larsen (1).

Stimmen zum Spiel

Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Rhein-Neckar hat bewiesen, dass sie mit besonderen Situationen gut umgehen können und natürlich haben sie auch verdient gewonnen. Meiner Mannschaft möchte ich aber auch ein großes Kompliment machen. Wir sind ohne Respekt in das Spiel gegangen und haben teilweise begeisternden Tempohandball gespielt. Einige technische Fehler und Probleme mit der 5:1-Deckung haben uns dann zu schaffen gemacht und dem Gast in die Karten gespielt. Meine Mannschaft ist erst am Anfang einer tollen Entwicklung und wir haben bewiesen, dass wir mit Spitzenmannschaften mithalten können.“

Frank Flatten (Manager VfL Gummersbach): „In der ersten Hälfte hat die Mannschaft teilweise begeisternden und attraktiven Handball gespielt, und das ist die positive Erkenntnis des Abends. Ich bedanke mich bei der Mannschaft und den Fans und freue mich auf die weitere Entwicklung dieser großartigen Truppe.“

Nikolaj Jacobsen (Trainer Rhein-Neckar Löwen): „Gummersbach hat eine starke junge Mannschaft und in Halbzeit eins haben wir uns sehr schwer getan. Wir haben mit zu viel Herz, aber zu wenig Kopf gespielt. Der Anschluss noch vor der Pause war für uns wie ein Sieg, und dann lief es viel besser. Wir haben dann clever agiert und verdient gewonnen.“

Zeitstrafen: 2 (Schindler und von Gruchallla) – 4 (du Rietz 2x, Gensheimer, Larsen)

Siebenmeter: 3/4 (von Gruchalla scheitert an Landin) – 2/3 (Gensheimer scheitert an Lichtlein)

Schiedsrichter: Grobe / Kinzel

Zuschauer: 3119

Beste Spieler: gesamter VfL in den ersten 25 Minuten – Andy Schmid, Niklas Landin (2. Halbzeit)
  

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